ubuntu-Ausstellung: HINTER DEN KULISSEN DER KINDERLOSEN FRAU SUITNER

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HEIDI HOLLEIS:
HINTER DEN KULISSEN DER KINDERLOSEN FRAU SUITNER
Textfragmente, Zeichnungen und Collagen zu Karl Schönherrs Figur der „Frau Suitner“
WANN? Eröffnung Freitag, 9. Juni 2016 / 19 Uhr
WO? 6060 HALL / BURG HASEGG MÜNZE HALL

Die Ausstellung ist bis Ende August 2016 zu sehen.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr.
Letzter Einlass: 16 Uhr / Montag geschlossen.
Tel: +43 (0)5223 / 58 55 520
www.muenze-hall.at
Die Eröffnung begleiten:
Laudatio: Elmar Drexel, Regisseur
Musik: Marco Birkner, Gitarrist

Die Krämerin Frau Suitner und ihr Mann haben sich mit schwerer Arbeit ihren Traum eines sorgen- und schuldenfreien Lebens erfüllt. Aber es fehlt ihnen etwas Entscheidendes, das sie nicht loslässt: ein Kind. Die Krämerin kommt sich minderwertig vor, als hätte sie das Wichtigste im Leben ausgelassen … Die Künstlerin Heidi Holleis gestaltet das Bühnenbild für das diesjährige BurgSommer-Theaterstück „Frau Suitner“, das unter der Regie von Elmar Drexel aufgeführt wird. Aspekte aus dem Entstehungsprozess des Bühnenbildes fügen sich zu einer Ausstellung, die von ubuntu – der Kulturinitiative von SOS-Kinderdorf veranstaltet wird.

Die Vernissage als Eröffnung der Veranstaltungsreihe BurgSommerHall 2016.
Infos zum Programm unter: www.burgsommer-hall.at

Die prozesshafte Schau der Heidi Holleis

Im Mittelpunkt des künstlerischen Schaffens der 1974 geborenen Künstlerin steht der Mensch im Kontext sozialer und biologischer Strukturen. Sie recherchiert in allen sich bietenden Medien um sich einem Thema zu nähern. Dabei entsteht ein Gedankengerüst, das auf den Säulen von Philosophie und Literatur gestützt ist. Auch für das Bühnenbild zu Karl Schönherrs Theaterstück „Frau Suitner“ bediente sich die Künstlerin verschiedener historischer und zeitgenössischer Quellen, um ein großformatiges Werk entstehen zu lassen, das vom 25. Juni bis 9. Juli 2016 auf der Theaterbühne im Burghof präsentiert wird.

Begleitend dazu gestaltete die Künstlerin für ubuntu eine Schau zur Entstehung des Bühnenbildes: „Für mich ist es ein Rückblick auf einen intensiven Prozess, der mich seit Monaten beschäftigt und bewegt.“ Besonders der Aspekt des unerfüllten Kinderwunsches, der im Stück nie eindeutig formuliert wurde, aber so spürbar in den Protagonisten vorhanden ist, wird im Bühnenbild, als auch im Entstehungsprozess sichtbar. Die Künstlerin notierte Zitate, die sich durch das Stück ziehen und den Kinderwunsch bagatellisieren „Die Kinder kemmen wias Wasser“, aber auch verdammen: „A Kind is koa Blumenstrauß“. Der Wunsch nach Elternschaft wird angedeutet, aber nie offen artikuliert: „Plaggeister, och Gott – lasset mi gern plagen.“ Das Drama „Frau Suitner“ wurde 1917 uraufgeführt und ist heute noch aktuell, weil es das zentralste aller Frauenthemen anspricht – das Muttersein.
Im Zuge ihrer Recherchen begegnete die Künstlerin auch der umstrittenen Rolle des Autors in der Zeit des Nationalsozialismus. Er gehörte der sogenannten „politisch gesäuberten“ Deutschen Akademie der Dichtung an, sein Schaffen wurde als „blutecht“ beschrieben. „Frau Suitner“ zählt aber zu den schönsten, dichtesten und edelsten Dramen des bekannten Tiroler Volksdichters. Es zeigt - jeglicher politischer Bedeutung erhaben - die enorme Sogwirkung traditioneller Erwartungshaltungen. Frau Suitner entkommt den gesellschaftlichen Traditionen nicht und macht sich eines Tages auf, ihren letzten Gang zu gehen …

