Herzschrittmacher: Medizinische Revolution startete in Linz

Patient Kurt Eichinger (l.) bedankt sich bei Primar Clemens Steinwender. Ihm wurde als 100. Patient der Mini-Herzschrittmacher eingesetzt. | Foto: Werner Leutner
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  • Patient Kurt Eichinger (l.) bedankt sich bei Primar Clemens Steinwender. Ihm wurde als 100. Patient der Mini-Herzschrittmacher eingesetzt.
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"Für mich hat das Leben neu begonnen", sagt Kurt Eichinger. Ein zu langsamer Herzschlag machte dem 79-Jährigen Anfang des Jahres zu schaffen. "Jedes Aufstehen wurde zur Belastung, längere Wege waren gar nicht mehr möglich." Seit kurzem sorgt im Herzen des Pensionisten eine medizinische Revolution für eine Beschleunigung der Pumpleistung. Eichinger ist der 100. Patient, dem am Kepler Universitätsklinikum (KUK) in Linz ein Micra Transkatheter Schrittmacher eingesetzt wurde. "Das System ist kaum größer als eine Vitamintablette und wiegt nicht mehr als eine kleine Geldmünze", sagt Primar Clemens Steinwender von der Klinik für Kardiologie.

Schonende Implantation

Durch seine geringe Größe, die nur ein Zehntel der Größe konventioneller Geräte beträgt, bietet der Micra Schrittmacher viele Vorteile für die Patienten. Das Gerät muss nicht, wie sonst üblich, unter dem Schlüsselbein in eine Gewebetasche unter die Haut implantiert werden sondern kann unter lokaler Betäubung mit einem biegsamen Katheter über die Oberschenkelvene direkt ins Herz geschoben werden. Die minimalinvasive Implantation ist schonender, sicherer und absolut komplikationslos. "Der Patient kann spätestens am nächsten Tag das Krankenhaus verlassen", so Steinwender. Auch Eichinger bestätigt: "Der Schrittmacher wurde ohne Schwierigkeiten eingesetzt. Am nächsten Tag habe ich mich gefühlt wie ein neuer Mensch. Heute ist eine einstündige Wanderung mit etwas Anstieg wieder leicht möglich."

"Zündkerze" im Herzen

Das revolutionäre Gerät kommt zudem ohne Kabelsonden aus, die sonst vom Gerät zum Herzen geführt werden müssen. "Der Mikro-Herzschrittmacher wird mit einem Fixierungsanker direkt an der Herzwand angebracht. Er gibt seine elektrischen Impulse direkt im Herzen ab und sorgt wie eine Zündkerze für eine Beschleunigung der Pumpleistung", erklärt Steinwender. Weiterer Vorteil: "Je kleiner ein System ist, desto weniger kann es zu Materialermüdungen und Keimansiedlungen kommen. Das hilft, Entzündungen, Verkapslungen und anderen Langzeitproblemen vorzubeugen", so der Experte. Geeignet ist das neue Gerät für ca. 15 bis 20 Prozent der Patienten – nämlich jene Menschen mit Herzrhythmusstörungen, die keine gesonderte Stimulation im Vorhof sondern nur in der Herzkammer brauchen.

Premiere in Linz

Entwickelt wurde das neue System vom US-Unternehmen Medtronic, dem international führenden Herzschrittmacher-Produzenten, das viel Geld in die Forschung steckte. Um das Gerät in sichere Hände zu geben, wurde ein "Casting" veranstaltet, dem sich 40 Kardiologen aus aller Welt stellten. "Die Kardiologie ist eine Vorzeigeabteilung des Kepler Uniklinikums. Primar Steinwender verfügte über die größten Potenziale und das meiste Know-how, um diese neue Technik erstmals am Menschen einzusetzen", ist der Ärztliche Direktor Heinz Brock stolz auf diese Leistung. Steinwender führte am 5. Dezember die weltweit erste Implantation des Micra Schrittmaches durch. Inzwischen wurden am KUK 100 dieser Geräte eingesetzt. "Damit verfügen wir in unserer Kardiologie über die weltweit höchsten Fallzahlen", sagt Steinwender.

Linzer Team hilft bei Weiterentwicklung

Aufgrund der großen Erfahrung arbeitet das Team auch an der Weiterentwicklung des Systems. Ziel ist die Fertigung eines ebenso kleinen Geräts für jene Patienten, die einen Schrittmacher auch im Vorhof brauchen. Weiters laufen mehrere Forschungsprojekte. Zum einen arbeitet man gemeinsam mit amerikanischen Herstellern an der Entwicklung neuer Katheter, mit denen die Entfernung solcher Schrittmacher optimiert werden soll. Das ist nach zwölf Jahren nötig, wenn die Batterie aufgebraucht ist. Zum anderen will man in Kooperation mit dem Institut für Medizin- und Biomechanik sowie dem Institut für angewandte Physik der Johannes Kepler Uni (JKU) herausfinden, wie die Oberfläche des Micra beschaffen sein muss, um ein Einwachsen zu beschleunigen oder zu behindern. Weiters unterstützen die Linzer europaweit und im Nahen Osten Implanteure vor Ort bei ihren ersten Micra-Implantationen und bieten Fortbildungskurse an. "Projekte wie dieses sind hervorragend geeignet, das neue Kepler Universitätsklinikum als starken Partner für die Medizintechnik zu etablieren", sagt die kaufmännische Direktorin Elgin Drda.

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