80 Jahre Tradition in Gratwein

Der Wirt und sein Gasthaus: Entspannt bei einem Cappuccino plaudert Wolfang Reinprecht über die Zukunft von Traditionsbetrieben.
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  • hochgeladen von Verena Schaupp

Nach acht Jahrzehnten gibt es ihn noch immer, den Fischerwirt in Gratwein. Wolfgang Reinprecht führt das Traditionsgasthaus gemeinsam mit seiner Frau Andrea in dritter Generation.
"Uns gibt es zwar schon lange, aber wir müssen uns immer etwas Neues einfallen lassen, um nicht auch vom Gasthaussterben betroffen zu sein", meint der Gastronom. Eine kürzlich erschienene Umfrage der steirischen Wirtschaftskammer unter 250 Traditionsbetrieben ergab einen ernüchternden Rückgang der Gasthäuser um 26,2 Prozent seit 2000.

Volkssport und Gesetzesflut

"Ich denke, dass das vor allem am gesellschaftlichen Wandel liegt", so Reinprecht. "Vor 15, 20 Jahren war Gasthausgehen der Volkssport Nummer eins."
Dies hat sich laut dem Wirt geändert. Der steigende Druck und Stress im Alltag und im Job lässt die Leute abends lieber auf der Couch herumlümmeln, vielleicht mit Fertigkost oder einem Salat. "Die Lust, unter der Woche am Abend ein Wirtshaus zu besuchen, geht eindeutig zurück. Die Leute wollen nur mehr entspannen, schnell etwas essen oder aber auch nur eine Kleinigkeit zu sich nehmen, da sie bewusster auf ihre Ernährung achten." So sieht Reinprecht zwar auch in den Steuerreformen, der Registrierkassenpflicht oder dem Nichtraucherverbot Gründe für das Sterben traditioneller Gasthausbetriebe, viel mehr liege es aber schlicht am Gästeverhalten.
"Natürlich hat die Gesetzesflut enorm zugenommen, etwa durch die kommende Steuerreform. Aber wir haben zum Beispiel schon seit Jahren eine Registrierkasse und auch das Rauchverbot wird, wenn es alle gleichermaßen umsetzen, nur ein paar wenigen schaden. Es haben sich einfach das Gästeverhalten und die Gesellschaft stark verändert."

Speziell, aber nicht zu sehr

In dieser Veränderung sieht Reinprecht auch die große Herausforderung. "Man muss sich schon spezialisieren in der Gastronomie, um aufzufallen." Der Fischerwirt setzt daher auf das Hochzeitsgeschäft. "Vor zwei Jahren haben wir 80 Hochzeiten gehabt. An manchen Wochenenden waren das sechs Hochzeiten." Zu sehr auffallen sei aber auch nicht die Lösung. "Hier am Land einen Griechen aufzumachen, würde ich auch nicht für sinnvoll halten." Trotz Spezialisierung verzeichnet auch der Fischerwirt unter der Woche einen Gästerückgang. "Das Geschäft am Wochenende geht gut, nur muss man ja auch unter der Woche leben. Wer in zehn Jahren am Wochenende aus der Stadt aufs Land ins Wirtshaus fahren möchte, wird sich nicht mehr so leicht tun", meint der Wirt kritisch. Obwohl also viele Hürden auf Traditionsgastronomen zukommen, will Reinprecht auch ermutigen: "Wenn man Spaß am Umgang mit den Gästen und an der Gastronomie selbst hat, dann ist das schon ein super Job."

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