Sprache vermittelt Heimat

Irena Kobalds Buch 'Zuhause kann überall sein' wurde zuletzt ins Arabische übersetzt. 3.000 dieser zweisprachigen Ausgaben wurden an Schulen und Flüchtlingszentren verschenkt.
  • Irena Kobalds Buch 'Zuhause kann überall sein' wurde zuletzt ins Arabische übersetzt. 3.000 dieser zweisprachigen Ausgaben wurden an Schulen und Flüchtlingszentren verschenkt.
  • hochgeladen von Carmen Rebecca Hammer

Laut dem Österreichischen Bundesministerium für Inneres sind in diesem Jahr bereits 34.657 Asylanträge gestellt worden. Die anhaltende Flüchtlingswelle bringt Menschen hierher, für die Österreich ein fremdes Land ist, dessen Sprache sie nicht verstehen. Viele Flüchtlinge, die des Deutschen nicht mächtig sind, fühlen sich fremd, unverstanden und verloren. Bereits 2008 erkannte die steirische Schriftstellerin Irena Kobald diese Kommunikationsproblematik, als sie in ihrer Wahlheimat Australien ihre damals zwölfjährige Tochter dabei beobachtete, wie sie sich mit einem sudanesischen Flüchtlingskind verständigte. Ihre Tochter zeigte auf Gegenstände und sprach deren Bezeichnungen laut aus. Das fremde Kind wiederholte die Worte und erlangte so langsam einen Wortschatz. "Dies hat mich damals so fasziniert, dass ich darüber ein Buch schrieb. Damit will ich Menschen eine Stimme geben, die sich in der Fremde befinden und sich dort unverstanden fühlen“, sagt Kobald und betont dabei, wie wichtig es ist, die Sprache des Landes zu erlernen, in dem man wohnt. „Ich nenne dieses Phänomen ‚sprachmächtig‘“, erläutert Kobald, „Wenn ich eine Sprache beherrsche, habe ich die Macht über sie, wenn nicht, hat sie die Macht über mich.“

Zwei Decken

Ihr illustriertes Buch ‚Zuhause kann überall sein‘ ist die Geschichte eines sudanesischen Flüchtlingskindes, das sich in der Ferne verloren fühlt und sich deshalb in eine Decke aus Erinnerungen einhüllt. Erst als es einem einheimischen Mädchen begegnet, welches ihm die Landessprache beibringt, knüpft es eine zweite Decke mit neuen Eindrücken und fühlt sich nun darin wohl. „Die Sprache ist eine Metapher und kann für jede Lebenslage stehen. Wenn man vor neuen Herausforderungen steht, geht es darum, wie man mit der Situation umgeht. Man kann sich für jeden Lebensbereich eine Decke weben“, beschreibt Kobald die Idee hinter ihrem Buch. Im englischen Original heißt es deshalb ‚My Two Blankets‘ (‚Meine zwei Decken‘).

Zwei Sprachen

Kobalds mehrfach ausgezeichnetes Werk ist ein Bilderbuch für Kinder und Erwachsene. Insgesamt hielt die Autorin bereits 160 Lesungen zu ihrem Buch, das bereits in zwölf Sprachen übersetzt wurde, inklusive einer Gehörlosenversion. Die aktuelle Übersetzung ist eine zweisprachige Ausgabe in Deutsch und Arabisch. Der Verlag Knesebeck, bei dem die Version erschienen ist, verschenkte 3.000 dieser zweisprachigen Exemplare an Schulen und Flüchtlingszentren. Sie sollen nun den Neuankömmlingen dabei helfen, Deutsch zu lernen und sich ihre Sprachdecke zu weben, um sich hier wohlzufühlen.

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