Flüchtlinge zwischen Leitkultur und Obergrenzen
Noch vor dem Sommer soll in Bayern ein Integrationsgesetz verabschiedet werden. Darin wird festgeschrieben sein, dass es für all jene Flüchtlinge Kürzungen der Sozialleistungen gibt, die keine Integrations- und Sprachkurse absolvieren. Am Dienstag besuchte eine oberösterreichische Delegation, angeführt von Landeshauptmann-Stellvertreter Thomas Stelzer, hochrangige CSU-Politiker in München.
MÜNCHEN/LINZ. Bei der CSU werden politische Positionen sehr deutlich formuliert: Pro Grenzkontrollen. Obergrenze für Flüchtlinge. Rückführung der Flüchtlinge nach Ende der Kriegshandlungen in den Heimatländern. Sanktionen für die, die sich nicht an die "christlich-jüdisch-abendländische Leitkultur" halten. "Alles ist immer eine Frage der Motivation", sagt Thomas Kreuzer, der Fraktionsobmann der CSU im Bayrischen Landtag.
"Es reicht nicht, sich nur an die Gesetze zu halten"
Trotz des schärferen Tons sind die Grundpositionen zwischen Oberösterreich und Bayern sehr ähnliche. Während im Land ob der Enns über die Kürzung der Mindestsicherung und einen Integrationsbonus diskutiert wird, spricht man in Bayern über ein "Integrationsgesetz", das bis zum Sommer verabschiedet werden soll. Bayern will vor allem mit finanziellen Mitteln erreichen, dass Flüchtlinge "nicht neben uns oder sogar gegen uns leben, sondern mit uns." So erklärt Andreas Scheuer, Generalsekretär der CSU, den Gesetzesvorschlag. Darüber hinaus strebt man an, eine "christlich-jüdisch-abendländische" Leitkultur in der Bayrischen Landesverfassung zu verankern. "Die Leitkultur hat auch Werte, die nicht juristisch gebunden sind. Leitkultur ist mehr als das Grundgesetz, es hat etwas mit Alltagskultur zu tun. Es ist nicht ausreichend, dass sich jemand ausschließlich an das Gesetz hält", erklärt Fraktionsobmann Kreuzer. Jemand, der in Bayern bleiben wolle, müsse auch "Bayrische und Deutsche Interessen vertreten."
"Leistungsbereitschaft, Entscheidungsfreiheit, Eigenverantwortung"
Landeshauptmann-Stellvertreter und Bildungsreferent Thomas Stelzer (ÖVP) fordert eine solche Wertedebatte auch in Oberösterreich. "Alleine der Gesprächsprozess ist ein Gewinn. Das Ziel muss sein, dass wir uns bewusstmachen: Was hält uns zusammen?" Ob am Ende des Prozesses dann ebenfalls ein Gesetz stehen soll, lässt Stelzer noch offen. Leistungsbereitschaft, Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung nennt der ÖVP-Politiker als drei für ihn entscheidene Werte.
Zwist mit Berlin: Auch Bayern wollen eine Obergrenze
"Bayern ist für eine Obergrenze bei der Zuwanderung. Wir fordern eine Grenze von 200.000 für ganz Deutschland." Das sei ein Differenzpunkt zwischen Berlin und München, da sich die deutsche Bundesregierung bisher nur für eine deutliche Reduzierung der Flüchtlingszahl ausgesprochen hat. "Ein Sozialstaat funktioniert nur mit einer Zuwanderungsbegrenzung", sagt Kreuzer. Daher gebe es auch eine Prämisse der Rückführung, wenn der Krieg in den Heimatländern der Flüchtlinge wieder vorbei sei. Stelzer stimmt dem zu: "Ich würde es auch so sehen, dass die Flüchtlinge wieder heimgehen sollen, wenn der Krieg vorbei ist."
Bei den Grenzkontrollen, sagt die CSU Rückendeckung zu: "Eine Abschaffung der Grenzkontrollen ist ein völlig falsches Signal in die Welt", sagt CSU-Generalsekretär Scheuer. Würde man sie abschaffen, werde man "einiges erleben".
"Nur elf Prozent für deutschen Arbeitsmarkt qualifiziert"
Insgesamt hat der Freistaat Bayern ein gewaltiges Integrationsprogramm in den vergangnen Monaten etabliert. Alleine in den letzten beiden Jahren wurden 4,5 Milliarden Euro in die Migrationsbewegung investiert. 1700 Lehrer wurden engagiert. Sie arbeiten in den Schulen zur besseren Sprachförderung und Integration der Migrantenkinder. In Ballungszentren funktioniert das auch über Integrationsklassen – dort werden die Flüchtlingskinder getrennt unterrichtet, bis sie so gut deutsch sprechen, dass sie dem Regelunterricht folgen können. Eine sehr große Herausforderung sei, dass nur 11 Prozent der Migranten für den deutschen Arbeitsmarkt qualifiziert seien, berichtet Scheuer.
"Müssen in die Leute investieren"
Gerade dieses Thema ist für Thomas Stelzer als Bildungsreferent besonders brisant. "Wenn wir wollen, dass diese Leute zu Arbeit kommen, werden wir investieren müssen", kündigt er an. "Auch in Oberösterreich haben viele, die zu uns kommen, keine geeignete Qualifikation." Die Höhe der Investitionen, die das Land OÖ künftig für die Bildung von Migranten aufwenden wird, kann Stelzer noch nicht beziffern.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.