Vorstoß der Arbeiterkammer: Neue Bezirksaufteilung für Wien
Die Arbeiterkammer Wien (AK) hat die Bezirks- und Verwaltungsstrukturen in Wien untersuchen lassen. Das Ergebnis: Einiges könnte besser laufen. Abhilfe könnte die Neustrukturierung der Bezirke schaffen. Interview mit Thomas Ritt von der AK Wien.
Warum haben Sie diese Studie in Auftrag gegeben?
THOMAS RITT: Wir wollten uns die Herausforderungen und Probleme, die eine wachsende Stadt auf Ebene der Kommunalpolitk mit sich bringt, genau ansehen.
Sie haben die Idee, Bezirke neu zusammenzulegen?
Das ist ein sehr heikles Thema, das wissen wir. Aber wenn ein Bezirk so groß ist wie die Donaustadt, dann braucht er mehr Ressourcen und hauptberufliche Bezirksräte. Es hat aber keinen Sinn, Mariahilf mit noch mehr Ressourcen auszustatten. Deswegen sagen wir: Entweder ungleiche Rechte für die einzelnen Bezirke - oder neue, gleich große Bezirke.
Man hat den Eindruck, Sie seien der Meinung, die Bezirke müssten mehr verwalten und weniger politische Entscheidungen treffen - stimmt das?
Die Bezirke treffen jetzt schon sehr viele Verwaltungsentscheidungen: Wo kann man eine Einbahn machen, wo einen Radweg, wie lange darf diese Baustelle bestehen bleiben - diese Entscheidungen trifft der Bezirk mit Rücksicht auf die Bewohner. Aber es ist natürlich eine Mischung. Aber was wir wollen: Die überregionalen Verkehrsprojekte, die Flächenwidmungen sollten auf Gemeindeebene beschlossen werden.
Flächenwidmungen werden doch heute schon auf Gemeindeebene beschlossen?
Eigentlich ja, aber de facto nein. Ich kenne keinen Fall, wo sich die Stadt gegen die Empfehlung des Bauausschusses gestellt hat. Also fallen die Entscheidungen darüber, was wo gebaut werden darf, eigentlich im Bezirk.
Als Beispiel, wo der Bezirk die eigenen Interessen über die der Mehrheit gestellt hat, nennen Sie die Linienführung des 13A. Der könnte sieben Minuten sparen, wenn er nicht durch Mariahilf und Neubau kurven würde. Wo gibt es noch so negative Beispiele?
Die Parkraumbewirtschaftung - hier hat man gesagt, es ist Bezirkskompetenz, es betrifft aber die ganze Stadt. Wenn ein Bezirk das Pickerl einführt, übt er natürlich Druck auf den Nachbarbezirk aus. Oder wenn sich eine Kleingartensiedlung, wie das in Liesing passiert ist, gegen einen neuen Wohnbau in der Nachbarschaft in unmittelbarer Nähe zur U6 stellt und das ganze Projekt um Jahre verzögert. Der Bezirk vertritt die Interessen jener, die schon dort wohnen. Aber die Vertretung jener Menschen, die erst kommen, ist Landessache, und die muss viel stärker wahrgenommen werden. Die Stadt braucht einfach neuen Wohnraum an der U-Bahn.
Die Bezirksvorsteher sollen also weniger zu entscheiden haben?
Ihr Macht muss klar definiert sein. Im Moment läuft vieles über informelle Netzwerke. Was er durchsetzen kann, das hängt vom Geschick des Bezirksvorstehers ab und davon, wie lange er schon dabei ist.
Verdienen Bezirksvorsteher zu viel (Anm.: Es sind rund 10.000 Euro brutto im Monat)?
Nein. Nicht, wenn man ihr Gehalt mit jenem eines Abteilungsleiters bei der Ersten vergleicht, der eine relativ ruhige Kugel schiebt. Jeder kennt dich, du wirst ständig auf der Straße angesprochen, auch wenn du abends unterwegs bist - wenn man den Job ernst nimmt, ist er absolut aufreibend.
Sie wollen also nicht, dass Bezirke Entscheidungen treffen, die die ganze Stadt betreffen. Wo sollen ihre Kompetenzen dann liegen?
Sie sollten zum Beispiel Mittel für Sozialprojekte vergeben können: Zum Beispiel ein Nachhilfeprojekt an einer Schule im Bezirk fördern, das ist jetzt gar nicht möglich. Oder niederschwellige Sozialprojekte miteinander vernetzen, kulturelle Initiativen fördern.
Wo werden Sie Verbündete für Ihre Ideen finden, auf Bezirks- oder auf Gemeindeebene?
Ich weiß nicht. Mit jedem Vorschlag berühren wir einen Punkt, wo es irgendwem wehtut. Aber wir haben eine rege Diskussion ausgelöst und ich freue mich, dass man über unsere Ideen redet.
Thomas Ritt leitet die Abteilung Kommunalpolitik in der Arbeiterkammer Wien.
Hintergrund:
Bericht: Die Vorschläge der Arbeiterkammer
Studie: Die ganze Studie kann man hier abrufen.
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