Wie ein Fürst die große Welt sieht
Im Staat des dritten Jahrtausends sollen nicht die Waffen sondern der Stimmzettel entscheiden. Und die Gemeinden sollen mehr Macht erhalten. Das wünscht sich der Fürst von Liechtenstein
Mit einem Bruttosozialprodukt von 133.220 Schweizer Franken pro Einwohner gehört Liechtenstein zu den reichsten Ländern der Welt, mit 37.500 Einwohnern ist es der kleinste Staat Europas und mit der EU durch den EWR verbunden. 1699 wurde der gerade einmal 160 Quadratkilometer große Landstrich rund um Vaduz von den Liechtensteinern erworben. Und ist bis heute ist es ein Fürstentum, genau formuliert eine Erbmonarchie auf demokratisch-parlamentarischer Basis. Das Staatsoberhaupt Fürst Hans Adam II, macht sich Gedanken über den „Staat im dritten Jahrtausend“. Bei einem Vortrag vor der „Österreichischen Gesellschaft für Völkerverständigung“ in Klosterneuburg, zu dem ihn der Präsident Prof. Dr. Josef Höchtl gewinnen konnte, ließ er einen Blick in seine politische Gedankenwelt werfen.
Ausgehend von der Tatsache, dass das 20. Jahrhundert das wahrscheinlich blutigste aller Zeitalter war, stellt sich für Fürst Liechtenstein die Frage: Wie kann man Katastrophen vermeiden? Eine Antwort aus seiner Sicht lautet, dass der Staat zum Dienstleistungsunternehmen werden und den Bürger als Kunden behandeln muss. Damit aber nicht genug. Je größer die Einheiten sind, desto größer sei die Gefahr von Konflikten zwischen der Bevölkerung, auch der Abspaltung. Daher ist es notwendig, im Staat mehr Macht und Verantwortung den kleinen Einheiten zu geben. Soll heißen, dass man Gemeinden als politische Einheiten behandelt, die nicht mehr unterteilbar sind.
Direkte Demokratie und Selbstbestimmungsrecht
Um die politische Verwaltung sicherzustellen, für die politische Verantwortung zu sorgen, ist die direkte Demokratie ganz besonders wichtig. Fürst Hans Adam II. sieht im Selbstbestimmungsrecht das zentrale Element für das Zusammenleben und das Funktionieren der Gemeinschaft. Allerdings auch kleine Einheiten müssen über ein Selbstbestimmungsrecht verfügen. Durch das Instrumentarium der direkten Demokratie kann Kontrolle ausgeübt werden, der Wähler muss nicht warten, um erst bei den nächsten Wahlen auf Fehlentwicklungen mit dem Stimmzettel zu reagieren.
Dem Staat an sich verbleiben bei diesem Modell nur noch vier Aufgabenbereiche. Nämlich die Außenpolitik, die Aufrechterhaltung des Rechtsstaates, das Bildungswesen und die Staatsfinanzen. Nebst speziellen Details, wie die verständliche Information der Bürger über die aktuelle Gesetzeslage, die Einführung eines eigenen Schulfaches „Rechtskunde“, die Finanzierung des Schulwesens über ein Gutscheinsystem, das dessen Effizienz steigern und aus der Abhängigkeit der Lehrergewerkschaften lösen soll, geht es dem Herrscher über Liechtenstein vor allem um die Lukrierung der notwendigen finanziellen Mitteln. Sein Vorschlag: Der Staat ist für die indirekten Steuern, wie etwa die Mehrwertsteuer zuständig, die Gemeinden haben dafür die Oberhoheit über die direkten Steuern. Dadurch soll es möglich werden, dass in vielen Fällen besser als bisher auch auf die lokalen Bedürfnisse und Interessen der Bürger sowie Gemeinden eingegangen werden kann.
Zum Schluss des Vortrages kam in der sehr lebhaften und interessanten Diskussion aus dem Publikum dann noch die Frage, wie denn dieses Modell auf die große Europäische Union umsetzbar sein könnte. Fürst Liechtensteins Antwort fiel sehr kurz aus: „Die EU Mitgliedstaaten sind noch nicht reif für dieses System. Die Entwicklung muss systematisch zuerst von den Gemeinden aufwärts beginnen und wird natürlich Zeit brauchen.“
(H.Vytiska)
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.