Sprungbrett für berufliche Karriere

Die neue Polytechnische Schule Kirchdorf | Foto: Hölzl
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  • Die neue Polytechnische Schule Kirchdorf
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KIRCHDORF (Bruno Hölzl).1978 im sogenannten Kulturhaus als eigenständige Schule (damals noch Polytechnischer Lehrgang) gegründet, ist die Geschichte der Polytechnischen Schule in Kirchdorf, der ich bereits als Gründungsmitglied angehörte, geprägt durch so manche Unsicherheit betreffend den Schulstandort und den Fortbestand dieses Schultyps im österreichischen Schulsystem. Durch den großen Einsatz und das Durchhaltevermögen der Stadtgemeinde Kirchdorf ist es gelungen, nun eine zukunftsweisende Heimstätte für die Polytechnische Schule durch einen Umbau der ehemaligen Brauerei zu errichten.
Seit Beginn des Schuljahres 2014/15 findet der Werkstättenunterricht bereits im neuen Gebäude statt und spätestens mit Beginn des zweiten Halbjahres wird die gesamte Schule übersiedeln. Zwischenzeitlich (von 1997 bis 2014) waren unsere Werkstätten auch im ehemaligen Kinderheim der Stadt Linz in Micheldorf untergebracht.
Als Schule der Sekundarstufe II befindet sich die Polytechnische Schule im Übergangsfeld von Schule zu dualer Berufsausbildung (Lehre). Knapp 80 Prozent der Jugendlichen entscheiden sich nach der Sekundarstufe I für eine berufliche Ausbildung und besuchen eine Polytechnische Schule bzw. eine berufsbildende mittlere oder höhere Schule. Rund die Hälfte dieser Jugendlichen beginnt in der 10. Schulstufe mit einer dualen Berufsausbildung.
Im Österreichischen Schulorganisationsgesetz sind im § 28 die Aufgaben der Polytechnischen Schule wie folgt beschrieben:

„(…) Die Schüler sind je nach Interesse, Neigung, Begabung und Fähigkeit für den Übertritt in Lehre und Berufsschule bestmöglich zu qualifizieren sowie für den Übertritt in weiterführende Schulen zu befähigen (…)“.

Um diese Aufgaben bestmöglich erfüllen zu können, wird zu Schulbeginn eine drei-wöchentliche Berufsorientierungsphase durchgeführt. Während dieser Zeit wechseln die Jugendlichen zwischen den einzelnen Fachbereichen und bekommen Informationen über die verschiedensten Lehrberufe und die dafür notwendigen persönlichen Voraussetzungen. Nach Beendigung dieser Orientierungsphase entscheiden sich die Jugendlichen für den ihren Neigungen, Interessen und Begabungen entsprechenden Fachbereich. Dafür werden an der Polytechnischen Schule/Kirchdorf, an der auch soziale Kompetenz ein Unterrichtsprinzip darstellt, die Bereiche Handel und Büro, Dienstleistungen, Tourismus, Bau, Elektro & Mechatronik, Holz, Metall, Metall & Informationstechnologie und ein Vorbereitungslehrgang KTLA (Kremstaler technische Lehrakademie) angeboten. Fast die Hälfte der wöchentlichen Schulzeit verbringen die Jugendlichen in dem von ihnen gewählten Fachbereich. Zusätzlich arbeiten die Jugendlichen im zweiten Semester einen Tag pro Woche ganztägig in einem Betrieb, der von ihnen selbst ausgewählt werden kann. Permanente Kontakte mit der heimischen Wirtschaft ermöglichen ca. 80 % der Jugendlichen nach Absolvierung der Polytechnischen Schule einen direkten Einstieg in die duale Berufsausbildung. Rund 10 % besuchen weiterführende Schulen und die restlichen 10 % der Jugendlichen finden nicht sofort eine Lehrstelle.

