Lebensraumschutz für streng geschützte Nager oder Wohnbau?
Bauträger, die nördlich des Heeresspitals in den Ankauf von Bauland investieren auf dem nachweislich streng geschützte Ziesel, Feldhamster und weitere rund 15 streng geschützte Arten leben, können hier trotz durch die Naturschutzbehörde bewilligter Ausgleichsflächen vielleicht niemals bauen. Dieser Artikel lädt interessierte LeserInnen ein, der Sache auf den Grund zu gehen und Einblick in die Hintergründe zu bekommen.
Bauträgerwettberwerb für die Flächen nördlich des Heeresspitals abgeschlossen
Dieser Tage endete der Bauträgerwettbewerb zum geplanten Bauprojekt nördlich des Heeresspitals. Am 19.8. laden der Wohnfonds Wien und die derzeitigen Eigentümer der rund 7 ha großen Fläche, das Kabelwerk und der Wohnpark Donaucity, zum AnrainerInnendialog. Auf dem Areal nördlich des Heeresspitals sollen an die 1.000 Wohnungen entstehen und einzelne Flächen an interessierte Bauwerber weiterverkauft werden. Aber wer investiert in Flächen, auf denen er vielleicht niemals bauen kann, weil hier streng geschützte Tierarten leben?
Unklarer und widersprüchlicher Bescheid der Naturschutzbehörde
Vor dem Sommer hat die Naturschutzbehörde der Stadt (MA 22) in einem Bescheid dem Ansuchen der Eigentümer auf Genehmigung der Ausgleichsflächen und des mehrstufigen Umlenkungsverfahrens für die auf dem Areal lebenden streng geschützten Tierarten Ziesel und Feldhamster stattgegeben. Wer den Bescheid aufmerksam liest, könnte verwirrt und ratlos zurückbleiben, nämlich dann, wenn sie / er auf zahlreiche Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten stößt. Zum Beispiel ist einerseits angeführt, dass eine Bewilligung nur dann erteilt werde, wenn „der Erhaltungszustand der betroffenen Tierart im Gebiet der Bundeshauptstadt Wien trotz Durchführung der bewilligten Maßnahme günstig ist“ (S.5). Einige Seiten später findet sich im Bescheid der Satz: „Dem Gutachten ist zu entnehmen, dass der Erhaltungszustand des Ziesels in Österreich und in Wien derzeit als nicht günstig einzustufen ist“ (S.9). Rund die Hälfte der beantragten Ausgleichsflächen beschreibt die Ausstellerin des Bescheides als „wenig geeignet“ (S.8), genehmigt diese jedoch gleichzeitig. Was soll man von solch einem Bescheid halten? (Nachlesen: http://marchfeldkanal.files.wordpress.com/2013/08/flaechen_noerdlich_des_heeresspitals_bescheid_593_2012_15_04_13.pdf)
Irreführende Information für Bauwerber und BürgerInnen?
Die Ausschreibungsunterlagen zum Bauträgerwettbewerb als auch die inzwischen im SWW Gebiet am Marchfeldkanal von der Strabag errichtete Tafel wirken irreführend, wenn man in den Unterlagen nachliest.
Dem Bescheid der MA 22 ist zu entnehmen „Erst wenn sich auf der Ausgleichsfläche mindestens die Hälfte der Ziesel und Feldhamster selbstständig angesiedelt haben, wie gleichzeitig noch auf dem Bauland ansässig sind, wird mit den Lenkungsmaßnahmen begonnen.“ Bauträger, die hier Grundstücke erwerben, gehen daher das sehr hohe Risiko ein, hier vielleicht auch niemals bauen zu können! Nämlich dann, wenn Ziesel und Feldhamster von der projektierten Baufläche nicht freiwillig auf Ausgleichsflächen abwandern und es daher niemals zu Lenkungsmaßnahmen kommen darf. Wer investiert in solche Grundstücke?
Dringende Überarbeitung des Bescheides erforderlich
Unzureichend ist auch, dass der Bescheid der Naturschutzbehörde zwar festlegt, dass erst ein Teil der Ziesel und Feldhamster freiwillig auf die Ausgleichsflächen abgesiedelt sein muss bevor mit Lenkungsmaßnahmen begonnen werden darf, gleichzeitig aber nicht festlegt, wie dies zu überprüfen sei. Der Bescheid legt keine Zähl- und Messmethode fest – wie aber soll festgestellt werden, ob sich auf einer Ausgleichsfläche Ziesel und Feldhamster vom Gelände des Heeresspitals, Jungtiere oder jene von der projektierten Baufläche angesiedelt haben? Denn Ziel der Bauträger ist ja eine Absiedlung der geschützten Tiere von der projektierten Baufläche.
Auf die Ziesel und Feldhamster, die um die projektierten Bauflächen leben, ist im Bescheid völlig vergessen worden. Erschütterungen des Bodens durch eine Baustelle hat die Ziesel nachweislich schon einmal die Flucht ergreifen und 2007 auf das Gelände des Heeresspitals (HSP) fliehen lassen. Dies ist protokolliert und nachlesbar, das Heeresspital hat damals die Naturschutzbehörde verständigt. Wir wissen also bereits vom Verhalten der Tiere im Falle einer Baustelle, eine nochmalige mögliche Störung könnte daher nur mehr als wissentlich und damit absichtlich interpretiert werden. Im Wiener Naturschutzgesetz § 10. (1) ist nachzulesen, dass „jede absichtliche Störung dieser Tiere“ verboten ist.
Aufgrund der zahlreichen Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten des Bescheides ist dieser dringend zu überarbeiten, fordern die Grünen Floridsdorf.
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