Heidi Holleis erkundete das Tiroler Volkskunstmuseum, um Requisiten und Kleider zu fotografieren, die sie zu Collagen verarbeitet oder mit Säure verätzt hat. Fotografien, die Details freilegen, in ihrer Gesamtheit jedoch nur als Fragmente erkennbar sind. Kalendereinträge, Polaroid-Schnappschüsse und erste Skizzen, fügen sich zu kreativen Making-of-Szenen, die auf einem Metallobjekt des Tiroler Künstlers und ubuntu-Botschafters Alois Schild präsentiert werden. Er schuf eine „Völkerverbindende Sitzgarnitur“, die im Rahmen dieser Ausstellung zum „Theatralischen Schreibtisch“ mutiert.
Die ersten Entwürfe zum Bühnenbild fertigte die Künstlerin aus Asche, ihrem bevorzugten Werkstoff: „Asche ist für mich die Essenz aus Feuer und Holz, zeigt den Kreislauf aus Festigung und Auflösung.“ Die dunklen Aschebilder sollten die Kontemplation, die Reduktion sowie die Zerstörung symbolisieren, die sich im Theaterstück so spürbar aufbauen. Die letztliche Entscheidung zum vier mal drei Meter großen Bühnenbild fiel aber auf eine bearbeitete Fotografie, die in der Ausstellung im Kleinformat zu sehen ist: Ein nostalgisches Schaukelpferd aus dem Volkskunstmuseum, das durch Säureätzung eine dezente, florale Patina erhält. Das Pferd steht für das spielerische Element, aber auch für die Sexualität der Frau. Auf einem Podest stehend, symbolisiert es den übergroßen Wunsch nach dem Kind und thront bedrohlich über den Schauspielern ...
In der Ausstellung integriert sind auch die zum Bühnenbild gehörenden Recycling-Würfel aus Karton, die immer wiederkehrende Ohnmachten darstellen sollen. Die eigenen Muster, das eigene Verzagen an traditionellen Anforderungen und das unmögliche Loslassen am unerfüllten Wunsch, begegnen „Frau Suitner“ ständig. „Die Geschichte wiederholt sich bis heute. Das ureigene Frauenthema der Mutterschaft hört nie auf. Der Text von Karl Schönherr ist so groß und steht über alle Zeiten“, so die Künstlerin, die in der Beschäftigung mit „Frau Suitner“ erneut Parallelen zu ihrem bevorzugten, künstlerischen Ausdrucksmittel findet: Die Asche als elementare Substanz der Vergänglichkeit.
Die ubuntu-Ausstellung von Heidi Holleis ist eine prozesshafte Reise durch einen großen Theatertext, führt uns durch die innere Reise der Künstlerin und letztlich zu uns selbst. Die eigene Kindheitserfahrung und die spätere Frage nach eigener Elternschaft sind dem Menschen immanent. Ein gänzliches Entziehen ist unmöglich. Kontext zu ubuntu - Kulturinitiative von SOS-Kinderdorf ist der zeitgenössische Zugang zur Kindheit, der die Wichtigkeit des frühen Lebensabschnittes bewusst machen soll. SOS-Kinderdorf widmet sich seit 1949 der Aufgabe, Kindern zu ihrer Kindheit und zu ihrem Wachsen zu verhelfen - durch eine Familie, mit Liebe, Respekt und Sicherheit.
Fotos: Benjamin Seigis

Wo: Burg Hasegg, 6060 Hall in Tirol auf Karte anzeigen
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