Pro und Contra: Braucht Wien Würstel für Moslems?
Der Kunstraum Brunnenpassage in Ottakring will einen Halal-Würstelstand ins Leben rufen.
WIEN. Unterstützer werden noch gesucht: 6.000 Euro benötigt die Brunnenpassage für den Start des Halal-Würstelstands und sucht auf der Crowdfunding-PlattformWeMakeIt nach Spendern. Türkische und österreichische Fleischer werden dann gemeinsam Rezepte für auch für Muslime erlaubte Würstel ausarbeiten. Ab Juni sollen die Würstel dann verkauft werden - von Flüchtlingen, denen damit eine Zuverdienstmöglichkeit geboten wird. Das Debüt ist beim „Soho in Ottakring“, danach soll der Halal-Würstelstand bei Festivals und auf Märkten im Einsatz sein.
PRO: Ein notwendiger Schritt
Migration ist nicht nur positiv. 21.600 Flüchtlinge in der Grundversorgung etwa sind keine Lappalie. Die Flüchtlinge sind schließlich nicht hier, weil Wien so schön ist. Sie mussten ihre Heimat verlassen, weil sie keine andere Wahl hatten – und Österreich ist ihnen in Wahrheit vollkommen egal. Sie sprechen kein Deutsch, haben oft ein anderes Frauenbild und viele bleiben unter sich. Also ja, Migration ist nicht nur positiv. Das muss man nicht schönreden.
Aber die Flüchtlinge sind nicht schuld daran. Sie werden sich nicht besser integrieren, wenn man sie zwingt, Schweinsschnitzel zu essen. Und niemandem bringt es etwas, wenn jemand, der vorm Krieg geflüchtet ist, seine Überzeugungen verraten muss. Wenn ein Halal-Würstelstand (natürlich nur, wenn dabei die Tierschutzgesetzgebung beachtet wird) dazu führt, dass sie sich hier heimisch fühlen, warum nicht? An den gefühlt tausend Kebab-Ständen und China-Restaurants stört sich ja auch keiner.
Und, viel wichtiger, so ein Würstelstand stört nicht nur nicht, man braucht ihn sogar. Nämlich solange die Politik zu sehr mit Weglächeln oder Angstmachen beschäftigt ist, anstatt sinnvolle Vorschläge für Integration zu erarbeiten. Weil Flüchtlinge bei solchen Initiativen Österreicher treffen, Deutsch lernen können und sanft an unsere Kultur herangeführt werden. Die Wiener müssen eben selbst für Integration sorgen, wenn die Politik inzwischen lieber Schnitzel isst.
Von Agnes Preusser
a.preusser@bezirkszeitung.at
CONTRA: Eine echte Provokation
Seien wir doch ehrlich. Der Halal-Würstelstand ist vor allem eines: eine Provokation. Ganz sicher war er nicht als solche gedacht – er ist es dennoch. In Zeiten, in denen Österreich unter der Zuwanderung ächzt und in denen sich die Menschen über Flüchtlingsquartiere und steigende Kriminalität in der Stadt sorgen, dienen solche Aktionen nicht der Integration – sondern vielmehr der Verärgerung. Müssen jetzt sogar unsere Wiener Würstel halal werden? Was kommt als nächstes? Und: Haben wir nicht eigentlich ganz andere Herausforderungen zu meistern? Derartiges befeuert den Kampf der Kulturen.
Nicht zuletzt liefert man mit solchen Aktionen nur all jenen Munition, die jetzt schon Hochkultur haben. All jenen also, die die Ängste der Menschen ausnutzen, um gegen Migranten im Allgemeinen und Flüchtlinge im Speziellen Stimmung zu machen. Von den Tierschützern, die das Schächten als Quälerei kritisieren, ganz zu schweigen.
Freilich: Der Halal-Würstelstand (der übrigens von der Caritas ins Leben gerufen wurde) ist offenbar eine privat finanzierte Initiative. Und könnte damit jedem egal sein. Es ist ja niemand gezwungen, dort zu essen. Das sind alles richtige Argumente. Der Stimmung in der Stadt tun solche Projekte dennoch nicht gut. Die Betreiber handeln unverantwortlich.
Von Christoph Schwarz
ch.schwarz@bezirkszeitung.at
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