Ausbeutung von Erntehelfern: Absamer Landwirt bestreitet Vorwürfe

Bernhard Höfler, Daniela Meichtry und Xaver Zeilinger (PRO-GE Rechtsschutzsekretär) mit den Brüdern. Sie wollen, aus Angst davor, keinen Job mehr zu bekommen, nicht erkannt werden.
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  • Bernhard Höfler, Daniela Meichtry und Xaver Zeilinger (PRO-GE Rechtsschutzsekretär) mit den Brüdern. Sie wollen, aus Angst davor, keinen Job mehr zu bekommen, nicht erkannt werden.
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ABSAM (kurt). In einer Pressekonferenz am Donnerstag zeigt der ÖGB einen Fall von Ausbeutung zweier Rumänen durch einen Absamer Landwirt auf und ortet einen neuerlichen Erntehelferskandal in Tirol. Pro Woche sollen zwei rumänische Brüder (19 und 24 Jahre alt) für den Bauern bis zu 80 Stunden für 660 Euro im Monat gearbeitet haben. Offiziell waren die beiden für 20 Stunden pro Woche gemeldet.

Eingeteilt waren die beiden für allerhand Tätigkeiten von landwirtschaftlicher Arbeit, Waldarbeit, Maler- und Spachtelarbeiten bis hin zu Hausarbeit im Privathaushalt der Familie des Landwirts.
"Mehrmals habe ich den Chef gefragt, warum wir nicht mehr Geld bekommen. Er sagte, dass das ist, was uns zusteht und dass alles korrekt sei", so der ältere der Brüder, der seit 2011 für jeweils sieben Monate pro Jahr am Hof beschäftigt war. Sein Bruder hatte 2013 zum ersten Mal für ihn gearbeitet.

56.000 Euro Außenstände

"Es gibt leider in dieser Branche schwarze Schafe, die noch immer im Sklaventum leben. Manche sind im 21. Jahrhundert noch nicht angekommen", empörte sich Bernhard Höfler, Sekretär der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) und AK-Vorstandsmitglied. Und er stellt klar fest: "Es gibt zu wenig Kontrollen!"
Kulant gerechnet (ohne Nachtzuschläge und die Überstunden mit 50 Prozent kalkuliert) kommt Höfler auf Außenstände von über 56.000 Euro, die die Brüder gut hätten. Man habe auch versucht sich nach Bekanntwerden des Falles, sich mit dem Landwirt außergerichtlich zu vergleichen, wenn er die fehlende Summe auszahlen würde, laut ÖGB ließ er die gesetzte Frist verstreichen. Daher wurde am 13.10. eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übergeben.

"Waren meine Lieblingsmitarbeiter!"

Der Landwirt selbst bestreitet die Vorwürfe. "So stimmt das sicher nicht! Ich kann mir nur vorstellen, dass die beiden aufgehetzt wurden. Sie waren meine Lieblingsmitarbeiter hier am Hof", sagte der Bauer den BEZIRKSBLÄTTERN. Würde sich herausstellen, dass etwas zu Unrecht passiert sei, sei er bereit dies abzugelten, erklärte er weiter.

"Schließe weitere Fälle nicht aus!"

Daniela Meichtry, MigrantInnenberaterin und ÖGB-Regionalsekretärin, vermutet hinter diesem Fall nur "Die Spitze des Eisbergs". Auch Günter Mösl, Rechtreferent der Landarbeiterkammer (LAK) schließt weitere Fälle dieser Art nicht aus "Ich hätte so einen Fall nach 2013 (Anm: Erntehelferskandal um den Schotthof) eigentlich gar nicht mehr für möglich gehalten. Wenn das so war, dann ist das ein Wahnsinn!" Er appelliert, gleich wie Meichtry an Betroffene sich zu melden. "Nur dann können wir oder der ÖGB tätig werden".

Immer Aufzeichnungen führen

Um auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt Mösl Landarbeitern Aufzeichnungen über ihre Arbeitszeiten und -einsätze zu führen. "Wichtig ist auch, dass man nur unterschreibt, was den Tatsachen entspricht, wird man zu einer Unterschrift genötigt dann ist die Unterfertigung rechtsungültig". Für Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, ist das allerdings oft schwierig. "Gesetzlich ist es so, dass lediglich die Gefahreunterweisung in der jeweiligen Muttersprache auszufertigen ist. Für Arbeitsverträge gibt es bis dato keine dahingehende gesetzliche Grundlage. Wenn man mit seinem Dienstvertrag zu uns kommt, kann man sich diesen von der LAK prüfen lassen", erklärt Mösl. Unbedingt sollte man sich auch eine Anmeldebestätigung sowie die monatlichen Lohnzettel aushändigen lassen.

Nach dem letztjährigen Skandal in Thaur gab es zwischen allen für den Erntehelferbereich zuständigen Institutionen Gespräche, auf regionaler und bundesweiter Ebene. Daraus entstanden ist unter anderem die Erntehelfer-Plattform www.sezonieri.at, auf der in Deutsch, Ungarisch und Rumänisch die Arbeitsrechtslage in Österreich erklärt wird.

