Bauern gingen auch in Imst auf die Barrikaden

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Anlässlich des Weltmilchtages und des niedrigen Bauernmilchpreises geht die Tiroler Landwirtschaft in die Offensive und wirbt einmal mehr für heimische Milchprodukte. Vergangene Woche fand in allen Bezirken Tirols eine Verteilaktion vor Supermärkten statt. Dabei gingen die Milchproduzenten selber auf die Straße, um mit den Konsumenten ins Gespräch zu kommen. Fazit: die Solidarität der Konsumenten ist enorm. Bauernbunddirektor Dr. Peter Raggl berichtet: „Im Gespräch mit den Konsumenten wurde sehr deutlich wie groß die Solidarität mit unseren Bauern ist. Dass derzeit 1 Liter Wasser gleich viel kostet wie ein Liter Milch, macht die Menschen aggressiv. Dass da etwas in unserer Gesellschaft schief läuft spüren nicht nur die Bauern.“
Die Lage ist ernst. Der Milchpreis liegt in Tirol bei derzeit 27,3 Cent. Diese Preissituation ist für Bauernfamilien existenzbedrohend. Dauert die Milchkrise noch länger an, droht in Tirol ein Bauernsterben. „Wenn wir jetzt nicht an einem Strang ziehen und zusammenhelfen droht uns ein massives Bauernsterben“, so Bezirksbauernobmann und Bezirksbäuerin. „Wir haben in den vergangenen Jahren bereits sehr viel auf die Beine gestellt, um vor allem die Grundversorgung mit gentechnikfreien, heimischen Produkten zu stärken und den Markt vor der eigenen Haustür bedienen zu können“, bringen die obersten Bauernvertreter im Bezirk die wertvolle Arbeit der Agrarmarketing Tirol und der bäuerlichen Interessensvertretung zur Sprache. „Daran werden wir weiterarbeiten und sicher nicht müde Bewusstseinsbildung in unserem Land zu betreiben. Wir können die regionale Lebensmittelversorgung nur dann sichern, wenn alle mithelfen.“ Gemeint sind damit sowohl Bauern als auch Konsumenten, Handel und Verarbeiter und Tourismus. „Wir haben in Tirol sehr viele innovative Bauern, die zB in die Direktvermarktung und Produktion von Gemüse, Obst, Kräutern, etc. viel Arbeit und Zeit investieren und damit Geld verdienen. Die Mehrheit unserer Bauern kann jedoch nicht kurzfristig aus der Milchproduktion aussteigen um in alternative Produktionssparten umzusteigen. Das wäre für die Almbewirtschaftung, aber auch für die Bewirtschaftung unserer zum Teil steilen Wiesen verheerend. Die Alternative wären Verwilderung und Zuwachsen vieler Flächen vor allem auf Almen in unserem Land“, erklärt der Bezirksbauernobmann die Zusammenhänge.

Verschleudern muss ein Ende haben

„Derzeit können Tirols Milchbauern nicht mehr kostendeckend produzieren, 27,3 Cent für ein Produkt, das unter höchsten Qualitäts- und Umweltstandards produziert wird ist zu wenig. Unsere heimische Milch unterliegt wohl den weltweit höchsten Tierschutzauflagen und trägt zum Erhalt unserer bekannten Kulturlandschaft bei“, so der Bezirksobmann. „Tierwohlstandards sowie die gentechnikfreie Fütterung und die Bewirtschaftung der steilen Hänge im Berggebiet sind für die heimischen Bauern erheblich teurer - verglichen mit den europäischen Berufskollegen.
Gleichzeitig geht vom Milchpreis im Lebensmittelgeschäft immer weniger an den Bauern. Im Jahr 2013 kam am Bauernhof noch ein Drittel des Konsumentenpreises an, im April 2016 ist der Anteil auf nur mehr ein Viertel zurückgefallen", kritisierte der Bezirksbauernobmann den Handel scharf. „Die Lebensmittelketten sollten ihre Marktmacht nicht zum Nachteil der Bauern ausnützen. Es ist inakzeptabel, durch Bezugnahme auf Weltmarktpreise unfaire Senkungen bei den Erzeugermilchpreisen zu erzwingen“, so der Bezirksbauernobmann. „Gesunde heimische Trinkmilch und Milchprodukte werden weit unter ihrem Wert verschleudert. Der Lebensmittelhandel entwertet durch Rabattaktionen und Lockangebote gesunde Molkereiprodukte“, stellt der Bezirksbauernobmann klar. Bald kostet ein Plastiksackerl oder einen Liter Mineralwasser gleich viel wie ein Liter Milch: 1 l Milch kostet zwischen 0,85 und 1,09 Euro. Da läuft etwas gewaltig schief in unserer Gesellschaft.“ Der Bezirksbauernobmann drängt für die krisengeschüttelten Milchbäuerinnen und Milchbauern auf rasche Lösungen und Entlastungen: „Der Lebensmittelhandel soll mit dem Preisdumping von Milch und Milchprodukten endlich aufhören. Tiefst- und Schleuderpreise werden auf dem Rücken der Bauern ausgetragen. Der Handel ist mitverantwortlich, wenn Milchbauern zusperren müssen. Notwendig sei auch eine marktkonforme Milchproduktion. Diese soll kurzfristig freiwillig und auf einzelbetrieblicher Ebene sichergestellt werden. Mittelfristig sei eine europäische Lösung anzustreben, um Nachfrage und Angebot wieder ins Lot zu bringen.

