Abschied vom Loipen-Papst aus Seefeld

Willy Köstinger mit seinen alten Schisprung-Latten. Statt Springeranzug gab es damals nur einen warmen Pullover. | Foto: Larcher
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  • Willy Köstinger mit seinen alten Schisprung-Latten. Statt Springeranzug gab es damals nur einen warmen Pullover.
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SEEFELD. Während das olympische Feuer 1964 im Innsbrucker Berg Isel Stadion im Föhnwind und vor grüner Kulisse flackerte, entpuppte sich Seefeld als Insel mit Olympia-Atmosphäre. „Du weißt nicht, wie glücklich wir sind. Wir fühlen uns in Seefeld wie zu Hause, laufen jeden Tag Rennen und erleben das schönste Olympia, das es für uns Langläufer bisher gegeben hat“, schwärmte damals der sonst so kritische schwedische Schiverbands-Präsident Sigge Bergmann. Die Tiroler präparierten die besten Pisten und Loipen, maßgeblichen Anteil daran hatte Prof. Fred Rössner und seine Helfer aus Seefeld. Im nordischen Skidorf räumten die Nordländer/innen in allen nordischen Bewerben ab, im Sprunglauf (Kleinschanze), im Langlauf, beim Biathlon und in der Nordischen Kombination!

Nur ein Österreicher schaffte es in die Top-Ten-Ränge: Willi Köstinger, der Kombinations-Spezialist aus Dorfgastein!
Im Mai 2009 hat BEZIRKSBLATT für das Magazin "AKTIV" ein Portrait von Willi Köstinger daheim in Seefeld verfasst. Der damals 68-Jährige erzählt. Er hat in Seefeld im Trubel von Olympia ´64 seine Gattin kennen gelernt und führte mit seiner Familie das Appart- und Wellnesshotel Charlotte. Zusammen mit Prof. Fred Rössner (FIS) schaffte Köstinger auch für Olympia 1976 – als Funktionär – perfekte Bedingungen!

Bester Österreicher in Seefeld

Die Freundschaft mit Sportgrößen und Funktionären der damaligen Zeiten pflegt Köstinger bis zuletzt, hatte sogar damalige Kontrahenten bei sich zu Gast, etwa den Norweger Tormod Knutsen, der am 3. Feber 1964 den Olympia-Kombinationbewerb für sich entschied, vor dem Russen Nikolai Kisselew und Georg Thoma (D). Köstinger war damals als Sprunglauf-Spezialist „nur“ 5. nach einer Windlotterie auf der Toni Seelos-Schanze (70,5 m, Note 113,8). Einen Tag später galt es 15 schwierige Kilometer im feuchten Schnee zu laufen: Platz 18. In der Kombi-Wertung bedeutete das den 10. Platz. „Ich war darüber schon enttäuscht“, erzählte Willi Köstinger Redakteur Georg Larcher.
Wir sitzen im Hotel Charlotte, in Köstingers Stüberl, geschmückt mit vielen Erinnerungen und Fotos aus der damaligen Zeit. Es gab schon erfreulichere Wettkämpfe vor den olympischen Spielen in Seefeld. Bei der Weltmeisterschaft in Zakopane schaffte es Köstinger 1962 auf Platz 6 (hinter Russen und Norwegern), bei der Generalprobe 1963 in Seefeld war er Dritter! Der olympische Lohn blieb aus. Der Sport war damals noch Nebensache, hauptberuflich war Köstinger Installateur in seinem elterlichen Betrieb. Die sportlichen Eltern prägten ihn, sein Vater war schon Schispringer. „Ich bin in der Früh zur Arbeit gelaufen, heim auch wieder, das gehörte zum Training“, erzählt Köstinger. „Damals war alles noch bescheidener. Wir hatten keine Betreuer, kümmerten uns selber um das Material, das wir von den Herstellern kauften oder auch geschenkt bekamen.“ Gut gerüstet besiegte Köstinger 1963 sogar den Seefelder Olympiasieger Knutsen!
Verpflegt vom Bundesheer und untergebracht in der Ferienkolonie in Wildmoos bereiteten sich die Österreicher auf das Großereignis vor. Einen halben Tag trainierten die Sportler, den restlichen Tag mussten sie im Auftrag des Olympischen Komitees die Loipen präparieren: „Das hat uns nicht geschadet.“ In seiner Heimat musste Köstinger sogar bis zu drei Stunden mit mehreren Paar Schi am Buckel zur Langlaufstrecke wandern. „Es gab damals kaum Geld für den Sport, das Wort ‚Sponsoren‘ haben wir gar nicht gekannt.“

Bewunderung aus dem Norden

Im Winter nahm Köstinger auch bei Spezialspringen teil, war in Oslo am Hollmenkollen, dem Mekka der Springer, bei der dortigen Tournee einmal sogar Zweiter, nahm auch bei der Vierschanzentournee teil. Als Mitteleuropäer verdiente sich Köstinger durch seine Leistungen bei den Skandinaviern Respekt. Die Nordländer hatten aber bessere Voraussetzungen für Spitzenplätze bei Großereignissen. Mit der sportlichen Karriere war es schon 1966 vorbei. Nach einem Sturz bei der WM in Oslo beendet der Dorfgasteiner seine Karriere. Danach arbeitete Köstinger im elterlichen Betrieb in Dorfgastein, auch im dortigen Gastbetrieb. Anfang der 70er Jahre zog er dann mit seiner Frau in ihre Heimat.
1976 sprach Köstinger bei den Spielen von Innsbruck den Olympischen Eid der Funktionäre. Zusammen mit Prof. Rössner gestaltete er ab 1973 den Streckenverlauf für die Langlaufbewerbe. „Wir haben die Strecken so gelegt, dass man sie später auch noch nutzen kann, es war ein Grundkonzept für Jedermann.“ So stellte Köstinger damals als Loipen-Papst die Weichen für die heutige Langlauf-Region.

Willi Köstinger wird am 14. Jänner um 11 Uhr in der Pfarrkirche St. Oswald in Seefeld zu Grabe getragen. Mehr hier:
http://www.meinbezirk.at/flaurling/sport/willi-kaempfte-bis-zuletzt-er-hinterlaesst-eine-luecke-d810810.html

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