Landstraße: Unterwegs mit dem Abriss-Spezialisten
Kunsthistoriker Dieter Klein bringt seit dreißig Jahren einen Abriss-Kalender heraus. Die bz begleitete ihn durch den 3. Bezirk.
Dieter Klein beschäftigt sich mit den Gebäuden unserer Stadt und bringt die Bausünden zu Buch. Seither erscheint jährlich ein neuer Abriss-Kalender, der dokumentiert, was aus jenen Bauwerken wurde, die oft mehr als ein Jahrhundert lang das Gesicht eines Straßenzuges prägten.
Anlass für den ersten Abriss-Kalender 1985 waren Kleins Recherchen für sein Buch "Wiener Stadtbildverluste seit 1945" und sein Interesse an der Architekturgeschichte. Besondere Aufmerksamkeit widmet er dabei seinem Wohnbezirk. Seit 1918 ist seine Familie in der Streichergasse zu Hause, seit 1948 lebt der heute 73-Jährige selbst dort und hat den Wandel in seiner Kindheitsumgebung wie kaum ein anderer über die letzten Jahrzehnte akribisch genau beobachtet.
Verpasste Chancen aufzeigen
Dieter Kleins Abriss-Kalender will verpasste Chancen aufzeigen und zu mehr Aufmerksamkeit ermuntern, um Schönes sinnvoll zu bewahren. "Jeder kann sich dabei aber selbst ein Bild machen, ob das Alte oder das Neue schöner oder besser ist. Ich persönlich trauere um jedes schöne alte Gebäude, das – aus welchen Gründen auch immer – abgerissen wird", erklärt der Abriss-Spezialist.
Auch in der Landstraße sind viele Chancen durch kurzsichtige Verplanung und fantasielose Architektur vergeben worden. Ein gutes Beispiel dafür ist der gewaltige Dachaufbau am Haus Ecke Fansangasse/Fasanplatz. Verunglückt auch die ganze Konstruktion der S-Bahnstation Ecke Ungargasse. Klein: "Es ist ein unnötiges, hässliches Schachtelwerk. Das runde Bauwerk schließt viel zu eng an die rechte Bahngasse an, wo nur ein schmaler Schlauch geblieben ist. Die Haltestelle des O-Wagens wurde weit nach unten in die Ungargasse verlegt, ein unnötig langer Gehweg. Überhaupt hätte man den ganzen Bahnkomplex leicht auch auf den Fasanplatz bauen können", so Klein.
Geht man die Bahngasse hinunter Richtung Innenstadt, tauchen gleich die nächsten Sünden auf: Der k. & k. Reitschul-Komplex aus 1850, heute ein Hotel, besitzt einen wenig attraktiven, riesigen Anbau, gekrönt vom Anblick der Hinterseite des S-Bahnhofes.
Mehr Infos unter www.dieter-klein.at
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.