Ursula Stenzel: Zu angriffig für die Hofburg?
Eben noch Bezirksvorsteherin in der Inneren Stadt, nun im Wahlkampf für das höchste Amt im Staat: Ursula Stenzel soll von der FPÖ als Kandidatin für die Bundespräsidentschaftswahl nominiert werden.
Ursula Stenzel hat durchaus Qualitäten, die man in einer Bundespräsidentin suchen würde: Sie ist redegewandt und geübt im Umgang mit Medien, immerhin war sie selbst außenpolitische Redakteurin und Moderatorin im ORF. Sie hat viel internationale Erfahrung durch ihre zehnjährige Tätigkeit als Abgeordnete für die ÖVP im europäischen Parlament. Und sie hat ein sorgfältig poliertes Image als bürgerliche Dame von Welt, die in den hochkulturellen Hallen des Landes zu Hause ist - etwas, was ihr zu zwei Perioden als Bezirksvorsteherin der noblen Wiener Innenstadt verhalf.
In den Wahlkampf weggelobt
Am Donnerstag wird die FPÖ, so heißt es, Ursula Stenzel als Kandidatin für das Bundespräsdentenamt zu nominieren. All ihre Qualitäten mögen bei der Entscheidung eine Rolle gespielt haben, Stenzel wenige Monate nach dem Wiener Wahlkampf - als sie erstmals für die FPÖ kandidierte - wieder ins Rennen zu schicken.
Es gab aber sicher noch andere, taktische Gründe: Stenzel ist von Haus aus bekannt - als ehemalige ORF-Moderatorin und Gesicht der Wiener City. Zusätzlich war sie im Wiener Wahlkampf als Straches Nummer Zwei im Dauereinsatz und auf vielen Plakaten zu sehen. Außerdem dürfte sie sich in der FPÖ bis jetzt nicht nur Freunde gemacht haben: Viele hatten erwartet, dass sie nach der Wahl als FP-Stadträtin nominiert werden würde - dazu ist es nicht gekommen, sie ist normale Landtagsabgeordnete. Auch mit FP-Generalsekretär Herbert Kickl soll es schon Zusammenstöße gegeben haben. Möglich, dass es einigen FP-Politikern durchaus Recht war, sie wieder dem Tagesgeschäft zu entheben und einen weiteren Wahlkampf absolvieren zu lassen.
Ein Spotlight für Stenzel
Was ist für Stenzel selber drin? Zum einen genießt die 70-Jährige öffentliche Aufmerksamkeit. Zum zweiten ist ihr Ruf nach dem Wechsel zur FPÖ und der Niederlage im 1. Bezirk bereits angeschlagen, eine weiterer Wahlkampf mit schlechten Chancen dürfte sie nicht abschrecken.
Und die Chancen sind in der Tat nicht besonders gut: Nominal deckt Stenzel als rechte Reden schwingende Bürgerliche ein großes Wählerspektrum ab, real dürfte sie jedoch als FP-Kandidatin weder beim dortigen Stammpublikum noch bei ihren ehemaligen Fans so richtig zünden. Außerdem hat sie auch einige Eigenschaften, die zu einer Bundespräsidentin nicht so recht passen wollen: Ihr ist ein extremes Lagerdenken anzumerken, wodurch die geforderte Überparteilichkeit wenig glaubwürdig wirkt. Sie liebt griffige und angriffige Ansagen - die Zurückhaltung, die man von einer Präsidentin erwarten würde, hat sie bisher nicht an den Tag gelegt. Zu guter Letzt lassen Aktionen wie ihre Teilnahme am "Marsch für die Familie" erahnen, dass ihre Haltung zu Themen wie Homosexualität vielleicht nicht grundrechtskonform ist. Was einer Kandidatin für das Präsidentenamt nicht mehr gut zu Gesicht steht.
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