Zur „Walz“ aufgebrochen
ANGERBERG. Die 23-jährige Spenglerin und Glaserin Selina Neubauer erfüllte sich einen schon länger gehegten Traum. Sie ging am 7. März auf die „Walz“ und machte sich auf, drei Jahre lang zu „tippeln“. Währenddessen darf sie sich ihrer Heimatgemeinde Angerberg auf höchstens 50 Kilometer nähern. Damit das von der „Tippelbruderschaft“ kontrolliert werden kann, führt sie ein Wanderbuch mit, in dem ihre Stationen vermerkt werden – inklusive Stempel von Gemeinde und Betrieb.
Am Samstag, dem 5. März, wurde eine Verabschiedungsfeier mit Familie, Freunden und den „Tippelbrüdern“ beim „Wastlhof“, veranstaltet, am folgenden Montag musste sie sich im Gemeindeamt abmelden, bevor es im Fußmarsch zur Ortstafel ging, die sie dem Brauch gemäß übersteigen muss.
Die Handwerkerin darf nun frühestens nach drei Jahren und einem Tag zurück kommen.
Der alte Handwerkerbrauch beschreibt das berufliche Wandern der Gesellen nach Abschluss ihrer Lehrzeit von Betrieb zu Betrieb. Diese „Wanderjahre“ waren vom Spätmittelalter bis hinein in die Zeit der Industrialisierung Voraussetzung für eine Meisterprüfung. Auf ihren Reisen sollten sie alternative Techniken und Arbeitsmethoden erlernen und so ihr Gewerk nach ihrer Rückkehr zu Hause bereichern. Die „Wandergesellen“ haben je nach Zunft eine ganz bestimmte Kleidung und müssen sich den jeweiligen Regeln beugen.
Dass nur Zimmerer auf der Walz wären, ist ein Trugschluss. Der wird dadurch verstärkt, dass auch Gesellen anderer Gewerke die typische schwarze Kluft mit dem kragenlosen weißen Hemd tragen. Tischler, Dachdecker, Bootsbauer, Holzbildhauer, Buchbinder, Schneider, Instrumentenbauer und viele weitere Zünfte kennen die Walz.
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