"Lernschwäche nimmt zu"

Bezirksschulinspektor Ignaz Franz beendete vergangene Woche seine Berufslaufbahn und trat in den Ruhestand. | Foto: Aichinger
  • Bezirksschulinspektor Ignaz Franz beendete vergangene Woche seine Berufslaufbahn und trat in den Ruhestand.
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GRIESKIRCHEN. Im Jahr 1972 startete Ignaz Franz in Waizenkirchen als Lehrer ins Berufsleben. Ab 1976 arbeitete er als Hauptschullehrer in St. Agatha. Seit 2004 war er als Bezirksschulinspektor im Bezirk Grieskirchen tätig. Vor seinem Pensionsantritt am 1. April sprach er mit der BezirksRundschau über seine Karriere.

BezirksRundschau: Sie haben in den vergangenen 40 Jahren die Entwicklungen im Bildungsbereich hautnah mitverfolgt. Was sind die größten Veränderungen?
Ignaz Franz: Total verändert hat sich die Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus der Schüler. Als ich als junger Lehrer zu arbeiten begonnen habe, war das, was in der Schule gesagt worden ist, mehr oder minder geschriebenes Recht. Heute wird von den Eltern vieles hinterfragt. Das ist natürlich nicht unberechtigt. Aber in manchen Bereichen fehlt dadurch die Unterstützung der Eltern, die von den Lehrern dringend gebraucht wird.

Welche Bereiche sind dabei gemeint?
Vor allem der Bereich der Erziehung. Heute gehen viele Eltern davon aus, dass die Schule die Erziehungsarbeit machen soll. Auf der anderen Seite hat aber die Schule heute sehr wenig Möglichkeiten, Pflichten einzufordern.

Was ist heute für die Schüler schwieriger als früher?
Die Kinder haben heute ein Überangebot bei der Freizeitgestaltung. Das ist problematisch. Denn sie werden dadurch ganz stark vom Lernen abgelenkt. Es bleibt auch wenig Zeit für echte Erholung.

Müssen die Schüler heute mehr lernen als früher?
Naja. Der Leistungsdruck ist in gewisser Weise größer geworden. Die Erwartung, dass die Kinder weiterführende Schulen besuchen, ist heutzutage bei vielen Eltern groß.

Lehrer kritisieren, dass ihnen von der Gesellschaft zu wenig Wertschätzung entgegengebracht wird. Sehen Sie das auch so?
Die Lehrer kämpfen schon immer mit einer Art Minderwertigkeitskomplex. Sie glauben, dass sie in der Öffentlichkeit zu wenig Ansehen haben. Aber wenn es Untersuchungen gibt, stellt sich immer wieder heraus, dass das Image der Lehrer gar nicht schlecht ist. Sie müssen also einfach selbstbewusster werden. Natürlich wird vor allem in der Medienberichterstattung das thematisiert, was im Schulbereich nicht gut läuft. Über Positives wird selten berichtet. Aber das ist ja normal. Das passiert ja nicht nur bei der Berichterstattung über das Schulwesen.

Was sind Ihrer Meinung nach derzeit die größten Herausforderungen im Pflichtschulbereich?
Das sind bei uns im Bezirk zum einen die bevorstehende Einführung der Neuen Mittelschule und zum anderen die Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen.

Welche besonderen Bedürfnisse sind da gemeint?
Es geht da vor allem um Kinder mit Lernschwäche. Die Schwierigkeiten in Deutsch, Mathematik und Englisch nehmen bei vielen Schülern zu.
Warum ist das so?
Die Ursache liegt darin, dass den Schülern das Lesen schwer fällt. Sie verstehen oft die Texte nicht, die sie lesen. Darum tun sie sich dann auch in Mathematik schwer, wenn sie eine Textaufgabe lösen sollen, weil sie ja die Angabe gar nicht verstehen. Und wenn es dann darum geht, eine Fremdsprache zu lernen, ist das natürlich ebenfalls ein großes Problem.

Warum tun sich die Schüler heutzutage beim Lesen so schwer?
Weil im Unterricht nicht mehr so viel Zeit dafür aufgewendet werden kann. Es gibt heute viel mehr Aufgaben als früher, die im Unterricht abgedeckt werden müssen. Inzwischen hat man dieses Problem erkannt. Die Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen werden in der Volksschule auch schon wieder mehr forciert. Und ich muss hier auch anmerken, dass die Kinder früher auch in ihrer Freizeit viel mehr gelesen haben. Heute haben alle einen Fernseher und lassen sich berieseln.

Am 1. April beginnt für Sie mit dem Pensionsantritt ein neuer Lebensabschnitt. Was sind Ihre Ziele?
Ich habe ganz banale Ziele. Ich möchte das machen, auf das ich bisher aus Zeitgründen verzichten musste. Ich freue mich darauf, Freizeit zu haben und nicht auf die Uhr schauen zu müssen. Ich werde mich sportlich betätigen und viel Zeit mit der Enkeltochter verbringen.

Zur Sache:
Einen offiziellen Nachfolger von Ignaz Franz als Bezirksschulinspektor gab es Anfang dieser Woche noch nicht. Der Bezirk wird daher vorübergehend von Landesschulinspektor Franz Payrhuber betreut. Als derzeit aussichtsreichste Bewerberin gilt Doris Baumann vom Christlichen Lehrerverein (CLV).

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