Forst der eigenen "Tochter" verpachtet

"Es geht nicht nur um den Wald, sondern auch um die Trinkwasserquellen im Kaisertal", meint Robert Wehr.
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  • "Es geht nicht nur um den Wald, sondern auch um die Trinkwasserquellen im Kaisertal", meint Robert Wehr.
  • hochgeladen von Sebastian Noggler

KUFSTEIN (nos). Die Stadtgemeinde Kufstein ist der zweitgrößte Waldbesitzer in Tirol. Auslagerung ihrer Forst-Abteilung an die Stadtwerke GmbH führte zu einer Aufsichtsbeschwerde von Robert Wehr, ÖGB Regionalsekretär Unterland, und Gemeinderatsmitglied der vergangenen Legislaturperiode.

3.200 Hektar Wald, Almen und Brachflächen stehen im Besitz der Festungsstadt, davon liegen 2.500 Hektar im Kaisertal – verteilt auf die Gemeinden Ebbs, Walchsee und Kufstein. Die weiteren 700 Hektar liegen am Thierberg, teilweise im Gemeindegebiet von Thiersee, oder im Stadtgebiet, etwa am Zellerberg. "Rund 250 bis 300 Hektar davon werden derzeit wirklich bewirtschaftet", weiß Robert Wehr. "Das ist der Wirtschaftswald-Anteil", stimmt Stadtwerke-Geschäftsführer Markus Atzl zu, "aber auch aus den anderen Flächen wird immer wieder, wo es notwendig ist, Holz entnommen."

Forstarbeiter "ausleihen"

Wehr kritisiert, dass mit der Auslagerung der Abteilung inklusive ihrer fünf Forstarbeiter, drei Fixangestellte und zwei Saisoniers, und dem Verkauf des Forstbauhofs mit dem dazugehörigen Maschinenpark rein "das Prestigeprojekt Kulturquartier mitfinanziert" werden sollte, damit das Gemeindebudget ausgeglichen bleibe. Dieser Ansicht stimmt auch Atzl zu.
Zudem meint Wehr:

"Wir entsorgen mit der Übernahme unser eigenes Personal."

Davon sei laut Atzl keine Rede. Seit dem 1. Februar steht ein Förster in Diensten der Stadtwerke. Markus Oberbichler war zuvor bei den Österreichischen Bundesforsten beschäftigt, er lernte in den vergangenen Wochen bereits sein zukünftiges Revier kennen. "Wir haben uns auch bereits mit den Forstarbeitern getroffen. Die waren anfangs sehr skeptisch aber nach dem Gespräch, in dem wir unsere Pläne darlegten, war die Stimmung sehr gut", meint Oberbichler. Die Vertragsbediensteten der Stadt würden "von den Stadtwerken sozusagen ausgeliehen", erklärt Atzl. Allfällige Nachbesetzungen würden dann aber jedenfalls über die Stadtwerke geschehen, "so wie wir es auch damals bei der Ausgliederung der Stadtwerke in eine eigenständige GmbH gemacht haben". Der aktuelle Stadtförster und Abteilungsleiter des Forstbauhofs, Helmut Schwentner, gehe mit 31. März in den Ruhestand, dann soll sich Oberbichler um den Wald der Stadt kümmern, so Atzl.

"Die Waldaufsicht und die weiteren hoheitlichen Aufgaben bleiben freilich bei der Stadt"

, erklärt der Stadtwerke-Chef, sein Unternehmen werde die Forstflächen ohnehin nur pachten – bis auf den Forstbauhof, der wird gekauft. "Das läuft unabhängig von der Verlagerung der Abteilung", meint Atzl, "wir haben ein Angebot für diese Liegenschaft samt Maschinen sowie die Tal- und Mittelstation des Kaiserlifts gelegt". "Außerdem sehen wir uns sowieso nur als Geschäftsbereich der Stadt Kufstein", weist Markus Atzl darauf hin, dass der Gemeinderat zugleich die Generalversammlung seines Unternehmens darstellt. "Unser Ziel ist diese Liegenschaften zu bewirtschaften", erklärt er.

Wie wirtschaftlich ist der Forst?

Beim Kufsteiner Forstertrag scheiden sich die Geister. "Im Gemeinderat wird seit Jahren behauptet, die Abteilung koste uns jährlich 300.000 Euro, das stimmt aber so nicht", meint Robert Wehr. Über Jahre hinweg seien etwa Einnahmen aus Grundstücksverkäufen an der Kostenstelle vorbei ins Budget geflossen, obwohl sie über den Forst hätten verbucht werden müssen. So marod wie oft dargestellt, sei die Abteilung nicht. Zudem sieht Wehr den Einfluss der Stadtwerke auf die Trinkwasserquellen im Kaisertal zusätzlich vergrößert und warnt vor "unabsehbaren Folgen".
"Manche sehen im Wald und Forst der Stadt einen Selbstbedienungsladen", kritisiert ein Insider, "da werden Tauschgeschäfte gemacht. Anstatt sauberer und sinnvoller Grundverkäufe, etwa am Rand des städtischen Besitzes, werden Flecken mitten drin veräußert. In den letzten fünf bis sechs Jahren wurde in Kufstein nur Schadholz aufgearbeitet." Von 4.500 Festmetern Einschlag jährlich erzählt der Insider und weiß, dass "nur fünf oder sechs Leute den Holzpreis in der EU" festlegen. Diese bestimmen den "Rundholzpreisindex" (RUPI). Der neue Förster Markus Oberbichler jedenfalls glaubt, dass man in Zukunft bessere Erträge erzielen könne. Er schielt, basierend auf Erfahrungen im Bezirk Kitzbühel, auf Käufer, die beim Tischler Stücke in Auftrag geben und einen "besonderen" Herkunftsnachweis für das Holz wollen: "Die kommen dann und wollen ein Foto vom Baum oder vom Waldstück, aus dem ihr Kasten oder ihre Stube werden soll. Dafür sind sie bereit, weit tiefer in die Tasche zu greifen."

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