"Dort gibt es viele Ungereimtheiten"
Zwei Frauen aus Marktl kämpfen um die Entlassung ihrer Schwester aus dem Landesklinikum Mauer.
LILIENFELD. "Unsere Schwester wurde mit 21 Jahren aufgrund aggressiven Verhaltens gegenüber einem Polizeibeamten in das Landesklinikum Mauer eingeliefert. Damals war die Rede von einer kurzen Behandlungsdauer, vielleicht einigen Wochen. Inzwischen sind acht Jahre vergangen. Damals war sie eine sportliche junge Frau, heute sitzt sie im Rollstuhl und wir Angehörigen erhielten Besuchsverbot", klagen Selin und Elif.
Gutachter gefordert
Die beiden ausgebildeten Krankenschwestern aus Marktl kämpfen um die "Freilassung" ihrer Schwester. "Wir wollen, dass Ezgil von einem unabhängigen Gutachter untersucht wird", fordert Selin. Es soll zu einigen Vorfällen in Mauer gekommen sein, die "in einem Landesklinikum im Jahr 2016 keinesfalls mehr passieren dürfen".
"Pillen eingeflößt"
"Unsere Schwester erzählte uns, dass ein Pfleger namens Herbert sie aufgefordert habe, ihr unbekannte Medikamente einzunehmen. Als sich unsere Schwester weigerte, flößte er ihr die Pillen mit Gewalt ein. An Ezgis Kinn waren blaue Flecken zu sehen", berichtet Elif.
Schwere Verletzung
Später sei der Patientin übel geworden, Schwindelgefühle hätten sich eingestellt und sie habe sich übergeben müssen. Dies sei nur einer von mehreren Vorfällen und die Marktlerin sei auch kein Einzelfall. "Letzten Sommer erlitt unsere Schwester einen Oberschenkelhalsbruch. Sie wurde im Landesklinikum Krems operiert und nach einer Woche nach Mauer überstellt. Sie litt höllische Schmerzen, erhielt keine notwendigen Infusionen sondern nur leichte Schmerztabletten", kritisieren die beiden Marktlerinnen. Nach nur zwei Wochen habe man ihrer Schwester die Krücken weggenommen, obwohl sie noch nicht ohne Hilfsmittel gehen konnte. Sie habe mehrfach darauf hingewiesen, dass der Heilprozess nicht optimal verlaufe, das sei jedoch vom Personal ignoriert worden. "Nun sitzt sie im Rollstuhl und es war eine zweite Operation notwendig", berichtet Selin. Im Dezember 2015 erstatteten die Schwestern Anzeige bei der Polizei in Amstetten. Seitdem darf die gesamte Familie die heute 29-Jährige nicht mehr besuchen.
Therapeutische Gründe
"Aus therapeutischen Gründen kann auch ein Besuchsverbot verhängt werden, wenn behandlungsmäßig schädliche Einflüsse für die Patientin entstehen", erklärt Harald Höllmüller, Pressekoordinator im Landesklinikum Mauer. "Medikamente gegen den Willen einer Patientin werden nur dann verabreicht, wenn eine unmittelbare, ernste und erhebliche Gefährdung vorliegt. Im gegenständlichen Fall stellte die Staatsanwaltschaft St. Pölten die Ermittlungen ein", berichtet Höllmüller.
Kein Patientenanwalt
Patientenanwalt Dr. Michael Steffen ist für das Landesklinikum Mauer zuständig - und auch nicht. "Für forensische Abteilungen (wie jene in Mauer, in der die 29-jährige Marktlerin untergebracht ist, Anm. d. Red.) ist in Österreich gesetzlich keine Patientenanwaltschaft zuständig", so Dr. Steffen. Dies sei eine Gesetzeslücke, die voraussichtlich in Kürze geschlossen werden könnte. Er könne daher derzeit als Patientenanwalt nicht weiterhelfen, stünde der Familie für Beratungen jedoch gerne zur Verfügung.
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