Narren und Politiker sitzen in einem Boot
Fasching und Politik – eine Zweck-Gemeinschaft? Zwei Vertreter diskutieren darüber.
Braucht der Fasching die Politik, damit er lustig ist?
JOSEF RUKAVINA: Nicht unbedingt. Wenn sie das ist und wenn sie ihre Fehler macht, kann der Fasching bei gewissen Nummern davon leben. Aber wir in St. Veit haben zum Beispiel schon bewiesen, dass es ohne Politik auch geht. Viele Politiker fordern es aber heraus, dass sie im Fasching vorkommen. Mittlerweile hat es sich aber stark auf die regionale Ebene herunterreduziert.
Warten Narren darauf, dass Politiker Fehler machen?
GERHARD KÖFER: Sie brauchen gar nicht darauf warten. Die Medien stehen ihnen da schon hilfreich zur Seite und dokumentieren Entwicklungen oder Fehltritte in der Politik dementsprechend. Es gibt keinen Fasching ohne Politik. Außer vielleicht in Bleiburg.
Rukavina: Für mich ist Bleiburg kein Fasching, sondern sehr gutes Kabarett.
Köfer: Der Villacher Fasching zielt zu 80 Prozent auf politische Ereignisse des Jahres ab. Als Politiker muss man wissen, was man tut und wissen, dass das reflektiert wird. Wenn es gut reflektiert wird, pointiert und mit Niveau, dann macht das auch Spaß. Je tiefer die Nummer wird, desto größer ist der Lacher. Die, die auf der Bühne stehen, wissen oft die Hintergründe nicht, sie reduzieren Themen sehr stark. Ganz allgemein ist es eine gute, befruchtende Beziehung zwischen Fasching und Politik. Ein Politiker, der in einer Sitzung sitzt und nicht vorkommt, ist schon irgendwie enttäuscht. Nicht vorzukommen ist schlimmer als zu oft vorzukommen. Und wir gehen dann halt im Anschluss gemeinsam an die Theke und der Narr zahlt eine Runde wegen seines schlechten Gewissens.
Rukavina: Die Politiker zahlen schon auch Runden...Wir sind vor Jahren die Lokalpolitiker sehr hart angegangen und der damalige Präsident musste beim Bürgermeister aufmarschieren. Ein Jahr später haben wir die Lokalpolitik komplett weggelassen und mussten wieder aufmarschieren. Das lustigste am Publikum ist es, wenn der Lokalpolitiker unten sitzt und du über ihn Schmähs machst. Aber immer alles im Rahmen. Genau das ist die Gratwanderung, die du schaffen musst.
Wie tief muss ein Witz sein, damit er ankommt?
Rukavina: Für mich darf es nie tief sein und nie in das Persönliche oder das Privatleben gehen. Es können Fehler, die auch in der Presse gestanden sein, als Schmähs gebracht werden. Viele Narren haben das Gefühl nicht, wie weit sie gehen dürfen. Dass das Publikum lacht, ist eine andere Geschichte. Eine Grenze wäre für mich zum Beispiel die Geschichte zwischen Herrn Köfer und Herrn Schalli. Das hat im Fasching nichts verloren und du wirst es auch auf den meisten Bühnen nicht finden.
Köfer: Es gibt keine Regeln. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Es gibt brilliante Narren, bei deren Witzen man erst nachdenken muss. Da dauert der Lacher halt etwas länger. Je öfter man privat tief reinfährt - da sind die Lacher vielleicht größer. Das ist alles Sache der Kanzler und der Gilden. Wenn man glaubt, tief werden zu müssen, soll man.
Rukavina: Manfred Tisal in Villach schafft es immer wieder mit Politik eine super Nummer zu machen und dabei immer am Grat zu bleiben, nie abzudriften ins Tiefe. Ich habe es geschafft, 20 Jahre Fasching ohne Politik zu machen und war auch erfolgreich.
Ist es schwieriger ohne Politik?
Rukavina: Eigentlich ist es leichter. Für politische Schmähs musst da das ganze Jahr - Tagein, tagaus - dabei sein.Und das schaffst du auch nicht alleine, weil du nicht zu allen Infos kommst. Für politischen Fasching brauchst du ein funktionierendes Dreieck: Politik, Medien, Faschingsnarr. Denn der Narr bekommt seine Infos - was Land und Bund betrifft- in erster Linie aus den Medien. Die Lokalpolitik - da ist viel Mundpropaganda.
Wie weit darf man die Wahrheit aufgeben?
Rukavina: Das Körnchen Wahrheit muss immer drinnen sein. Dass du vielleicht ein bisschen übertreibst - das muss dem Faschingsnarren erlaubt sein.
Köfer: Ich freu mich schon, wenn es einen anderen trifft. Da lacht man leichter. Aber ich habe gelernt, über mich selber zu lachen. Ich wäre enttäuscht, wenn nichts kommen würde. Die Spittaler Faschingsgilde lebt ja zum großen Teil von mir. Die Wahrheit ist ein kleiner Teil des Faschings, der Rest muss inszeniert, gepeppt, gepusht werden. Zu Beginn meiner Bürgermeistertätigkeit hab ich mich schon gefragt: „Muss das denn sein?“ Aber im Nachhinein...du bekommst eine gewisse Ruhe.
