Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer: "Wir dürfen den ländlichen Raum nicht aufgeben!"

Gemeindebundpräsident Mödlhammer (re.) im Gespräch mit Chefredakteur Unterhuber: "Der ländliche Raum hat eine Zukunft." | Foto: Sabine Miesgang
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  • Gemeindebundpräsident Mödlhammer (re.) im Gespräch mit Chefredakteur Unterhuber: "Der ländliche Raum hat eine Zukunft."
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Alle sprechen von Urbanisierung. Hat das Leben auf dem Land noch eine Zukunft?
HELMUT MÖDLHAMMER: Derzeit geht der Trend in die zentralen Räume, wo man Arbeit und Wohnungen findet. Aber ich glaube, es gibt eine Chance für den ländlichen Raum. Umfragen zeigen, dass Menschen wieder in Räume ziehen wollen, wo sie nicht nur Wohnungen sondern auch Ruhe und Gemeinschaft finden.

Also?
Durchtauchen. Wir dürfen diese Räume nicht aufgeben. Wir müssen sie aufwerten. Und da spielt nicht nur die Wirtschaftlichkeit eine Rolle, sondern auch die Lebensqualität.

Aber können wir uns den ländlichen Raum noch leisten?
Der ländliche Raum ist wesentlich günstiger als Zentralräume. Weil die Gemeinschaft funktioniert und weil unheimlich viel an Eigenleistung geboten wird. Wir wissen auch, dass diese kleinen Einheiten wirtschaftlich viel effizienter und potenter sind als größere unüberschaubare Einheiten.

Wie das?
Die kleinen Gemeinden leben von einem enormen Bürger-Engagement. Da sagen die Leute noch „Wir beteiligen uns!“ Je schwieriger die Situation in Österreich wird, desto mehr brauchen wir die Menschen wieder, die sagen: „Ich beteilige mich und ich übernehme einen Teil der Verantwortung.“ Diese Beteiligung ist das Geheimrezept, warum die kleinen Einheiten so gut funktionieren.

Thema Infrastruktur: Ohne Investitionen kein ländlicher Raum, oder?
Man muss investieren, keine Frage. Ich glaube, dass diese Investition aber gut angelegt ist.

Ihr Hebel dazu ist der Finanzausgleich?
Richtig. Wir müssen schauen, dass hier wirklich nicht nur die Sonderaufgaben der Zentralräume berücksichtigt werden. Es muss auch die Erholungsfunktion irgendwann einmal einen Wert haben. Sonst fährt man irgendwann am Wochenende aufs Land und ist enttäuscht, wenn das Wirtshaus zu ist oder wenn kein Arzt dort ist.

"Die Kinderbetreuung gehört voll und ganz in die Hand der Gemeinden."

Was sind für Sie die Kernpunkte im Finanzausgleich?
Das Wichtigste wären klare Aufgabenbereiche. Sprich: Man muss klare Aufgabenfelder definieren und das Geld dann der entsprechenden Verwaltungsebene zuordnen. So erreicht man eine Qualitätssteigerung.

Was wäre ein Bereich, der ausschließlich in Gemeindehand gehört?
Die Kinderbetreuung. Dieser Bereich ist maßgeschneidert für die Gemeinden.

Werden Sie mit solchen Forderungen gehört?
Schön langsam beginnt ein Nachdenkprozess.

Beim Finanzminister zum Beispiel?
Der Finanzminister ist sehr guter Dinge, weil er weiß, was Eigenverantwortung auch bringen kann. Nämlich besonderes Engagement, bessere Qualität und Kosteneinsparungen.

"Es geht immer um Macht und Einfluss."

Aber ansonsten stoßen Sie auch in ihrer eigenen Partei, der ÖVP, an gewisse Machtgefüge, oder?
Es geht immer um Macht und Einfluss. Nicht nur auf politischer Ebene, sondern auch im Bereich der Verwaltung selbst. Man müsste den Mut haben, und hier ist der Finanzausgleich eine Chance, die bestehenden Aufgaben neu und klar zu definieren.

Zum innenpolitischen Dauerthema: Bei der Asyl-Debatte sind Sie für ein bis zwei Prozent der Gemeindebevölkerung als Quote.
Dort, wo Quartiere vorhanden sind, soll es bei einer Asylwerber-Zahl von ein bis zwei Prozent der Gemeindebevölkerung keine politische Zustimmung des Gemeinderats brauchen. Damit nimmt man die Gemeindepolitik aus der Verantwortung und man schafft die Möglichkeit für kleine Einheiten. Denn es geht nicht, dass in einer Gemeinde mit tausend Einwohnern ein Quartier für 400 Flüchtlinge geschaffen wird.

Wie kann man das umsetzen?
In Niederösterreich wird das Konzept ja bereits gelebt. Es bedarf einer Vereinbarung zwischen der Landespolitik und den Interessensvertretungen der Gemeinden. Das könnte man rasch umsetzen und alles liegt dann in der Landesverantwortung.

"Somit wird es zu einer Stärkung der FPÖ kommen."

Ihre Prognosen für die Wahlen in Wien und Oberösterreich?
Die gesamte Landespolitik wird derzeit von der Asyl-Problematik überlagert. Durch diese Überlagerung werden also nicht die Erfolge der Landespolitik zur Diskussion stehen. Somit wird es zu einer Stärkung der FPÖ kommen.

Wird es die Bundesregierung nach der Wien-Wahl am 11. Oktober noch geben?
Diese Frage ist schwer zu beantworten. Die ÖVP-Mannschaft bleibt auf jeden Fall bestehen. Innerhalb der SPÖ wird es sicherlich Diskussionen geben.

Helmut Mödlhammer im Wordrap

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