Ein Heimspiel für Thomas Arzt
Der ehrwürdige Lateinprofessor P. Bernhard erklomm in jüngeren Jahren täglich den bewaldeten Hang des Schlierbacher Hausberges, gelegentlich von Schülern des hiesigen Stiftsgymnasiums begleitet. Thomas Arzt, Jahrgang 1983, ist ein Absolvent dieser Klosterschule - mit dem gleichnamigen Theaterstück „Grillenparz“ legte er 2008 den Grundstein für seine beeindruckende Karriere. In Folge kletterte er mit weiteren Werken wie „Alpenvorland“, „Totes Gebirge“, „Werther lieben“ und „Nackter Felsen“ auf steile Gipfel in der internationalen Theaterlandschaft. Sein Erfolg basiert wohl darauf, dass sich der Dramatiker in seinen Volksstücken mit Themen auseinandersetzt, die nahe am Leben sind. Arzt ist ein genauer Beobachter der eigenen Generation: Nach der Matura ziehen viele voller Zukunftspläne vom „Provinznest“ in die Großstadt, alles scheint möglich – trotzdem bleiben das Heimatdorf, der Dialekt, Kindheitserinnerungen und alte Freundschaften im Herzen.
Schattenseiten des Lebens
In seinen Zwanzigern und Dreißigern investiert der Mensch all seine Energie in das Ziel, etwas haben und erreichen zu wollen. Nachdem man „es geschafft hat“ (beruflich etabliert, Haus halb abbezahlt,…), schlittern viele in eine Lebenskrise: Was wenn dieses gutbürgerliche Lebenskonzept gar nicht den eigenen Lebensträumen entspricht, wenn sich die Mittelstandsidylle als trügerisch erweist? Verheißen Vermählung, Monogamie und das Häuschen im Grünen mit Kind und Hund wirklich das alleinige Lebensglück? Aber weil viele mit dem Glaubenssatz „Liebe nur für Leistung und Anpassung“ aufgewachsen sind, erfüllen sie die Erwartungen von anderen und spielen Rollen, um geliebt zu werden. Die Angst vor dem beruflichen Abstieg umklammert den Normalmenschen, das Streben nach materiellen (Schein-)Sicherheiten lässt ihn ein Tagein-tagaus-gleiches-Leben führen. Existenzängste, Depressionen und Burnout sind die Kehrseite der Medaille unserer Leistungsgesellschaft. Diese Gefühlswelten beuteln die Protagonisten in den Stücken des Schlierbacher Autors – gleichzeitig hält er der neoliberalen Gesellschaft einen Spiegel vors Gesicht. Thomas Arzt sieht das Theater auch als einen politischen Ort und hegt die Hoffnung, damit einen Beitrag zur Verbesserung der Welt einzubringen.
Literarische Champions League
Manche Kritiker erinnert sein Stil an Größen wie Arthur Schnitzler, Ödön von Horvath oder Thomas Bernard. Daher handelt es sich beim Heimspiel des Jungstars am 27.8. im Rahmen des Literaturfestival *4553* nicht um ein Match in der Regionalliga, sondern in der Champions League: Er wird am Schlierbacher Fußballplatz satirische Texte über Sport, Politik, Heimat und die Fußballeuropameisterschaft 2016 in die Zuhörerschaft ballern.
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