Warum kümmert ein "Brexit" den Bezirk Kufstein?

In Großbritannien gelten seit jeher kleine, feine Unterschiede im Vergleich zu Kontinentaleuropa. | Foto: mev.de
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BEZIRK (nos). "Da sieht man was passieren kann, wenn man das Volk über ein so brisantes Thema abstimmen lässt", meint Kufsteins Wirtschaftskammer-Obmann Martin Hirner mit Blick auf das Ergebnis des Britischen Referendums über einen möglichen Austritt aus der Europäischen Union. Er befürchtet, dass bei weiteren Kursverlusten des britischen Pfund unter anderem der Tourismus im Bezirk leiden werde, da Urlaub in Österreich unter Umständen für Briten nicht mehr leistbar werden könne. "Wir werden bei dieser schwierigen Materie wohl noch Überraschungen erleben", glaubt Hirner, denn ein Austrittsszenario ist für die Union komplettes Neuland. Nun müsse die Union reagieren, handeln und auf Kurs bleiben, sonst könnte sie scheitern.

"Wenn es zu einem Brexit kommen sollte, würden die Auswirkungen für VIKING und für viele andere Betriebe davon abhängen, ob in Großbritannien neue Zölle oder geänderte Normungen eingeführt werden würden", analysiert VIKING-Geschäftsführer Peter Pretzsch die neue Situation. Großbritannien ist der fünftstärkste Markt für den Gartengerätehersteller aus Schaftenau, der 98 Prozent seiner Produkte außerhalb Österreichs verkauft.

Stefan Pühringer, Geschäftsführer des TVB Kufsteinerland, ist weniger besorgt: "Wir haben sehr wenig britische Nächtigungen in unserer Region, uns wird das nicht so treffen. Wir sind von diesem Markt nicht abhängig. Ich denke, dass der Schengenraum davon vielleicht nicht so sehr betroffen sein wird, mit der Schweiz gibt es ja auch Vereinbarungen. Wirtschaftliche Auswirkungen wird es auf Österreich sicher haben – aber eher bezogen auf die Währungskurse. Ich denke bezüglich Einreisebestimmungen wird man hier EU-freundliche Lösungen finden."

"Natürlich ist der Brexit ein Unsicherheitsfaktor. Es kommt vor allem darauf an wie die großen Reiseveranstalter mit ihren Charterverbindungen drauf reagieren und welche Hürden ihnen die EU in den nächsten Jahren aufbaut. Ich persönlich glaube weder an einen Kaufkraftverlust der Briten in spürbarem Ausmaß noch eine Änderung ihrer Reisegewohnheiten. Größte Unsicherheit ist sicher der Wechselkurs Euro:Pfund. Wie man am nicht EU-Land Schweiz sieht, kann das aber auch ein Chance sein. Fazit: Verschlechterung nein, Veränderung ja…und die gilt es zu nützen!", resümmiert Lukas Krösslhuber, GF TVB Wilder Kaiser.

"Grundsätzlich sehe ich den Brexit als verlorene Chance, die Beziehungen zwischen Großbritannien und der restlichen EU zu verbessern. Statt enger zusammenzuwachsen setzt man auf Trennung. Wie bei einer Scheidung, wird es dadurch sicher Verlierer geben. Aus der Sicht des Tourismus stürzten schon mal die Aktien der meisten börsennotierten touristischen Betriebe wie Thomas Cook, TUI, div. Airlines etc. ziemlich ab. Der Pfund verlor an Wert und somit werden Auslandsreisen empfindlich teurer. Bleibt der Pfund so schwach, wird sich das sicher negativ bei den Ankünften auswirken", fürchtet Markus Kofler, GF des TVB "Alpbachtal Seenland Tourismus". "Im Alpbachtal Seenland liegt Großbritannien in der Nationenstatistik mit mehr als 60.000 Übernachtungen an vierter Stelle, im Winter sogar an dritter Stelle. Da wir speziell in Alpbach sehr viele britische Individualtouristen mit einer starken Bindung an den Ort und die Unterkunftsgeber haben, haben wir die Hoffnung, dass sich der Gästeschwund in Grenzen hält. Ich wünsche mir, dass der Brexit so rasch wie möglich mit Fakten zum EU-Austritt untermauert wird. Je länger die Unsicherheit vorherrscht, desto schwieriger ist die Lage für jeden Einzelnen einzuschätzen, und das Sicherheitsdenken wird so oder so immer wichtiger. Den Markt Großbritannien werden wir aber sicher auch in Zukunft weiter bearbeiten", so Kofler.

„Das volle Ausmaß der Konsequenzen des Brexit wird sich letztlich erst dann zeigen, wenn alle nun notwendig gewordenen Verhandlungen abgeschlossen sind und gleichzeitig die EU entsprechend schnell und richtig gegensteuert. Auch negative, weil global bedingte Spätfolgen sind heute schon absehbar. Die ersten unangenehmen Folgen werden wir aber schon bald zu spüren bekommen – darauf müssen wir vorbereitet sein“, so Tirols WK-Präsident Jürgen Bodenseer.

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