Solvay will Werk in Ebensee verkaufen
Belgischer Chemiekonzern Solvay will PCC-Sparte verkaufen – neben Ebensee sind auch Werke in England, Frankreich und Deutschland mit insgesamt 190 Beschäftigten betroffen.
SALZKAMMERGUT/EBENSEE. Es wäre ja nicht der erste Versuch: Bereits 2008 wollte der belgische Solvay-Konzern seine PCC-Sparte (siehe Zur Sache, unten) an den Mann bringen. Damals zerschlugen sich aufgrund der Finanzkrise die Verkaufsgespräche – die vier Werke, die gefälltes Calciumcarbonat herstellen, blieben bei Solvay.
Nun starten die Belgier einen neuen Anlauf zum Verkauf der PCC-Sparte. Neben dem Werk in Ebensee will sich Solvay von den Werken in Lostock (England), Giraud (Frankreich) sowie von einem Teil des Werks im deutschen Rheinberg trennen. Insgesamt wären von einem Verkauf des PCC-Geschäfts europaweit knapp 190 Arbeitnehmer betroffen – 49 davon in Ebensee.
„Wir prüfen verschiedene Alternativen für den Geschäftsbereich PCC, eine davon ist der Verkauf. Bisher sind aber noch keine Entscheidungen gefallen“, so Solvay Deutschland-Pressesprecher Dirk Schulte. Der Grund für den geplanten Verkauf der PCC-Sparte liegt in der unternehmerischen Ausrichtung des Chemie-Riesen, der weltweit 30.000 Mitarbeiter beschäftigt und 9,9 Milliarden Euro Umsatz macht: „Für Solvay zählt das PCC-Geschäft nicht mehr zum Kerngeschäft. Oder anders gesagt: Für die strategische Ausrichtung von Solvay ist das PCC-Geschäft nicht mehr zentral“, so Solvay Ebensee-Geschäftsführer Herbert Grünbichler.
Mitarbeiter wissen Bescheid
Was ein möglicher Verkauf für die 49 Ebenseer Solvay-Mitarbeiter bedeuten würde, ist derzeit noch nicht abschätzbar. Beim Betriebsrat vor Ort sieht man allerdings keinen Grund für Alarmstimmung: „Die Mitarbeiter sind informiert. Wir wissen, dass der Konzern den Verkauf prüft“, so Solvay-Betriebsrat Gottlieb Redlinger. Angst um ihren Job hätten die Mitarbeiter nicht, wird betont: „Manche sehen den Verkauf als Chance, andere empfinden es nur schade, dass sich Solvay zurückzieht.“
Verlust und stabiler Umsatz
Wirtschaftlich lief es für Solvay Ebensee zuletzt eher durchwachsen, wie ein Blick ins Firmenbuch verrät. Seit 2011 schrieb die Solvay Österreich GmbH stets rote Zahlen. 2012 betrug das Minus 4,7 Millionen Euro – 2013 belief sich der Verlust auf 1,7 Millionen Euro. Der Umsatz entwickelte sich hingegen konstant und lag 2013 bei 10,35 Millionen Euro.
Zur Sache, Teil 1 – Solvay seit 1883 in Ebensee
Das Solvay Werk in Ebensee blickt auf eine lange Geschichte zurück: Die Firma wurde 1883 als Soda-Fabrik gegründet. Es war das fünfte Werk der Solvay Gruppe und ging 1885 in Betrieb. Ab 1913 kamen weitere Produkte hinzu – so wurde etwa mit der Produktion Socal (ein Füllstoff auf Calciumcarbonatbasis in besonders reiner Qualität) begonnen. 1968 wurde mit der Produktion von Baustoffen begonnen und ein Forschungszentrum für den Baustoffsektor eingerichtet. 1994 wurde die Baustoffsparte verkauft. 2002 bestimmte Solvay die Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass die Firma Reststoffe der Sodaerzeugung, in den Traunsee leitete. 2005 stellte Solvay die Produktion von Soda in Ebensee ein. 130 Mitarbeiter verloren dabei ihren Arbeitsplatz. Der Mitarbeiterstand reduzierte sich seit 2004 (216 Mitarbeiter) auf 49 Beschäftigte im Jahr 2013. (Quellen: Firmenbuch/Solvay Österreich GmbH).
Zur Sache, Teil 2 – Gefälltes Calciumcarbonat oder PCC
Im Solvay Werk in Ebensee wird „Gefälltes Calciumcarbonat“ – im Englischen „Precipitated Calcium Carbonate“ (PCC) – hergestellt. Das PCC, das Solvay unter den Marken Socal (in Ebensee) und Winnofil (an anderen Standorten) produziert, wird – je nach Feinheitsgrad – als Dichtstoff, in Kunststoff-Fensterrahmen, für Innenraumfarben, PVC-Weichmacher oder auch in der Gesundheitsbranche verwendet. In letzerer wird es in erster Linie zur Behandlung von Osteporose eingesetzt. Darüber hinaus ist Gefälltes Calciumcarbonat in Arzneimitteln enthalten, die Babys oder schwangere Mütter im Falle eine Calciummangels einnehmen.
Die PCC-Sparte Solvays umfasst die Werke in Lostock, Giraud, Rheinberg und Ebensee.
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