Sturm und Drang
Das Wiener Konzerthaus war wieder einmal Schauplatz eines denkwürdigen Konzertes, nicht nur von der Programmierung – Tschaikowsky, Liszt, Dvořák - sondern vor allem durch die Ausführenden. Der Dirigent Robert Trevino am Pult der Wiener Symphoniker feiert im Konzerthaus sein Debüt. Das ist ihm in hervorragender Weise gelungen. Als Einspringer für Heras-Casado nützt er die Chance, sich dem Wiener Publikum als ausgezeichneter Konzertleiter zu präsentieren. Er dirigiert sehr strukturell, mit knappen Gesten und Empathie, es gibt keine Attitüden. In dem jungen Kapellmeister aus den USA – sein Geburtsdatum wird auf allen Internetseiten verschwiegen – wächst ein ganz Großer heran. Der ehemalige Koch ist auf dem besten Weg Weltkarriere zu machen. Bedanken muss man sich auch beim Chefdirigenten der Symphoniker, Philippe Jordan, der so einen Mann ans Pult „seines“ Orchesters lässt.
Eine weitere Überraschung ist die Pianistin Alice Sara Ott. Sie sieht aus, als würde sie unter Essstörung leiden, so dünn ist sie. Überraschend ist daher ihr kräftiger Tastenanschlag. In Liszt A-Dur-Symphonie sieht und hört man einen wilden Ritt übers Klavier. Liszt war ein Kind der Kronländer Österreich-Ungarn. Er war Komponist, Pianist, Dirigent, Theaterleiter, Musiklehrer und Schriftsteller und hatte viele Kollegen beeinflusst. Das Wunderkind war ein Rastloser, er begründete den deutschen Musikverein mit, dort konnte er seine Ruhmsucht befrieden. Sogar die „niedrigen Weihen“ erhielt er und dufte sich Abbe nennen. Zurück zu Ott: In Robert Schumanns Kinderszenen als Zugabe brilliert sie mit feiner Eleganz, sanft und leise kommt ihr Spiel beim Publikum an. Dröhnender Applaus.
„Der Sturm“, Symphonische Fantasie nach William Shakespeare zeichnet Peter Iljitsch Tschaikowsky musikalisch auf. Aufgewühlte See und heulender Wind waren wohl die entscheidenden Inspirationen für das Werk. Gewitter- und Meermusiken, die grüne Welle von Naturbetrachtungen sind heftig, kurz Pausen zum Atmen schöpfen sind knapp. Ein Klangteppich strömt vom Podium, die Assoziationsmaschine klappt bei mir sehr gut.
Antonín Dvořáks Symphonie Nr.7 war ganz dem englischen Publikum gewidnet. Er bedankte sich damit, dass er als tschechischer Komponist 1884 eingeladen wurde, in der Royal Albert Hall London seine Werke zu dirigieren. Und nun sind wir Wiener Nutznießer eines Monster-Werkes. Die Briten waren begeistert, und wir im Konzerthaus sind es auch, so glaube ich jedenfalls. Robert Trevino ist der richtig Orchesterleiter für Derartiges, die Musiker müssen alles geben, um den Gestus der Symphonie zur Geltung zu bringen. Die Aufbruchsstimmung, die herrliche Jubelmusik, wird nur kurz doch eine düsterte Pianissimo-Coda unterbrochen, um das kräfteraubende Finale ins Ziel zu bringen.
Next: Im Konzerthaus wir auch im Sommer gearbeitet, am 2.,5,16. und 22.7.2016. Beginn mit „Absolute Korea“
Infos und Tickets: www.konzerthaus.at
Reinhard Hübl
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