Mundart ist bei jungen Leuten total "in"
Schüler kommunizieren wie ihnen der Schnabel gewachsen ist – und das ist gut so!
MÜHLVIERTEL. In einer Maturazeitung werden auf den letzten Seiten üblicherweise lustige Sprüche aus der vergangenen Schulzeit abgedruckt. Kürzlich war in der Ausgabe einer Mühlviertler Schule folgender Dialog zu lesen:
Schüler: „Ma, he, Mathe is so a Schas, do kenn i mi ned aus!“
Lehrer: „Bitte bemüh’ dich um eine schöne Sprache!“
Schüler: „Also, äh, ..., Mathematik, äh, ..., das ist nicht so, äh, ..., das Meinige.“
Standarddeutsch stellt selbst Schüler höherer Schulen mitunter vor Probleme. Für Sandra Wiederkehr, Deutsch- und Lateinlehrerin am Freistädter Gym, ist das halb so schlimm. „Es ist gut, wenn die Schüler so reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist – vor allem bei emotionalen Themen.“ Ausnahmen bestätigen die Regel. In bestimmten Situationen wie Präsentationen oder Prüfungsgesprächen legt die Pädagogin schon darauf Wert, dass möglichst gutes Deutsch gesprochen wird. „Schließlich sollen sie bis zur Matura auch Standarddeutsch beherrschen.“
In einem Experiment ließ Wiederkehr elfjährige Schüler ihre SMS vorlesen – natürlich nur, wenn sie das auch wollten. Interessantes Ergebnis: Kurznachrichten, die an „Menschen gleicher Ebene“ (z. B. Mitschüler) gerichtet waren, wurden in Mundart verfasst. SMS, die an „Autoritäten“ (z. B. Eltern) gingen, hatten einen viel förmlicheren Ton. „Mundart drückt Nähe aus“, sagt Wiederkehr. „Mit den eigenen Eltern pflegt man offenbar einen etwas distanzierten Ton“, sagt die Mutter zweier Töchter aus Pregarten.
Tatsache ist, dass junge Menschen total auf Mundart abfahren. „Sie brennen darauf zu erfahren, woher Wörter stammen.“ Kids als Etymologen? Eine schräge Vorstellung. Aber sie passt ins Bild.
Ihren Mundart-Wortschatz erweitern die jungen Leute übrigens oft durch Gespräche mit ihren Großeltern. „Die Omas und Opas kennen noch Ausdrücke wie ‚Vierfleck‘ (Anm.: Schurz) oder ‚Blehlsuppe‘ (Anm.: Rahmsuppe mit Brotstücken), die ihre Eltern manchmal gar nicht mehr im Sprachrepertoire haben.“ Wie gut Mundart tut, merkt Wiederkehr an sich selbst. Nach vielen Jahren in Graz ist sie 2013 ins Mühlviertel zurückgekehrt. „Das ist meine sprachliche Heimat. Hier fühle ich mich vertraut.“
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