Schanigärten: Eine Melange am Straßenrand
Die Schanigarten-Saison ist eröffnet. Eine kleine Kulturgeschichte einer (umstrittenen) Wiener Institution.
Für die Wiener Wirte muss es eine regelrechte Erlösung gewesen sein: Seit vergangener Woche ist die Schanigarten-Saison eröffnet. Endlich, möchte man sagen. Denn sie folgt mit doch einiger Verzögerung auf die Debatte um die Öffnungszeiten selbiger. Diese hatten die Gastronomen nämlich schon eröffnet, als irgendwo in der Stadt der erste winterliche Sonnenstrahl erblickt worden war.
Worum es geht? Im Kern darum, dass die Gastronomen (mit Blick auf sichere Mehreinnahmen) die ganzjährige Bewilligung der Gastgärten am Straßenrand erstreiten wollen. Dass sie dabei zwar von Wirtschaftskammer und ÖVP unterstützt werden, ausgerechnet der schwarze Bezirkschef der Inneren Stadt aber bremst, weil er seinen Bewohnern den Tischerl-Wildwuchs nicht zumuten will. (Und zudem findet, dass die Wirte zu wenig zahlen.)
Und dann geht es noch darum, dass die Stadtregierung zwar eine Einigung will, aber die im Winter nötigen Heizschwammerl nicht gut findet und zudem keine Ahnung hat, wie sie rund um Schanigärten Schnee räumen soll. Auch wo dann noch Platz für Punschhütten bleibt, wird diskutiert. Ernsthaft.
"Trag den Garten raus"
In ihrer Aufgeregtheit passt die Debatte ja so gar nicht zur Beschaulichkeit jener, die im Schanigarten sitzen. Dann aber auch wieder schon – denn irgendwie ist sie ähnlich wienerisch wie der Schanigarten selbst. Diesen gibt es nämlich seit Mitte des 18. Jahrhunderts. Wer den ersten hatte, scheint gesichert: Es war wohl Gianni Tarroni. Er erwirkte die Bewilligung, vor seinem Kaffeehaus am Graben Tische und Sessel aufzustellen.
An dieser Stelle endet die Einigkeit der Historiker aber schon. Woher der Name Schanigarten rührt, ist umstritten. Dass es sich bei dem angeblich namensgebenden Ausspruch eines Wirten – "Schani, trag den Garten raus" – um einen urbanen Mythos handelt, ist mittlerweile zwar fast gesichert. Und dass der erste Schanigarten-Betreiber "Gianni" irgendwann zu Schani wurde, klingt plausibel. Verbrieft ist es aber nicht.
Da Schanigärten auf öffentlichem Raum errichtet werden, gelten zahlreiche Regeln. Etwa: Schanigärten dürfen nicht breiter als die Lokalfront sein. Begrenzungselemente sind bis zu einer Höhe von 100 Zentimeter erlaubt, sollen aber "nicht zum Durchkriechen" sein. Podeste dürfen einen Niveauausgleich schaffen – aber maximal 18 Zentimeter. Die Möbel müssen "wohlüberlegt" ins Straßenbild passen. Auf Thujen solle man verzichten, Oleander ist erlaubt. Warum man sich freiwillig an den Straßenrand setzt, um Kaffee zu trinken? "Der Schanigarten ist ein ebenerdiger Balkon", sagt Stadtforscher Peter Payer. "Wir beäugen, mit der Behaglichkeit des Kaffeehauses im Rücken, die Straße wie eine Bühne. Und schauen, was sich tut, ohne daran teilhaben zu müssen." Wie gesagt: ziemlich wienerisch.
Hintergrund: Schanigärten
1.800 Schanigärten gibt es in Wien. Sie dürfen vom 1. März bis 30. November betrieben werden. Zum Vergleich: Gastgärten gibt es 700. Der Unterschied: Schanigärten befinden sich im öffentlichen Raum, nicht auf Privatgrund. Sie müssen vom Magistratischen Bezirksamt bewilligt werden.
Das Bewilligungsprozedere umfasst vieles – bis zur Optik der Möbel. Der Garten muss in ein "architektonisch und künstlerisch ausgewogenes Verhältnis" zum Stadtbild gesetzt werden, heißt es etwa in einem Leitfaden.
Die Kosten liegen in Zone 1 (Teile des 1. und Mahü) bei 7,50 Euro pro m² im Monat; in Zone 2 (Rest-Wien) bei einem (an der Straße) bzw. fünf Euro (Fußgängerzone).
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