5 Minuten Wien: Die verspätete U-Bahn
WIEN. Freitag 17 Uhr. Ein halb voller Bahnsteig in der U1-Station am Hauptbahnhof. Alle wollen ins Wochenende. Es herrscht gute Stimmung. Doch dann folgt der Dämpfer: "Wegen eines technischen Gebrechens fährt die U1 zurzeit leider in unregelmäßigen Abständen. Wir bitten um Geduld und arbeiten an der Behebung des Gebrechens."
Noch ist die Stimmung positiv, aber ich befürchte, dass es nicht lange so bleiben wird. Die Menschen strömen weiterhin in den Untergrund und sie schlichten sich. Ungeduldige wechseln den Bahnsteig. Sie hoffen wahrscheinlich, so schneller und sicherer in die U-Bahn einsteigen zu können.
Die Zeit verrinnt langsam. Nach gefühlten zwei Stunden (wahrscheinlich eher einer Viertelstunde) fährt endlich die U1 ein. Die Menschen strömen in die Waggons. Eigentlich will ich gar nicht einsteigen, doch da öffnet sich ein kleiner Raum – und schon passe ich hinein, ohne dass geschubst oder geflucht wird.
Zwei Stationen später steigt ein Mann mit Stock ein. Kaum steht er in der Nähe eines Sitzplatzes, bietet ihm ein junger Mann den Platz an. Der ältere Mann lehnt dankend ab: "Ich steige gleich aus."
Eine Station weiter kommt eine alte Dame in den vollen Waggon. Da springt ein Mädchen auf und ein junger Mann lotst die Frau zum freien Sitzplatz. "Das ist aber wahnsinnig nett, dass sie mich setzen lassen", strahlt sie. "Das ist mir schon lange nicht passiert, dass ich so zuvorkommende Menschen getroffen habe. Sie haben mir den heutigen Tag versüßt."
Wien kann einen eben auch positiv überraschen – gerade dann, wenn man es am wenigsten erwartet.
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