Photovoltaik-Sonnenblume liefert Strom und vor allem Daten

Studiengangsleiter Georg Konrad und die beiden Sponsoren, Reinhard Jennewein und Markus Atzl (v.l.).
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  • Studiengangsleiter Georg Konrad und die beiden Sponsoren, Reinhard Jennewein und Markus Atzl (v.l.).
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KUFSTEIN (nos). Schon seit geraumer Zeit steht sie im Stadtpark, am Freitag, dem 22. April wurde sie "offiziell" in den Dienst versetzt – die "Smartflower" der Fachhochschule Kufstein Tirol.
Als Studienobjekt für die Studierenden der "Europäischen Energiewirtschaft" soll sie sozusagen Photovoltaik zum Anfassen bereitstellen: Die Solarstromblume liefert auswert- und interpretierbare Daten, Verständnis um die zugrundeliegende Technologie, Bewusstsein für erneuerbare Energien und nicht zuletzt auch Strom.

Studiengangsleiter Georg Konrad stellte "seine" Smartflower vor und erklärte die technischen Details sowie die Ziele, die er mit seinen Studierenden und der markanten Blume verfolgen möchte. Primär im Fokus des Lehrenden steht die Datenerhebung durch die diversen Messstellen in und an der Smartflower. So bekommen die Energiewirtschafter ein Füllhorn an Zahlen, die sie verarbeiten und interpretieren können. Auch die Leistung der Smartflower selbst lässt sich damit optimieren, so Konrad.

Eine fünf Meter hohe Solaranlage

Die Smartflower wird im burgenländischen Güssing produziert, die Wörgler Stadtwerke sind Verkaufspartner für Westösterreich – auch deshalb steht eine Smartflower bereits seit einigen Jahren in Wörgl.
Die Nennleistung beträgt 2,31 Kilowatt Spitze, für Kufstein rechnen die Energiewirtschafter mit einem Ertrag von rund 3.000 Kilowattstunden pro Jahr, das sind etwa 0,5 Prozent des Stromverbrauchs der Fachhochschule.
Die Form der Smartflower geht auf zwei Prinzipien zurück: Einerseits kann sie computergestützt ihre "Sonnensegel" über zwei Achsen dem aktuellen Sonnenstand anpassen und so die maximale Ausbeute erreichen. Andererseits soll sie auffallen und damit Bewusstsein für Solarenergie schaffen. "Eine PV-Anlage am Dach sieht man eben nicht", hält Konrad fest. Preislich sei die Blume zwar marginal teurer als eine herkömmliche Anlage ähnlicher Leistung, der Wahrnehmungseffekt ist aber ein anderer.
Zudem bekommt die Anlage ringsum eine Menge verschiedener Messsensoren, die weitere belastbare Daten für die Studierenden sammeln sollen und die Effizienz der Anlage verbessern. Derzeit wird die Neigung zur Sonne von einem Computerprogramm basierend auf der Tageszeit und dem Standort berechnet. Durch die Auswertung der Sensorendaten könnten noch ein paar Prozent Leistung mehr erzielt werden. Durch die Sonnenstandsneigung kann die Anlage rund 30 bis 40 Prozent mehr Energie erwirtschaften, als eine "starre", so Konrad.
Bis zum Präsentationstag konnten allerdings noch nicht viele Daten gesammelt werden, die Vernetzung an die hauseigene EDV gelang erst am Vortag.

Die Finanzierung der, ohne die Grabungsarbeiten und weitere Sensorik, rund 14.500 Euro teuren Anlage übernahmen zu 60 Prozent die beiden Sponsoren, die Stadtwerke von Kufstein und Wörgl. Einen "Solidaritätstausender" bezahle die FH, so Konrad, die restliche Summe werde durch die Solarstromausbeute der kommenden Jahre gedeckt.

Kufsteins Stadtwerke-GF Markus Atzl unterstrich den Ausbau der städtischen Photovoltaikanlagen, nachdem ein Ausbau der bestehenden Kleinwasserkraftwerke nicht mehr möglich sei. Drei solcher Anlagen betreiben die Stadtwerke bereits: am eigenen Gebäude und am Fernheizwerk sowie an der Neuen Mittelschule. Folgen sollen Anlagen am Zubau der Stadtwerke-Zentrale und am Stadt-Kindergarten. Die Stadtgemeinde plant weiters eine Solaranlage am Altenwohnheim Zell und am dach der Feuerwehr. Sein Unternehmen unterstütze das Projekt, da es anwendbare Ergebnisse liefern werde.
Reinhard Jennewein, GF der Wörgler Stadtwerke, stört etwas an der Diskussion um erneuerbare Energien: "Alle reden vom Strom, aber Energie bedeutet auch Wärme!" Er strich das Projekt "Wörgl 2020" hervor, denn: "Wenn wir das schaffen, leisten wir in Wörgl einen großen Beitrag zum Tiroler Ziel 2050." Er forderte eine Verstärkung der Schnittstellen und Kooperationen mit Start-Ups und Hochschulen.

"Ich bin froh wenn es andere Blumen gibt im öffentlichen Raum, wie in Wörgl, um das Bewusstsein für erneuerbare Energien zu stärken."

Und Jennewein sieht "Handlungsbedarf bei einer Wärmeschiene im Unterland", was er gleich bei Landtagspräsident Herwig van Staa deponierte.
Auch der war zum offiziellen Sonnenblumenstart war nach Kufstein gekommen und sorgte in seinen Ausführungen für einen leichten Schockmoment für den Geschäftsführer der Kufsteiner Stadtwerke Markus Atzl.

"Die größte Fehlentscheidung der letzten Jahre""

In seiner sowohl ernsthaften als auch launigen Ansprache meinte van Staa, dass so manche Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien nicht sonderlich zielführend gewesen seien, wie er aus seiner "Zeit als Landeshauptmann noch weiß". "Die größte Fehlentscheidung der letzten Jahre" sei die Investition in Biomasseheizwerke gewesen, so der Landtagspräsident, "das wird bei euch gleich sein wie bei der TIWAG und den IKB".

"Oder etwa nicht, Herr Geschäftsführer, wieviel Minus machma bei Hackschnitzeln?"

Atzl versuchte zu retten, man bilanziere dort ausgeglichen. Doch van Staa hakte nach, fragte: "Ahja? Seit wann?" – "Seit zwei Jahren", gab Atzl eher kleinlaut retour. Der Landtagspräsident gab sich auch damit nicht zufrieden und meinte, er wolle sich "die Bilanzen ganz genau ansehen".

"Wir haben großartig geführte Stadtwerke in Tirol, aber man muss auch ehrlich sein und alles auf den Tisch legen!"

Dass für van Staa erneuerbare Energie zuallererst Wasserkraft bedeutet – "daran führt kein Weg vorbei" – ließ er wenig Zweifel. Auch nicht an seinem Unmut darüber, dass es "bei uns zehn Bürgerinitiativen" gäbe, "die jedes Großkraftwerk verhindern wollen", in Vorarlberg aber nicht.

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