,Lehrer-Exilanten‘ retten die Schulen
Kärntens oberster Lehrer Walter Ebner übers Fünfer-Chaos und Lehrermangel.
WOCHE: Kärnten ist zwar reformfreudiger als andere Länder, die zersplitterte und aufgeblähte Schulverwaltung ist auch uns geblieben.
EBNER: Es waren die Kärntner, die gesagt haben, es ist völlig egal, ob diese der Bund oder das Land übernimmt. Niederösterreich will alle Schulen in der Landesverwaltung haben.
Hielten Sie das für klug?
Nein, es ist nicht sinnvoll. Wir brauchen ein System mit einer Verantwortung – bei einem Staat mit acht Millionen Einwohnern ist klar, dass wir ein gemeinsames Bildungssystem und nicht neun verschiedene brauchen.
Das sieht man bei dem skurrilen Streit um die Fünfer.
Ja, alle neun Landesschulräte handeln unterschiedlich, obwohl es ein und dasselbe Thema ist: Die neue Reifeprüfung braucht ein neues Leistungsbeurteilungssystem.
Es geht ja darum, wie hoch die Anforderungen an Oberstufen-Schularbeiten sind.
Die Lehrer wurden vom Bundesinstitut Bifie beraten – das Niveau für eine positive Leistungsbeurteilung bei Schularbeiten sollte 60 % betragen.
Haben diese neue Regel auch Sie empfohlen?
Nein, eben nicht – sondern Bifie hat diese Empfehlung ausgesprochen und die Kollegen haben die 60-%-Empfehlung auf die Schularbeiten übertragen. Sie haben damit einen Fehler gemacht – denn dieser Schlüssel ist nur für die Zentralmatura vorgesehen.
Plötzlich gab es viel mehr „Nicht Genügend“?
Wir haben nicht gewusst warum. Dabei war der Beurteilungsschlüssel erhöht!
Sie sind dagegen?
Ich halte nichts von solchen Umrechnungen. Der fehlerzentrierte Unterricht, eine zentrale Kritik am Bildungssystem, wird so nur fortgeschrieben.
Wie groß ist das Problem?
Für das laufende Schuljahr ist es überhaupt kein Problem. Die Schüler haben das Recht auf Transparenz der Leistungsbeurteilung. Die 60-%-Regel darf nicht angewandt werden.
Ihre persönliche Meinung?
Die Zentralmatura ist nicht in Gefahr, es darf aber keine weiteren Verzögerungen geben.
Stichwort PISA: Warum sind die Österreicher schlechter?
Der Schreck ist uns noch zu wenig in die Knochen gefahren. Die anderen Schulsysteme bereiten ihre Schüler besser auf solche Prüfungen vor. Unsere Schüler werden nicht auf dieses Testsystem eingestellt. International werden Kompetenzen und nicht Faktenwissen abgefragt. Ich bin aber überzeugt, dass für die Schüler die Umstellung schaffbar ist.
In vielen Ländern wird über Lehrermangel geklagt – in Kärnten nicht?
Nein, wir haben keinen Lehrermangel! Außer in bestimmten Gegenständen wie Mathematik und Physik, weil das zu wenige studieren.
Es rollt eine Pensionswelle?
Wir rechnen damit, dass aufgrund neuer Pensionsregelungen ein Drittel unserer 2.900 Bundeslehrer in Kärnten bis 2015 in Pension geht.
Wie geht sich das aus?
Wir haben viele Kärntner Lehrer, die aus der Steiermark, Salzburg und Niederösterreich zurückkehren. Das verschärft das Problem für die anderen Länder weiter, hilft uns aber. Wir hatten letztes Jahr 80
Versetzungsansuchen und 120 Anfragen von Kärntnern aus anderen Ländern.
Zur Sache - Der Präsident schafft sich ab:
Ebner über Bildungsexperten Bernd Schilcher: „Herr Schilcher, Sie waren lange auf führender Ebene in der Bildungspolitik und sind dort nicht weitergekommen – geben Sie Ihrer eigenen Partei, der ÖVP, einen Fünfer!“
Ebner zur Reform: „Ich bin angetreten, die Position des Präsidenten, Vizepräsidenten, das Kollegium des Landes- und Bezirksschulrates abzuschaffen. Ein Überbleibsel aus dem Parteienproporz.“
Autor: Uwe Sommersguter
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