Die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer

Arbeitsrechtsexperte Gerhard Schafelner aus St. Valentin klärt über das sensible Thema auf.

BezirksRundschau: Welche arbeitsrechtlichen Fälle kommen am meisten vor?
Gerhard Schafelner: Am häufigsten kommt es bei ungerechtfertigten Kündigungen oder Entlassungen sowie bei Geltendmachung von nicht bezahlten Mehr – und Überstunden zu juristischen Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber. Auch eine falsche Einstufung und unterkollektivvertragliche Entlohnung bereiten immer wieder Probleme.

Wo können sich Arbeitnehmer informieren? Treten dabei schon Kosten auf?

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich bei der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft kostenlos informieren. Bei den Bezirksgerichten kann beim Amtstag jeden Dienstag Vormittag rechtliche Auskunft eingeholt werden. Auch die meisten Rechtsanwälte bieten eine kostenlose Erstberatung an.

Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer gegenüber ihren Arbeitgeber und wo treten hier die größten Konflikte auf (Arbeitszeit, Karenz, Gleichstellung)?
Die Normalarbeitszeit darf grundsätzlich acht Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche nicht überschreiten. Eine Verlängerung oder Verkürzung der täglichen Normalarbeitszeit durch Kollektivvertrag ist jedoch zulässig. Bei Gleitzeitmodellen kann der Beginn und das Ende der Arbeitszeit flexibel festgelegt werden. Voraussetzung ist die Zustimmung des Betriebsrates. In Betrieben ohne Betriebsrat muss die Gleitzeit mit jedem Arbeitnehmer schriftlich vereinbart werden.
Arbeitnehmerinnen haben den Arbeitgeber von einer Schwangerschaft und dem geplanten Geburtstermin unmittelbar nach deren Bekanntwerden zu verständigen. 8 Wochen vor der Entbindung dürfen Schwangere nicht mehr beschäftigt werden (Mutterschutz). Vorzeitiger Mutterschutz (Frühkarenz) ist dem Arbeitgeber durch ein amtsärztliches Attest nachzuweisen. Auch mindestens 8 Wochen nach der Entbindung dürfen Frauen nicht beschäftigt werden. Sollte nach der Schutzfrist Arbeitsunfähigkeit vorliegen, besteht grundsätzlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Bis zum Ablauf des 2. Lebensjahres des Kindes haben Eltern Anspruch auf Karenz, wenn sie mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt leben. Die Karenz kann zwischen den Eltern zweimal geteilt werden, wobei jeder Karenzteil mindestens 2 Monate dauern muss.
Diskriminierung am Arbeitsplatz ist dann verboten, wenn Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden. Bei Verstößen gegen das Gleichbehandlungsgebot stehen der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer je nach Verstoß verschiedene Ansprüche wie zum Beispiel Schadenersatz oder Zahlung der Entgeltdifferenz zu. Bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz besteht ein Anspruch auf Schadenersatz gegenüber dem Belästiger/der Belästigerin. Zusätzlich besteht ein Anspruch gegenüber dem Unternehmen, wenn es nicht für angemessene Abhilfe gegen die Belästigung sorgt.

Wie sollte man mit einem Problem mit dem Arbeitgeber (z. B. ungerechtfertigte Kündigung) am besten umgehen. Welche wären hier die ersten Schritte?
Das Wichtigste ist, rasch juristischen Rat einzuholen, um keine Fristen zu versäumen. Kündigungen wegen eines unzulässigen Motivs oder Sozialwidrigkeit können innerhalb von 2 Wochen beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden. Auch bei Entlassungen gelten grundsätzlich Anfechtungsfristen von 2 Wochen. Achtung: Bei Kündigungen und Entlassungen sind jedoch auch kürzere Anfechtungsfristen von eine Woche möglich!
Um Friststreitigkeiten zu vermeiden, sollte man daher gegenüber dem Arbeitgeber unbedingt auf ein Kündigungs- oder Entlassungsschreiben bestehen, da auch ein mündlicher Ausspruch reicht.

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