Große Hilfsbereitschaft und Hasspostings

Fritz Kern, Almut Etz ("Altmünster für Menschen"), Deutschlehrerin Helga Putz, Bürgermeister Peter Ellmer, Sozialarbeiterinnen Birgit Scheutz, Marlene Ebenberger
  • Fritz Kern, Almut Etz ("Altmünster für Menschen"), Deutschlehrerin Helga Putz, Bürgermeister Peter Ellmer, Sozialarbeiterinnen Birgit Scheutz, Marlene Ebenberger
  • hochgeladen von Margret Jablonski

Unerwartet hohe Publikumsbeteiligung beim Infoabend zum Asylwerberheim in Bad Goisern

Pünktlich um 19 Uhr saßen am Montag vor einer Woche ca. 140 Leute gespannt auf ihren Sesseln. Zunächst schilderten Bürgermeister Peter Ellmer und der ev. Pfarrer Günter Scheutz, wie es dazu gekommen war, dass die ev. Kirche das ungenutzte ehemalige Altenheim nun für drei Jahre an die Volkshilfe OÖ vermietet. 30 AsylwerberInnen sollen letztendlich darin Herberge finden. Als die zur Zeit anwesenden 24 Flüchtlinge den vollen Saal betraten, wurden sie mit warmherzigem, anhaltendem Applaus und Winken begrüßt.
Als tägliche Betreuerin ist nach einer Ausschreibung Frau Birgit Scheutz (nicht verwandt mit Pfarrer Scheutz) eingestellt worden. In Ihrer Begrüßung freute sie sich über die rege Beteiligung und dankte für die vielen Sachspenden.

Angst um ihr Leben

Sie erzählte aber auch von hasserfüllten Postings auf Facebook und ging auf die viel gehörte Kritik ein, es gäbe doch in Österreich genug „eigene“ Obdachlose, wieso kümmere man sich so fürsorglich um diese Fremden: Dabei hob sie hervor, arm und obdachlos zu sein, sei eine Sache, aber aus einem produktiven Erwerbsleben gerissen, mit dem Tode bedroht und verfolgt zu werden, sei nochmal was völlig anderes.
Sie als gebürtige „Dasige“ sei sehr froh, nicht um ihr Leben fürchten zu müssen. Den Flüchtlingen ist die Bedrohung und zum Teil Verfolgung z.B. durch Geheimdienste noch sehr präsent. Sie haben Angst nicht nur um sich, sondern auch um ihre zu Hause gebliebenen Familien. Daher bat Frau Scheutz darum, sie nicht allzusehr auszufragen oder zu fotografieren, um diese Ängste nicht unnötig zu schüren.

Herzlichkeit und Gastfreundschaft

Trotz dieser Sorgen und der finanziellen Knappheit – die Flüchtlinge leben von ca. 5,50€ pro Person und Tag – herrsche aber im Flüchtlingsheim eine herzliche, gastfreundliche Atmosphäre. Besuch ist willkommen und wird von den kostbaren Vorräten freigiebig bekocht und bewirtet. Auch für diesen Informationsabend hatten sie ein curryähnliches Fleischgericht und sehr vertraut schmeckende, gefüllte Palatschinken angerichtet.
Zu aggressiven Zwischenfällen kam es bisher zum Glück nicht. Frau Scheutz bat die Anwesenden, Aufklärung zu leisten, wo es geht, damit nicht etwa z.B. Jugendliche von populistischen Reden zu Feindseligkeiten verleitet werden.

Handys und Fernseher

Zum Thema Misstrauen und Unverständnis erzählte Bürgermeister Ellmer, er selber sei verwundert über die vielen, zum Teil teuren Handys der AsylwerberInnen gewesen. Auf seine Nachfragen stellte sich heraus, dass diese Telefone für sie die einzige, sorgsam behütete Verbindung nach Hause oder zu ihren Angehörigen sind, häufig lange vor der Flucht noch in erwerbstätigen Zeiten angeschafft.
Genauso berichtete Frau Scheutz von Nachfragen, wieso man denn für die Flüchtlinge auch „Luxusgüter“ wie Fernseher und Radios sammele. Ihre Antwort, die Flüchtlinge müssten fast alle Deutsch als Fremdsprache lernen und dafür sei der ständige Kontakt mit der gesprochenen Sprache sehr wichtig, wurde zu ihrer Überraschung dankbar als sehr erhellend aufgenommen.

Wie es in Altmünster lief

Um von der Erfahrung anderer Gemeinden zu profitieren, hatten die Goiserer Frau Almut Etz und Herrn Fritz Kern von der Plattform „Altmünster für Menschen“ eingeladen. Die beiden berichteten von der ehrenamtlichen Arbeit dieser Altmünsterer Initiative mit den AsylwerberInnen:
Dem zermürbenden Warten auf den Asylbescheid setzten sie unterschiedliche gemeinsame Unternehmungen und sehr viel Deutschunterricht entgegen. Da die Flüchtlinge bis zum Asylbescheid keiner Erwerbsarbeit nachgehen dürfen, bietet die Aufgabe, Deutsch zu lernen, einen willkommenen Fokus. Die Leute wollen lernen und machen schnelle Fortschritte.

Kommunikation bündeln

Frau Etz und Herr Kern betonten, die Selbstorganisation der ehrenamtlichen HelferInnen sei sehr wichtig. Eine von der Volkshilfe angestellte Person alleine, wie in diesem Falle Frau Scheutz, könne die Fülle der Anfragen keinesfalls bearbeiten. Frau Scheutz bestätigte dies und erklärte, in ihrer Dienstzeit müsse sie mit den AsylwerberInnen arbeiten und beantworte alle Anfragen momentan in ihrer Freizeit. Sie bat um Verständnis, dass dadurch ihre Antworten auf Hilfsangebote zum Teil sehr spät kommen. Um Zeit zu sparen seien Anfragen per SMS sinnvoller als ihren Anrufbeantworter zu besprechen.
Die anschließenden Publikumsfragen drehten sich fast ausschließlich darum, wie man helfen könne. Viele trugen ihre Kontaktdaten auf bereitliegenden Listen ein und gaben an, wie sie möglicherweise helfen könnten. Direkt im Anschluss trafen sich schon recht viele Interessierte zum Thema „Hilfe beim Deutschlernen“ und legten unter der Anleitung von Deutschlehrerin Helga Putz erste Organisationsstrukturen fest.

Unerwartet freundliche Aufnahme

Insgesamt kann man festhalten, dass die Flüchtlinge in Goisern sehr freundlich empfangen wurden. Die Befürchtungen mancher im Vorfeld, Unkenntnis und Misstrauen könnten zu Feindseligkeiten führen, bestätigten sich an diesem Abend nicht.

Wo: evangelisches Altenheim, Bahnhofstraße 1, 4822 Bad Goisern am Hallstättersee auf Karte anzeigen
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