Den Ergebnissen der Forschungen zur (Hoch-)Begabung und Leistungsexzellenz, mit denen ich mich persönlich seit längerer Zeit wissenschaftlich beschäftige, wird auch in der österreichischen Schulgesetzgebung Rechnung getragen. Begabungs- und Begabtenförderung wurde als eine wichtige Aufgabe der Schule erkannt und auch explizit angeführt. Vergleiche dazu die verschiedenen Rundschreiben des BMUKK zu dieser Thematik (z.B.: Nr. 11/2005, Nr. 9/2007, Nr. 15/2009 und Nr. 16/2009). Durch den Lehrplan der Polytechnischen Schule ist es möglich, neben dem kognitiven Bereich auch zu versuchen, die vielfältigen anderen Formen von Intelligenz und Begabungen zu entdecken und zu fördern.

Der Bekanntheitsgrad der Pisa-Studie ist groß und die Ergebnisse und deren Aussagekraft werden kontrovers diskutiert. Was aber ist mit den Ergebnissen der EuroSkills (Berufseuropameisterschaften) und der WordSkills (Berufsweltmeisterschaften)? So konnten z.B. bei den WordSkills 2013 in Leipzig die teilnehmenden österreichischen Jugendlichen elf Medaillen, fünf davon in Gold, erreichen und sich damit als zweitbestes europäisches Land hinter Deutschland behaupten. Ein eindrucksvoller, aber leider wenig beachteter Erfolg der „Klugen Köpfe mit goldenen Händen“ in der dualen Berufsausbildung. Gründe dafür sieht die Schweizer Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm darin, dass berufliche Begabung wenig gesellschaftliche Beachtung und noch viel weniger Forschungsinteresse genießt und unsere Gesellschaft wahrscheinlich davon ausgeht, dass sich begabte junge Menschen nur in Gymnasien und Universitäten finden lassen und daher weit davon entfernt ist, sie in der Berufsbildung zu vermuten oder zu suchen (Stamm et al., 2009, S. 8).
Knapp 40 % der Lehrlinge haben im Vorfeld eine Polytechnische Schule besucht und stellen damit die mit Abstand größte Gruppe dieser Ausbildungsart dar. Durch gezielte Förderung der persönlichen Interessen und Begabungen gelingt es manchen Jugendlichen bereits in der Polytechnischen Schule, bei Berufswettbewerben auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene als Sieger hervorzugehen.

Abschließend wird die Bedeutung der dualen Berufsausbildung und somit auch der Polytechnischen Schule noch mit den neuesten statistischen Daten (2014) belegt:
Erwerbstätigkeit ist nach Lehrlingsausbildung um mehr als 50 % höher als nach Abschluss anderer Bildungswege der Sekundarstufe II (AHS bzw. BMHS).
Deutlich höhere Einstiegsgehälter als bei anderen Bildungswegen der Sekundarstufe II
Mehr als ein Drittel aller Selbstständigen haben als höchste abgeschlossene Ausbildung eine Lehre absolviert
11.061 Jugendliche (Nov. 2013) befinden sich im Projekt „Lehre mit Matura“ (Dornmayr & Löffler, 2014).
Der gesamte Bericht aus dem diese Daten entnommen sind, wurde im Juni 2014 im österreichischen Nationalrat diskutiert.
Diese Fakten wären vielleicht auch für Eltern und Lehrpersonen an anderen Nahtstellen unseres Bildungssystems interessant!

Bruno Hölzl

Verwendete Literatur:
Dornmayr, H. & Löffler, R. (2014). Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2012 – 2013. Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft & Österreichisches Institut für Berufsausbildungsforschung (Hrsg.). Wien: Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.

Stamm, M.; Niederhauser, M. & Müller, R. (2009). Begabung und Leistungsexzellenz in der Berufsbildung. Eine empirische Studie zu den Ausbildungsverläufen besonders befähigter Jugendlicher im Schweizer Berufsbildungssystem. Schlussbericht zuhanden der Berufsbildungsforschung des BBT. http://edudoc.ch/record/35870/files/zu09081.pdf?version=1 [abgefragt am 13.09.2014].

Die neue Polytechnische Schule Kirchdorf | Foto: Hölzl
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