Offensiv und konkret handeln
„Ich bin nicht gern in der Defensive“, so die Bezirksbäuerin. „Es ist und bleibt unsere Aufgabe den Konsumenten bewusst zu machen, dass sie mit jedem Einkauf ein Voting für oder gegen die heimische Landwirtschaft an der Kassa abgeben. Wir dürfen den Kontakt zu den Menschen nicht abreißen lassen. Wir Bäuerinnen und Bauern sind die besten Produktbotschafter, das muss uns bewusst sein.“ Und die Bezirksbäuerin konkretisiert: „Genuss und Lebensart sind in Tirol untrennbar mit der Arbeit der Bäuerinnen und Bauern verbunden. Wer zu den Produkten der Tiroler Familienbetriebe greift, bekommt beste Qualität. Tiroler Lebensmittel stehen für kurze Wege und nachhaltiges Wirtschaften.“ Um auch auf Bundesebene den Bauern helfen zu können wir eine einmalige Rabattierung der Sozialversicherungsbeiträge. „Sicher ist, dass wir nun rasch handeln müssen. Ehe es zu spät ist, Bauern für immer die Hoftür schließen. Was wir angesichts der prall gefüllten Regale in unserem Land sehr leicht vergessen ist die Tatsache, dass unsere kleinstrukturierte heimische Landwirtschaft sehr schnell durch industrialisierte Landwirtschaft aus dem Ausland ersetzt werden kann. Mir schaudert vor dem Szenario in einer Krisensituation auf die Lebensmittelversorgung aus einem anderen Land angewiesen zu sein müssen“, so die ernsthaft besorgte Bezirksbäuerin.

Unterschriftenaktion

Gemeinsam wollen die LK-Tirol, der Tiroler Bauernbund, die Bäuerinnenorganisation und die Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend auf das ernste Anliegen aufmerksam machen und die Tiroler Bevölkerung zur aktiven Unterstützung einladen. „Schließlich steht viel mehr auf dem Spiel als die regionale Lebensmittelerzeugung. Es geht um gutes Essen, um unsere Landschaft, um Heimat. Es geht um Tirol!“ Die gesammelten Unterschriften werden dann an den Bundespräsidenten übergeben, um das Anliegen der Tiroler Bauernfamilien und der regionalen Lebensmittelerzeugung zu einem Anliegen für ganz Österreich zu machen. „Ich hoffe, dass auch andere bäuerliche Organisationen und Verbände in anderen Bundesländern unsere Initiative unterstützen“, sind sich die Bezirksbäuerin und der Bezirksbauernobmann einig.

Jetzt unterschreiben!

Ab sofort kann jeder unter www.tirolerbauern.at online unterschreiben. Hier gibt es auch Unterschriftenlisten zum Ausdrucken sowie weitere Infos zu den Forderungen. Auch beim Tag der offenen Hoftüren, der am 12. Juni in allen Bezirken stattfindet, werden die Unterschriftenlisten aufliegen.

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