"Kollektivverträge sind ohne Wenn und Aber einzuhalten!"

Zu den heute aufgekommenen Vorwürfen an Unterbezahlung von Erntehelfern auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Absam, nimmt LK-Präsident Josef Hechenberger Stellung.
„Betriebe und Arbeitgeber müssen sich an die rechtlichen Vorgaben halten. Die vorgegebenen Standards des Kollektivvertrages sind ohne Wenn und Aber einzuhalten. Ein Betrieb der sich nicht daran hält, den werde ich nicht entschuldigen. Nach dem letztjährigen Vorfall und den verstärkt initiierten Kontrollen von Seiten der Land- und Forstwirtschaftsinspektion, bin ich davon ausgegangen, dass keine Unterbezahlung von Erntehelfern und Saisonarbeitskräften mehr vorkommt“, erklärt LK-Präsident Hechenberger.

24 Kontrollen im Vorjahr

„Nach Informationen von der Land- und Forstwirtschaftsinspektion wurden von November bis Dezember 2013 insgesamt 24 Kontrollen auf landwirtschaftlichen Betrieben, mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht durchgeführt. Dabei wurden vereinzelt Mängel festgestellt. Diese Betriebe wurden aufgefordert den gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Laut Bericht war auf keinem Betrieb eine ‚untragbare Situation‘ gegeben“, zitiert Hechenberger. Da alle betreffenden Stellen und Behörden beim vorliegenden Fall bereits informiert wurden, wird abgewartet welche Ergebnisse die weiteren Erhebungen ergeben, bevor von Seiten der LK Tirol weiterführende Schritte gesetzt werden.

31.10.: Die Stellungnahme des Absamer Landwirts liegt vor

Das Schreiben des ÖGB (Anmerkung der Redaktion: Vergleichsangebot), datiert mit 3. Oktober, ist bei uns am Montag 5. Oktober eingelangt. Der ÖGB hat mit diesem Schreiben, in Vertretung von zwei früheren Arbeitnehmern, Forderungen in der Höhe von 56.627 Euro bekannt gegeben. Für die Begleichung dieses Betrages (Einlangen am Konto des ÖGB) wurde mir eine Frist bis Mittwoch, 8. Oktober, eingeräumt. Die Frist betrug also für mich nur 3 Tage.

Mit diesem Schreiben wurde bereits angekündigt, eine Sachverhaltsdarstellung an zusammen sieben Stellen- darunter die Staatsanwaltschaft- zu schicken. Ebenso behielt sich der ÖGB die Information der Öffentlichkeit vor.
Eine erste Überprüfung der Forderungen hat ergeben, dass diese nicht zu Recht bestehen. Auf Grund des Inhaltes des Schreibens mit dem darin enthaltenen Ultimatum hat unser Rechtsanwalt der Gewerkschaft mitgeteilt, dass auf dieser Basis keine Auseinandersetzung mit den Forderungen der Gewerkschaft möglich ist.
Es wurde bisher keine Klage eingebracht, sondern es wird offensichtlich versucht, über die Öffentlichkeit Druck auf mich auszuüben.

Zu den Vorwürfen der Gewerkschaft:

Die Forderungen werden vom Steuerberater und vom Rechtsanwalt überprüft. Ich gehe davon aus, dass die Forderungen nicht zu Recht bestehen.
Die Mitarbeiter wurden nicht entlassen, sondern nach Beendigung der Erntearbeit am 20. September freigestellt. Sie sollten nach einer Woche Urlaub wieder kommen, was aber nicht der Fall war. Sie haben auch persönliche Sachen bei uns gelassen, was zeigt, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet wurde. Bis 30 September waren sie bei uns angemeldet, was ja bei einer Entlassung nicht der Fall wäre.

Es gibt über alle Vorgänge Aufzeichnungen und diese werden, wenn es notwendig wird, vorlegt. Es gibt auch lückenlose Arbeitsaufzeichnungen und daraus wird die tatsächliche Arbeitszeit hervorgehen.
Ich bitte um Verständnis, dass wir über die Medien das nicht offen legen können. Das wird Gegenstand der Auseinandersetzung mit der Gewerkschaft sein. Auf Grund der Vorgangsweise ist jedenfalls damit zu rechnen, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht zu vermeiden ist.
Die Vorwürfe der Gewerkschaft bzw. der von ihr vertretenen Mitarbeiter sind derart, dass sie massiv meinen Ruf schädigen können. Ich werde deshalb auch überprüfen, wie ich mich dagegen zur Wehr setze.

Bernhard Höfler, Daniela Meichtry und Xaver Zeilinger (PRO-GE Rechtsschutzsekretär) mit den Brüdern. Sie wollen, aus Angst davor, keinen Job mehr zu bekommen, nicht erkannt werden.
Bernhard Höfler rechnet vor, um wieviel die rumänischen Erntehelfer zu wenig ausbezahlt bekommen hätten: Er kommt auf unglaubliche 56.627,56 Euro.
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