Kein Grabschmuck für Arme

Friedhof Urnengrab | Foto: Foto: Kretzschmar
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Beim Sozialfriedhof Pradl ist das Schmücken von „Armengräbern“ nicht erwünscht

Edmund K. ist empört. Er darf das Grab seines verstorbenen Kollegen weder mit Blumen noch mit Kerzen schmücken. Dieser Kollege ist am Sozialfriedhof begraben und dort ist Grabschmuck unerwünscht.

(vk). 2003 verstarb der Kollege von Edmund K. Weil dieser nicht genug Geld für eine Bestattung hinterließ und sich auch sein Umfeld kein Grab leisten konnte, übernahm das Sozialamt die Kosten einer Bestattung und des Grabes am Sozialfriedhof. Edmund K. kümmert sich seither um das Grab und schmückt es immer wieder mit Blumen. „Ich habe eine Tonschüssel und in die setze ich eben, was gerade zur Jahreszeit passt.“ Als Edmund K. aber wieder nach dem Grab gesehen habe, sei die Tonschüssel spurlos verschwunden gewesen. „Die haben sie einfach weggeschmissen“, mutmaßt Edmund K. Die Friedhofsverwaltung dementiert, sie würden den Schmuck nur wegstellen, nicht wegwerfen. Auf Nachfrage durch das STADTBLATT erklärt Hermann Köhle von der Friedhofsverwaltung: „Das Schmücken von Erdgräbern am Armenfriedhof ist nicht erlaubt. Man muss ja schließlich die Grabflächen auch in Schuss halten.“ Edmund K. will das nicht gelten lassen, schließlich seien arme Leute auch Menschen und hätten Pietät verdient. „Außerdem muss dann für alle das gleiche Recht gelten“, andere Armengräber seien nämlich sehr wohl geschmückt.

Andere Gräber sind geschmückt
Bei einem Lokalaugenschein standen auch tatsächlich zahlreiche Laternen und Blumen bei den Gräbern. Ein anwesender Friedhofswärter begründet dies so: „Eigentlich ist das nicht erlaubt, aber wegschmeißen will man die Blumen halt auch nicht. Wir lassen den Schmuck stehen, wenn aber mal wieder eine Aufräumaktion stattfindet, wird der Schmuck eben zu einem naheliegenden Baum gelegt. Die Leute stellen den Schmuck dann einfach wieder zurück. Aber erlaubt ist es eigentlich nicht.“

Vize-Bgm. Sprenger überrascht
Vizebürgermeister Eugen Sprenger, unter anderem zuständig für Soziales und Friedhöfe, weiß nichts von einer solchen Regelung. „Es können selbstverständlich alle Gräber geschmückt werden, auch die so genannten ‚Armengräber‘, das ist keine Frage!“, poltert Sprenger. „Das ist wohl – um es vorsichtig auszudrücken – eine Eigenmächtigkeit der Mitarbeiter dieses Amtes“, mutmaßt der Vize und will dieser Sache auf den Grund gehen.

Zur Sache: „Armengräber“
Wurde vom Verstorbenen zu wenig Geld für eine Bestattung hinterlassen und kann auch dessen Umfeld die Kosten nicht tragen, übernimmt dies das Sozialamt. Vor 2009 wurden die Verstorbenen noch in Erdgräbern bestattet. Diese werden nach 10 Jahren wieder aufgelassen. Seit Juli letzten Jahres werden verstorbene Grundsicherungsempfänger jedoch nur noch feuerbestattet, es sei denn, die Religion lässt dies nicht zu. Für die Feuerbestattungen wurde eine eigene Urnengrabstätte errichtet. Vor dieser Wand gibt es auch Platz für Grabschmuck.

Friedhof Urnengrab | Foto: Foto: Kretzschmar
Friedhof | Foto: Foto: Kretzschmar
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