Von den Sorgen und Freuden der kleinen Leute

Neugierige Ohren: Der "steirische Andersen" begeistert regelmäßig im Freilichtmuseum Stübing. | Foto: privat
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"Meine Großmutter hat mir schon vorgelesen, und ich selbst habe immer schon gerne Märchen gelesen", sagt Klaus Streichert auf die Frage, wie aus dem einstigen Lehrer ein wanderndes Geschichtenbuch wurde. Streichert, besser bekannt als Märchenklaus, ist seit Jahren in Europa unterwegs, um Märchen zu sammeln, sie vorzutragen und ihnen Leben einzuhauchen.

Für Kinder und Erwachsene

Streichert lebt die Freiheit des Erzählens. Gestik, Mimik und der Augenkontakt mit neugierigen Zuhörern machen die Geschichte lebendig. "Bei spontanen Textabweichungen wird es allerdings schwierig, Kinder bemerken das sofort", schmunzelt der Grazer. Dabei sind seine Märchen nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene. Wie die Märchen der großen Sammler, die hinter verschlossenen Türen in abendlichen Stunden rein der Unterhaltung dienten und so gar nicht jugendfrei waren. "Es gibt Märchen, die erotische Inhalte haben. Auch solche, die von Drogen erzählen oder blutige Passagen haben."

Alles wird wieder gut

Die Faszination der Volksmärchen ist heute wie damals noch dieselbe. "Sie beschreiben die Sorgen und Freuden der kleinen Leute und wie das Leben zu meistern ist. Zum Großteil wenden sich die Geschichten, trotz anfänglicher Schwierigkeiten, zum Guten. Die Figuren beschreiten häufig einen unbewältigbaren Weg und haben dennoch das Ziel vor Augen", sagt Streichert. Die schwachen Sympathieträger erfahren durch Fleiß ihr Glück, die schlechten Charaktere erzieherische Maßnahmen. Im Gegensatz zum Kunstmärchen wurde das Volksmärchen mündlich weitergetragen und kann weder historisch noch geografisch bestimmt werden. "Das macht allerdings auch den Reiz aus. Es ist zwar eine namenlose Heimat, aber da, wo Tier und Mensch eine ähnliche Sprache sprechen, sind die meisten von uns zuhause", meint er. Daher spielt das Heimatliche bei seinen Lesungen eine wichtige Rolle. Ob deutsche, russische oder finnische Märchen: Der steirische Dialekt von Märchenklaus kommt immer wieder durch. Auch die musikalische Untermalung durch volkstümliche Lieder darf nicht fehlen.

Information

Klaus Streichert wurde 1942 in Troppau (heute Tschechien) geboren. Heute lebt er in Graz. Nach dem Gymnasium absolvierte er an der Lehrerbildungsanstalt die Ausbildung zum Volksschullehrer. Während dieser Ausbildung schloss er sich den sogenannten Abstinenzlern an. Später wurde er bei UN-Einsätzen als Milizoffizier auf Zypern und am Golan eingesetzt. Nach der Pensionierung begann seine Karriere als "Märchenklaus": Inspiration dafür gab ihm seine nun im Altersheim lebende Mutter. Seine Sammlung umfasst über 50 Märchenbuchmanuskripte. Streichert tritt regelmäßig im Ausland auf – er wird zu Lesungen, Festen, Schulen, in Altersheime, an Universitäten oder zu anderen Kulturveranstaltungen geladen. Durch seine Bekanntheit erhielt er den Namen "Der steirische Andersen". Am 1. Mai wird der Märchenerzähler im Freilichtmuseum Stübing Jung und Alt vorlesen. Infos: maerchenklaus11@gmx.at, Tel.: 0316 / 680 686.

WOCHE-Wordrap
Wenn ich 80 Jahre alt bin, dann ...
... sind andere Menschen schon 100 Jahre alt.
Der Tag beginnt mit ...
... einem guten Frühstück und dem Fröhlichsein.
Einmal möchte ich ...
... zum Mond reisen, um zu sehen, wie klein die Erde und viele unserer Sorgen sind.
Meine früheste Kindheitserinnerung ist ...
... viel Liebe und Geborgenheit, aber auch Strenge, die ich von meiner Großmutter und Mutter bekommen habe.
Ein weiser Tipp an die Jugend:
Vieles von dem, was du erträumst, kannst du auch erreichen. Aber nur, wenn du daran glaubst und auch daran arbeitest.

Neugierige Ohren: Der "steirische Andersen" begeistert regelmäßig im Freilichtmuseum Stübing. | Foto: privat
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