Rukavina: Nach außen hin haben die meisten so ein dickes Fell wie der der Herr Landesrat. Wie es nach innen ausschaut kann ich nur schwer beurteilen. Ich glaube aber, das hängt davon ab, wie der Politiker auf die Faschingssitzung zugeht. Manche - etwa die frührere Partie um Jörg Haider - sehen das als Werbung. Wie weit sie das gebracht haben, sehen wir eh jetzt. Ich kann das immer als PR sehen. Wenn ich das nicht so sehe, darf ich keine Faschingssitzung besuchen.
Ist es nach der politischen Wende schwieriger?
Köfer: Es ist langweiliger geworden. Wir verwalten ja nur mehr. Es gibt keine Projekte, die man gestalten kann. Wir rufen den absoluten Stillstand aus. Wir diskutieren über das Sparen - dass das für den Fasching nicht so spannend ist, kann ich mir gut vorstellen.
Rukavina: Diese Brot&Spiele-Politik hatte viel in sich, was man für den Fasching rausholen konnte. Das gibt es jetzt nicht mehr. Damit gibt es auch kaum Themen. Es ist momentan schwer für den Fasching in der Landespolitik Themen zu finden, die du in Humor umkehren kannst. Und es ist in der Bundespolitik nichht anders. Weil es einfach nicht mehr witzig ist, wie es läuft. Die Leute sind der Poltik auch überdrüssig und wollen lieber andere Schmähs hören.
Köfer: Es fehlen der Politik immer mehr die Typen. Kantige, eckige, charismatische Typen gab es früher mehr. Heute gibt es viele Buchhalter in politischen Funktionen, die blass sind und das ganze Jahr nichts tun, um ja keine Fehler zu machen. Die Langeweile beginnt heute ja schon beim Bundeskanzler. Und das geht dann runter. Ich mag die Kärntner Landespolitiker, aber für den Fasching geben sie wenig her.
Rukavina: Das ist ja auch der Grund, warum die Bezirkskaiser - also Köfer, Manzenreiter, Mock - nach all den Jahren noch immer herhalten müssen: Es gibt keine anderen Typen.
Köfer: Ja fällt dir ein Schmäh über den Waldner ein?
Rukavina: Wer ist das? 2013 hat der Fasching in ganz Kärnten viel von Frank Stronach gelebt. Weil er der letzte „Typ“ war, der für den Fasching schönes Futter war.
Köfer: Weil er polarisiert hat.
Rukavina: Was man über ihn machen konnte, ist im Fasching quer durch alle Sitzungen gegangen. Aber man musste nur leicht überspitzt wiedergeben, was Stronach selbst in den Medien gesagt hat. Mehr musstest und konntest du nicht mehr machen. Es gibt ja auch nur mehr einen einzigen Polit-Kabarettisten in Österreich: Florian Scheuba. Alle anderen machen es nicht mehr, weil es nicht mehr lustig ist und es die Leute nicht mehr haben wollen.
Köfer: Frank Stronach als Idioten hinzustellen und zu sagen, er hätte den Fasching prolongiert, finde ich nicht fair. Wäre er nie in die Politik gegangen, würde man ihm heute bei jeder Sitzung Faschingsorden umhängen. Ihm wird ein Nachruf beschert, den er nicht verdient hat.
Rukavina: Das muss man unterscheiden. Beim Wirtschaftsmann Stronach wird niemand etwas sagen. Nur beim Politiker.
Köfer: Weil er nicht so fein geschliffen ist, wie andere.
Rukavina: Das hat nichts mit der Sprache zu tun.
Köfer: Frank Stronach war nicht der große Kaspar in der Innenpolitik. Man hat ihn zu dem gemacht.
In Acht Zitaten durch die Debatte
– Viele Politiker fordern es heraus, dass sie im Fasching vorkommen.
– Ich habe es geschafft, 20 Jahre Fasching ohne Politik zu machen und war auch erfolgreich.
– Die Geschichte zwischen Herrn Köfer und Herrn Schalli hat im Fasching nichts verloren.
– Waldner – Wer ist das?
Faschingsnarr
Seppi Rukavina
– Nicht vorzukommen ist schlimmer als zu oft vorzukommen.
– Wir gehen dann halt gemeinsam an die Theke und der Narr zahlt eine Runde wegen seines schlechten Gewissens.
– Ich freu mich schon, wenn es einen anderen trifft. Da lacht man leichter.
– Ich mag die Kärntner Landespolitiker, aber für den Fasching geben sie wenig her.
Landesrat Gerhard Köfer
Zu den Personen
Gerhard Köfer war ab 1997 Bürgermeister von Spittal an der Drau. Bei der Landtagswahl am 3. März 2013 trat er für das Team Stronach an und zog in die Landesregierung ein.
Seppi Rukavina stand seit 1996 auf der Faschingsbühne in St. Veit. Nach dreijähriger Pause feiert er heuer sein Comeback. Er ist auch als Kabarettist und Moderator tätig.
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