Die Trauer von Suizid-Hinterbliebenen

Eberhard Deisenhammer und Regina Seibl.
  • Eberhard Deisenhammer und Regina Seibl.
  • hochgeladen von Josef Wolf

In Tirol nehmen sich Monat für Monat acht bis zehn Menschen das Leben. Mindestens 800 bis 1000 Menschen in Tirol werden dadurch jedes Jahr zu Suizid-Hinterbliebenen. Der Suizid eines nahen Angehörigen ist für Kinder, Eltern, Geschwister und nahe Freunde ein traumatisches Erlebnis, das lange nachwirkt. Mit dem Schock und ihrer Trauer werden Hinterbliebene von Suizidopfern oft allein gelassen und manchmal sogar ausgegrenzt.

„Um einen geliebten Menschen zu trauern ist grundsätzlich eine schwere Aufgabe und oft ein langer Prozess. Für Suizid-Hinterbliebene gilt das in besonderem Maß. Ihre Trauer ist häufig schwieriger, komplexer und dauert in der Regel einige Jahre. Hinterbliebene haben meist mit Emotionen wie Trauer, Wut, Scham, Schuld- und Versagensgefühlen zu kämpfen“, erklärt Dr.in Regina Seibl, Leiterin von zwei Selbsthilfegruppen für Suizid-Hinterbliebene in Tirol. Regina Seibl wünscht mehr Verständnis für die besonders schwierige Situation von Suizid-Hinterbliebenen: „Das Umfeld weicht leider aus Hilflosigkeit aus, niemand schenkt ein offenes Ohr. Dabei sind Betroffene über jede Form von Kommunikation und Unterstützung froh.“

Unterstützung bekommen Suizid-Hinterbliebene in Tirol in vier Selbsthilfegruppen in Lienz, Wörgl, Innsbruck und Landeck. „Diese Selbsthilfegruppen, die sich einmal im Monat treffen, sind für die Betroffenen ein geschützter Raum, in dem sie nicht viel erklären müssen, um mit ihrem besonderen Schmerz und ihren oft chaotischen Gefühlszuständen verstanden zu werden“ so Regina Seibl.

„Trotz einer zunehmenden Entstigmatisierung ist Suizid in unserer Gesellschaft immer noch stark tabuisiert. Suizid-Hinterbliebene ziehen sich sehr oft aus Scham zurück, isolieren sich und werden mit ihrem Leid unsichtbar. Nach Suiziden steigt gerade auch bei Angehörigen und nahen Freunden die Gefahr der Nachahmung“, berichtet Univ.-Prof. Dr. Eberhard Deisenhammer von der Universitätsklinik für Psychiatrie Innsbruck. Deshalb sei die Suizidpräventionsarbeit besonders wichtig.

„Am schlimmsten ist, wenn nicht bemerkt wird, dass jemand suizidal ist. Manchmal hat die Umgebung trotz klarer Anzeichen (zum Beispiel sozialer Rückzug, Schlafstörungen, plötzliches Desinteresse an sonst geliebten Hobbies und Interessen) auch Angst, das Problem anzusprechen. Wir wissen aber, dass es für suizidale Menschen eine enorme Erleichterung ist, über ihre Verzweiflung sprechen zu können. Wenn das Problem erkannt ist, gibt es eine Reihe von erfolgreichen Methoden, um Depressionen, Psychosen oder Essstörungen zu behandeln“, so Eberhard Deisenhammer.

Film und Podiumsdiskussion

Das Tiroler Bündnis gegen Depression zeigt am 28. September um 19 Uhr im Innsbrucker Leokino den Film „Der letzte schöne Tag“, der die schwierige Situation von Suizid-Hinterbliebenen thematisiert. Im Anschluss an den Film findet eine Podiumsdiskussion mit Dr.in Regina Seibl, Mag.a Maria Fischer, Daniela Perle und Univ.Prof. Dr. Christian Haring (Moderation: Univ.-Prof. Dr. Eberhard Deisenhammer) statt.

Informationen

Informationen zu den Hinterbliebenenselbsthilfegruppen und weitere Hilfseinrichtungen und Therapieangebote finden Betroffene und Angehörige auf der Website der Österreichischen Gesellschaft für Suizidprävention: www.suizidpraevention.at und des Tiroler Bündnis gegen Depression: www.buendnis-depression.at.

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