Innere Stadt probt Schanigarten-Aufstand: Nur noch "Disneyland" für Touristen?
Der Streit um die ganzjährigen Schanigärten reißt in der Inneren Stadt alte Wunden auf: Die City sei nur noch für Touristen da, so die Angst vieler Bewohner. Sie machen nun gemeinsam mit dem Bezirkschef mobil.
INNERE STADT. Wenn Walter Rettenmoser in Fahrt kommt, dann formuliert er pointiert: "Ich warte nur darauf, dass wir Bewohner gefragt werden, ob wir uns nicht als Mozart verkleiden könnten, weil das für die reichen Russen lustig wäre", meint er dann. Oder: "Wir sind das Disneyland der Stadt. Und wenn’s uns Depperten nicht passt, dann haben wir halt Pech gehabt."
Walter Rettenmoser ist Obmann der Bürgerinitiative Riemergasse. Und er hat die Nase voll. Das Thema ist dabei kein neues. Es ist ein altbekanntes Trauma in unserem Bezirk. Viele Bewohner wollen sich nicht damit abfinden, dass ihr Wohnbezirk zum bloßen Touristenziel verkommt.
Fixe Zubauten stören
Die Schanigarten-Debatte hat den Ärger nun wieder hochkochen lassen. Und so hat Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) nicht nur alle Parteien gegen den Wildwuchs eingeschworen. Er hat zudem die Bürgerinitiativen im Bezirk zum Runden Tisch geladen – darunter Walter Rettenmoser, aber auch Ilse Schlik von der Initiative Ruprechtsviertel und andere.
Man ist sich einig: Die Pläne der Stadt, die Regeln für Schanigärten zugunsten der Wirte zu lockern (Details siehe Hintergrund unten), kann man hier nicht akzeptieren. Immerhin ist kein anderer Bezirk so von den Schanigärten betroffen. Und immerhin ist in keinem anderen Bezirk der öffentliche Raum so eng bemessen.
Bezirkschef und Bürgerinitiativen gehen einen Schritt weiter: Nicht nur die geplanten Änderungen sind ihnen zu viel. Schon die bestehenden Schanigärten sind ein Dorn im Auge. "Schanigarten muss Schanigarten bleiben", sagt Figl. "Und darf nicht zur Ganzjahresfreiluftschänke werden."
Was stört? Dass viele Gastronomen den klassischen Schani-garten – ein paar Tische und Sessel vorm Lokal – zweckentfremden. Mit Einhausungen, Glasdächern, vermauerten Stahlverstrebungen und dergleichem. Zanoni am Lugeck ist den Bürgern dabei ebenso ein Ärgernis wie Plachutta. Ob man die Wirte zwingen könne, all das wieder abzubauen? Figl gibt sich zurückhaltend. Es brauche "eine Gesamtreform. Aber ja. Grundsätzlich kann es in diese Richtung gehen", sagt er.
Figl und seine Mitstreiter nennen gute Argumente: Sie sprechen von verstellten Feuerwehrzufahrten; beklagen, dass bei ganzjährigem Betrieb die Schneeräumung nicht funktioniere; und fürchten, dass Selbständige abwandern würden. Vor allem für Ärzte und Anwälte werden die fehlenden Parkplätze, die mit Schanigärten überbaut sind, zum Problem. "Ein Patient fährt nicht öffentlich durch die Stadt, damit er zum Arzt kann."
Im Kampf gegen die Schanigärten steht unser Bezirk aber fast alleine da. Einzig den Ärger darüber, dass Heizschwammerl erlaubt sein sollen, teilt man in anderen Bezirken. Ob man notfalls – wenn die Stadt die Winteröffnung beschließt – auch protestieren würde, lautstark, mit Demonstrationen und Aktionismus? Die Frage bleibt von Figl und den Bürgerinitiativen (vorerst) unbeantwortet. Aber ein Lächeln huscht doch so manchem übers Gesicht...
Hintergrund
Die Debatte um die Winteröffnung der Schanigärten geht in die Zielgerade. Die zuständige Stadträtin Renate Brauner hat mittels Umfrage erhoben, wie sich Bezirke und Wirtschaft die künftige Regelung vorstellen. Vier Varianten standen zur Auswahl, am Montag mussten die Antworten bei Brauner einlangen. Im 1. Bezirk ist der Ärger über die längeren Öffnungszeiten groß. Bezirksvorsteher Markus Figl kündigte an, keine der Varianten zu wählen – sondern ein Protestschreiben beizufügen.
Hintergrund:
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