Der Erste bleibt immer am Ball

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KITZBÜHEL (navi). Wie wird ein talentierter fußballbegeisterter Tormann zum Balletttänzer. Alles, nur nicht freiwillig! In den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts im dörflichen Leopold, nah bei Wien, kommt ein Junge auf die Welt. Im zarten Alter von 7 singt der Schlossersohn an Wochenenden beim Heurigen in Kneipen vor. Zwischen 50 und 70 Schilling verdient er und rettet damit seine 9-köpfige Familie vor dem Verhungern, nachdem sein Vati arbeitslos wird. (Ein Schnitzel und ein Viertel Bier gab es damals für 1 Schilling). Vaters Schwester Risa schafft mit ihrem eisernen Willen den Sprung ins Staatstheater und wird zur berühmten Balletttänzerin Risa Dirtl. Mit ähnlich starkem Willen versucht die kinderlose Ballerina, ihren Neffen nach Wien zu sich ins Theater zu locken, wo die Kost zwar mager, dennoch sicher ist. Sie erklärt dem kleinen Sportfanatiker, dass in jeder Sportart die Ballettbewegungen vorkommen und dass man beim Tanzen lernen auch seinen Körper zu beherrschen lernt.

So fängt der 9-jährige Willy gegen seinen Willen mit dem Tanzen an, und dank seinem Talent so gut, dass er in Kürze offiziell in die Theatertruppe mit einm Gehalt von 250 Schilling angestellt wird. In der Hauptschule ist er ein seltener Gast. Eine persönlich von Kulturminister Goebbels unterschriebene Erlaubnis befreit ihn vom Schulunterricht für die Proben und Theatervorstellungen. Willys einzige Liebe treibt ihn regelmäßig zu Fuß von Wien nach Leopold (12 km): ihr Name ist Fußball! Mit 16 holt er mit seiner Fußballmannschaft den Landesmeistertitel, und Rapid Wien will ihn unter Vertrag nehmen, mit 1.200 Schilling im Monat. Mit viel Geschick gelingt es aber seiner Theater-Chefin Erika Hanke, den jungen Mann für den Tänzerjob in der Staatsoper zu gewinnen.

Mit 19 Jahren "Erster"

Bereits mit 19 wird das fleißige Talent zum Solo- und mit 20 Jahren zum ersten Tänzer der Wiener Staatsoper ernannt. Sein Leben wird zur „NON-STOP-Fouetté“ mit Weltstars auf der Bühne und Staatspolitikern „after Show“. „Bei bedeutenden Staatsbesuchern gab es in Österreich schon immer eine Tradition, die honorigen Gäste in die Oper zu führen und nach der Vorstellung die Primaballerina und den ersten Tänzer persönlich vorzustellen. So dürfte ich die Hand der schönen Jacky Kennedy „küssen“ und den Nikita Chruschtschow persönlich begrüssen“ erinnert sich Willy gerne an diese Zeit. „Ich tanzte bis zu 48 Vorstellungen pro Saison und nach deren Ende in der so genannten „Urlaubszeit“ war unser Theater auf Tourneen. Ich habe viele schöne Städte gesehen, allerdings aus dem Autobusfenster“, schmunzelt Herr Dirtl.

Im Film erfolgreich

Sie haben auch bei vielen Filmproduktionen mitgewirkt und getanzt, wo lag der Unterschied zwischen der Bühne und der Kamera, was hat Sie mehr erfüllt? „Der Unterschied war nur die Gage, als Erster in der Staatsoper verdiente ich irgendwann um die 8.000 Schilling im Monat, zu einem Drehtag mit Peter Alexander wurde ich und meine Frau mit einem Flieger abgeholt, im schönsten Berliner Hotel untergebracht und mit 10.000 DM kam ich wieder zurück nach Wien“, so der Künstler. „Erfüllt hat mich in meinem ganzen Leben nur Fußball. Das Ballett war für mich nur ein Job, der mir gut gelang und in dem ich es weit gebracht habe“, öffnet sich plötzlich Willy. Bei den Dreharbeiten von „Olympia“ mit Sofia Loren wollte die schöne Diva eines Abends nach der Arbeit mit Willy ausgehen, um Wien bei Nacht zu erleben. Ihr Gatte sagte „Si“, doch ihr Manager war dagegen und die schöne Drehkollegin musste im Hotel bleiben.

„Jahre später hatte ich ein lukratives Angebot aus Hollywood beinahe unterzeichnet. Man wollte mich für 7 Jahre vertraglich für hochkarätige Rollen binden, ich sagte nein, da ich nicht wollte, dass mein Manager mehr in meinem Leben zu sagen hat als ich“, so Dirtl “Als ich um die Hand meiner Frau Erika bat, reagierte ihr Vater, Automobilindustrieller, mit der Frage: „Was sollen wir mit einem Kaschperl in der Familie, wer soll später das Geschäft weiterführen?!“ Ich machte mit ihm einen Deal: Er durfte seiner Tochter keinen Groschen Mitgift geben und sie niemals finanziell unterstützen. Dafür würde ich, wenn die Zeit kommt, das Geschäft seines Lebens übernehmen“, erzählt der inzwischen Besitzer eines Automechaniker-Meisterbriefes gewordene Dirtl.

Businessman

So wurde der Bühnenstar zu einem erfolgreichen Geschäftsmann mit über 180 Mitarbeitern unter seiner Führung. Seit über 20 Jahren leben Sie in Tirol, warum? „Zum ersten Mal haben wir Kitzbühel 1967 zum Skifahren für uns entdeckt und es war Liebe auf den ersten Blick, die bis heute andauert. Dieses Naturparadies und viele gute Freunde, die ich hier habe, geben mir die Kraft und machen mein Leben lebenswert, trotz des tragischen Verlustes meiner älteren Tochter, und später meiner Frau bei einem Autounfall in den USA. Ich bin ein begeisterter Jäger, bin viel in der Natur und wüsste keine Ecke auf der Erde, wo ich mich wohler fühlen könnte, als hier.“ Haben Sie noch offene Wünsche? „ Ich wünsche mir ein weiteres Leben, in dem ich im Tor stehen kann!“

Fotos: Schilling, Internet (1), Kunsthistorisches Museum Wien

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