Im eigenen Zauber gefangen

Sinniger Farbenwechsel: als Liebende strahlen Armide und Renaud in Weiß und Gold. | Foto: Innsbrucker Festwochen der Alten Musik / Rupert Larl
  • Sinniger Farbenwechsel: als Liebende strahlen Armide und Renaud in Weiß und Gold.
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  • hochgeladen von Christine Frei

Armide, die junge Opernproduktion der Festwochen der Alten Musik, erweist sich erneut als Publikumshit.

Es mag nicht zuletzt auch am besonderen Ort liegen, dass die junge Opernproduktion stets in Windeseile ausverkauft ist. Tatsächlich bildet der malerische Innenhof der Theologischen Fakultät insbesondere an einem lauen Sommerabend, der sich nach der vorherbstlich kühlen Woche am Premierenabend vergangenen Samstag tatsächlich noch einstellte, schon für sich einen verheißungsvollen Rahmen. In Kombination mit einer musikalischen Rarität der Alten Musik, dargeboten von jungen aufstrebenden Sänger/innen in meist augenfällig reduzierten und dramaturgisch geschickt verknappten Inszenierungen bieten diese Abende auch noch den Zauber, etwas Altes und Besonderes ganz neu für sich zu entdecken. Mit einigen winzig kleinen Abstrichen in der szenischen Umsetzung ist dies nun auch mit der diesjährigen Produktion „Armide“ von Jean-Baptiste Lully wieder gelungen. Nicht von ungefähr galt diese Oper zu Lullys Lebzeiten als sein Meisterwerk, denn das Werk fasziniert nach wie vor durch seinen glasklaren Fokus auf die Psyche der Hauptfigur, was sich sowohl in der Musik wie in der Dramaturgie und nicht zuletzt in der Sprache widerspiegelt.

Inhaltlich orientierten sich Lully und sein kongenialer Librettist Quinault dabei an Torquato Tassos Epos „La Gerusalemme liberata“, konzentrierten sich aber ganz auf die Zauberin Armide, die sich ausgerechnet und noch dazu unsterblich in ihren schlimmsten Feind, den siegreichen Kreuzritter Renaud verlieben wird, geradewegs in dem Moment, als sie seinen Sieg rächen möchte. Wie die von Lully und Quinault begründete Operngattung der „Tragédie en musique“ schon vermuten lässt, wird dieses wechselseitige Liebesglück jedoch nicht lange währen. Renaud lässt sich letztlich doch wieder mit dem Ruf der Außenwelt und der Aussicht auf Ruhm locken, jenen „five minutes of fame“, die mehr wiegen als Innerlichkeit und Liebeserfüllung. Und der mächtigen Zauberin fehlen, wenn es um sie selbst geht, leider die psychischen Ressourcen, um mit dieser Zurückweisung, diesem Verlust adäquat umgehen zu können. Die Trägödie ist also vorgezeichnet.

Patrick Cohën-Akenine und sein furioses Barockorchester Les Folies Françoises zaubern in der traditionellen fünfstimmigen Streicherbesetzung jedenfalls ebenso innige und reflexive wie lauernd dramatische Gefühlssujets. Und Elodie Hache weiß diese emotionale Berg- und Talfahrt Armides stimmlich wie darstellerisch wunderbar überzeugend umzusetzen. Joao Pedro Cabral ist ihr dabei als Renaud ein ebenbürtiger Partner, wenngleich Armide als Figur deutlich mehr Nuancen hat. Deda Cristina Colonna zeichnet gemeinsam mit ihrem Ausstatter Francesco Vitali für die kompakte Inszenierung verantwortlich, die vor allem bei den Kostümen durch kluges Farbenspiel besticht. Vitalis symbolhafte Videoprojektionen auf der Innenhoffassade bleiben da leider etwas vage. Die Schaufensterpuppen in den geöffneten Fenstern wie auf der Bühne sind als erstarrte und zuletzt entkleidete Liebesopfer Armides eine durchaus interessante Idee, allerdings waren sie zumindest für meinen Geschmack mit den barocken Tänzeleien der Nordic Baroque Dancers nicht so ganz kompatibel. Die Tänze sind zwar integraler Teil dieses Werkes, allerdings erscheint einem heute die barocke Gekünstelheit fast wie eine folkloristische Einlage, auch wenn die Tänzer/innen natürlich dramaturgisch als Armides Entourage durchaus ihre Berechtigung haben. In Summe ist aber einmal mehr zauberhafter Opernabend gelungen.

Wo: Theologische Fakultät, Karl-Rahner-Platz, 6020 Innsbruck auf Karte anzeigen
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