Video: Keine Koalition im Grazer Rathaus

"Freies Spiel der Kräfte ist möglich", sagt Politikexperte Klaus Poier. | Foto: Jori Konstantinov
  • "Freies Spiel der Kräfte ist möglich", sagt Politikexperte Klaus Poier.
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"Es war ein fader Wahlkampf mit wenig Emotionen und wenig Themen." So kurz und knapp bringt es der Grazer Politikwissenschafter Klaus Poier (heute Abend Gast im "Dienstalk" der ÖVP) im Gespräch mit der WOCHE auf den Punkt. Im Wahlergebnis spiegle sich der Ablauf wider: "Siegfried Nagl und Elke Kahr waren schon zu Beginn mit dem Bruch der Zusammenarbeit die Hauptakteure und sie waren es auch am Schluss noch einmal."

Im Hinblick auf Wechselwähler und Wahlbeteiligung könne man typisch urbanes Wahlverhalten feststellen, zwei Dinge sind schon Graz-spezifisch: "Einerseits ist ein solches Ergebnis für eine etablierte Partei wie die ÖVP in einer Stadt keine Selbstverständlichkeit", so Poier. Und andererseits seien natürlich 20 Prozent für eine kommunistische Partei auch nicht gerade alltäglich.

Phänomen KPÖ

Was hat diesen Erfolg also ausgemacht? "Elke Kahr hat einen sympathischen, linkspopulistischen Wahlkampf gemacht, mit dem sie vom Hilfsarbeiter bis zum Uni-Professor viele angesprochen hat. Mit dem Erfolg der KPÖ geht auch der Misserfolg von Tina Wirnsberger Hand in Hand: "Jede Aktion der Grünen für das Murkraftwerk brachte Stimmen für die KPÖ", ist Poier überzeugt. Denn der Kreis der Aktivisten sei doch ein eingeschränkter und diese haben mehrheitlich den Schmied (KPÖ) und nicht den Schmiedl (Grüne) gewählt. "Wirnsberger hätte das Murkraftwerk sein lassen und sich auf andere Themen konzentrieren sollen." Die da von Mobilität über Luftgüte bis zur Bildung breit gestreut gewesen wären. Und: "Lisa Rücker war eine Institution, auch diesen Bonus hat man verloren."

"Drama für Graz"

Der Niedergang der SPÖ sei aus seiner Sicht nicht nur für die Partei, sondern auch für die Stadt schlecht: "Die Sozialdemokraten waren über Jahrzehnte eine konstruktive Kraft in Graz – dass sie nun nicht mehr in Regierung sind, ist auch für die Stadt ein Drama." Neben der hausgemachten Abwärtsspirale der letzten Jahre ortet Poier hier vor allem ein inhaltliches Problem: "Sieht sich die SPÖ als intellektuelle, weltoffene Partei oder steht sie fürs Proletariat? Wenn zweiteres gelten soll, dann braucht es in der SPÖ einen Rechtsruck, denn dort gibt es mittlerweile andere Nöte und Befindlichkeiten. Ein schwieriger Spagat ...

Das "Schaf im Wolfspelz"

Damit wären wir bei der neuen Partei des "kleinen Mannes", der FPÖ: "Sie haben ihre Positionen zur Ausländerthematik nicht in der gewohnten Pointiertheit und Brutalität drübergebracht", analysiert Poier. Die Eustacchio-Plakate hätten zwar provoziert, seien aber "eher wie Kalendersprüche drübergekommen". Für mehr FPÖ-Stimmen hätte es eine stärkere Thematisierung der Ausländerthematik gebraucht.

Keine Koalition?

Den weiteren Verlauf der Verhandlungen sieht Poier skeptisch: "Es gibt für Nagl keine Option, die stabil ist, das hat schon die Vergangenheit bewiesen. Sowohl die Versuche mit der KPÖ als auch mit der FPÖ und den Grünen sind gescheitert." Die Konsequenz? "Keine Koalition, sondern ein freies Spiel der Kräfte, in dem man sich für Projekte Mehrheiten sucht. Ein Szenario, das ich nicht für ausgeschlossen halte."

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