Neue Wege zu mehr Wohlbefinden

Alternative Medizin erfreut sich immer größerer Beliebtheit, trotz fehlender nachgewiesener Wirkung und Konzepten, die sich von jenem der modernen Medizin stark unterscheiden.

SCHLIERBACH (str). Patienten fühlen sich immer öfter wie am Fließband von ihren Ärzten betreut und Maschinen, die aus Einzelteilen bestehen, repariert. Daraus entstand ein großer Trend weg von der Medizin, die an Hochschulen gelehrt wird und allgemein anerkannt ist, hin zu einem unendlich erscheinenden Angebot an alternativen Heilmethoden. Homöopathie, Energietherapien, Aromatherapie, Traditionelle Chinesische und Europäische Medizin und vieles mehr erfreut sich immer größerer Beliebtheit, trotz fehlender nachgewiesener Wirkungen und Konzepten, die sich von jenem der modernen Medizin stark entfernen. Gemeinsam haben sie alle die Idee von einer Ganzheitlichkeit, einer Einheit von Seele, Geist und Körper, und die These, dass Krankheiten Störungen der inneren Harmonie sind. Ebenso legen sie großen Wert auf Früherkennung und Vorsorge und zielen darauf ab die Selbstheilung des Körpers anzuregen. Da für die Ganzheitlichkeit der Behandlung ein genaues Anamnesegespräch notwendig ist, vermuten Experten, dass bereits dieser Unterschied in der anfänglichen Behandlung heilende Wirkung haben kann. Vertreter der "Schulmedizin" kennen ansonsten den alternativen Methoden nur den Placebo-Effekt wirklich zu.

Asiatische Einflüsse

Obwohl es auch europäische Komplementärmedizin (wie die Traditionelle Europäische Medizin) gibt, gelten vor allem Heilungsansätze aus dem Osten als wahre Alternative. Unter Traditioneller Chinesischer Medizin versteht man eine Zusammenfassung unterschiedlicher Lehrmeinungen. Im Laufe der letzten 4000 Jahre entstand so ein komplexes Heilsystem mit Methoden von Akupunktur und Massage (Tuina), über Diätetik und Behandlung mit hauptsächlich pflanzlichen Arzneimitteln bis hin zu Bewegung und Meditation (Taj Chi und Qi Gong). Hinter allen Maßnahmen steht die Idee, dass die Lebensenergie, das Qi, allem Leben, sowohl psychischem als auch physischem, zu Grunde liegt. Krankmachende Faktoren bringen das Gleichgewicht durcheinander und blockieren so den Fluss des Qi entlang der Meridiane. Bisher fehlt es allerdings an groß angelegten und international anerkannten Studien zur TCM, nur bei Erkrankungen wie Knie- oder Rückenschmerzen sind Erfolge nachgewiesen.
Um die Harmonisierung der universellen Lebensenergie geht es bei Reiki. Reiki wurde bereits in der frühen Menschheitsgeschichte angewandt und von Mikao Usui um 1900 in Japan wiederentdeckt. "Durch das Auflegen der Hände auf bestimmte Energiezentren des zu Behandelnden und mit speziellen Symbolen, wird die Reiki-Energie an den Klienten weitergegeben, wobei der Reiki-Praktizierende als Kanal dient", erklärt Gudrun Scharax, diplomierte Mantanka- und Karma-Mantanka-Trainerin. Da Reiki die Selbstheilungskräfte aktiviert, sind die Anwendungsgebiete sehr umfangreich. Durch den Ausgleich des Energieflusses fördert es nicht nur Entspannung und löst energetische Blockaden, sondern kann auch Verspannungen und Schmerzen lindern und das Immunsystem anregen.

Eine gleitende Grenze

Homöopathie gilt als Regulationsbehandlung, sie will mit gezielten Reizen den Körper zur Selbstheilung anregen, dabei nimmt man an, dass Ähnliches Ähnliches heilt und dass die Wirkung umso stärker ist umso höher potenziert der Wirkstoff ist. Doch genau hier setzen Kritiker an, denn die Potenzen bei Globuli als auch bei Schüsslersalzen (die als Weiterentwicklung gesehen werden können) sind so hoch, dass die Wahrscheinlichkeit auch nur ein Molekül der Ausgangssubstanz zu sich zu nehmen annähernd null ist. Auskunft über das Verhältnis geben die Buchstaben D (1:10), C (1:100) und Q/LM (1:50.000), die danachstehenden Ziffern geben an wie oft es zu einer "Streckung" der Ausgangssubstanz gekommen ist. Schüsslersalze gibt es etwa häufig mit der Kombination D3, D6 oder D12 gekennzeichnet, dabei wurde also drei, sechs und zwölf Mal um das zehnfache verdünnt. Als alternative Heilmethode entstanden, müssen Homöopathen in Österreich heute eine schulmedizinische Ausbildung haben. So verschwimmt die Grenze zwischen Schulmedizin und alternativen Heilmethoden zusehends. Viele schulmedizinische Forschungen beschäftigen sich mit Pflanzenwirkstoffen und beispielsweise beinahe die Mehrheit der Krebsmedikamente hat einen planzlichen Ursprung. Doch dabei wird auch deutlich, dass alternative nicht mit schonend Methoden gleichgesetzt werden können. Denn selbst bei Akupunktur und Chiropraktik warnen Ärzte vor Verletzungen.
Experten sehen heute aber durchaus Sinn in der Komplementärmedizin, weisen allerdings darauf hin sie als Ergänzung zu sehen und dabei Medikation und Behandlung "schulmedizinischer" Art unbedingt beizubehalten. Dem stimmt auch Gudrun Scharax zu: "Reiki ersetzt keinen Arzt, keine Medikamente oder verordnete Therapien, es kann aber neben jeder medizinischen oder alternativmedizinischen Behandlung angewandt werden."