Grüne in Liesing: Balance-Akt zwischen Öko und Auto
Cordula Höbart, neue Chefin der Grünen Liesing, über die speziellen Herausforderungen in Liesing und ihre neue Rolle.
Sie sind die neue Grüne Klub-obfrau in Liesing: Wie legen Sie Ihre neue Rolle an?
CORDULA HÖBART: Es wird eine Kontinuität zu den bisherigen Themen geben. Also etwa Verkehr: Wir wollen, dass da eine Verdichtung des Intervalls in Atzgersdorf stattfindet. Da wird es erste Teilumsetzungen im September geben, da mehr Regionalzügen halten werden.
Was ist da noch weiter geplant?
Wir fordern einen 10-Minuten-Takt für Atzgersdorf und hätten auch gerne, dass die Strecke zwischen Meidling und Mödling mit vier Gleisen ausgebaut wird. Damit die Strecke die Kapazität erreichen kann, die aufgrund des Zuzugs erforderlich sein wird. Und zusätzlich fordern wir, dass beim Rosenhügel eine Station eingerichtet wird. Dort werden viele Siedlungen nachkommen. Auch die Buslinien, die vorhanden sind, sind doch recht stauanfällig. Da braucht es mehrere Möglichkeiten, um öffentlich zu den Arbeitsplätzen in der Stadt zu kommen.
Welche weiteren Themen gibt es?
Ein wichtiges Thema ist auch die Bezirksentwicklung mit den vielen Wohnbauten. Wir wollen versuchen, den Grünraum zu erhalten und auch schön zu gestalten. Ein weiteres Thema ist Lärm als Gesundheitsrisiko.
Stichwort Fluglärm?
Ja, aber nicht nur. Auch entlang der Außenringautobahn in Inzersdorf. Die Gegend ist ja momentan auch stärker belastet durch die Baustellen.
Hat man es als grüner Politiker in Liesing besonders schwer? Es ist ja doch ein Autofahrerbezirk.
Es ist ein bisschen schwieriger, weil den Grünen oft zugeschrieben wird, dass sie sich mehr um die Innenstadtbezirke kümmern und weniger um die Flächenbezirke.
Wie wirkt man dem entgegen?
Es ist besonders wichtig, Akzente zu setzen. Gerade auch bei den Themen Verkehr und Pendlern. Auch ganz konkret bei den Buslinien, bei denen keine langen Ausbauten notwendig sind. Ich denke da zum Beispiel nur an den 66A, der einfach so stauanfällig ist. Da muss es Zwischenlösungen geben, damit alle pünktlich zur Schule kommen. Es kann nicht sein, dass Qualität und Takt vom Autobus so schlecht sind, dass ihn niemand mehr nutzt und alle auf das Auto umsteigen.
Bei der Bundespräsidentenwahl ist Liesing noch ganz knapp grün geworden. Haben Sie damit gerechnet?
Nein, und die Freude war riesengroß. Es war ein klares und gutes Zeichen. Liesing hat ja doch ein sehr turbulentes Jahr hinter sich. Ich bin ja selbst erst im Dezember Bezirksrätin geworden und alle anderen haben gesagt, da wirst du dich hauptsächlich mit der Frage von Zebrastreifen auseinandersetzen müssen. Dann war es doch überraschend, dass rund um das Asylheim in der Ziedlergasse eine derartige künstliche Aufregung von der FPÖ provoziert wurde.
Wie stehen Sie zum Flüchtlingsheim? Konnten Sie die Ängste der Anrainer nachvollziehen?
Ich glaube, es ist immer der Fall, wenn neue Menschen zuziehen, dass das erstmal Verunsicherung schafft. Besonders, wenn man mit Menschen auf den ersten Blick nicht kommunizieren kann. Es war dennoch symptomatisch, dass man nicht zuerst schaut, was passiert und wer da kommt, sondern zuerst mal Alarm schreit, und wenn die Menschen dann da sind, das Thema quasi vom Tisch ist. Das spricht eher für Instrumentalisierung als für tatsächliche Ängste.
Die Grünen sind in der Stadtregierung Koalititionspartner der SPÖ. In Liesing wird den Grünen darum oft vorgeworfen, dass sie nur deswegen nicht gegen manche Bauprojekte auftreten.
Es ist eine große soziale Frage, Wohnungen zu vernünftigen Mieten anbieten zu können. Das ist uns Grünen ein absolut wichtiges Anliegen. Man hat ein Recht auf normales menschenwürdiges Wohnen. Und darum steht man grundsätzlich in einem Spannungsfeld zwischen Grünraumschutz und dem Bedürfnis der Menschen nach Wohnen.
Welches Thema liegt Ihnen in Liesing besonders am Herzen?
Die Schnellbahn. Und ich habe ein Herzensprojekt. Entlang der Liesinger Wasserleitung würde ich gerne einen Spazierweg eröffnen: den Liesinger Wasserleitungsweg. Da haben wir vergangene Woche einen Antrag eingebracht, der auch von allen Fraktionen angenommen wurde. Der Weg soll über 3,2 Kilometer und drei wunderschöne historische Viadukte führen, der sich wunderbar als Spazierweg mit Abenteuerfaktor eignen würde.
Tarik Darwish, Ihr Vorgänger, hat kritisiert, dass die Grünen nicht mehr links genug sind und soziale Themen nicht genug im Vordergrund stehen. Ist es so?
Es ist mehr die Frage, ob wir schaffen, unsere Arbeit in diese Richtung nach Außen zu kommunizieren. Um das soziale Gewissen der Grünen mache ich mir keine Sorgen. Das ist stark und in der Basis verankert.
Hintergrund:
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