IS-Aussteiger hält Workshops für Jugendliche
20-Jähriger, der vergangenes Jahr für den IS nach Syrien reisen wollte, hält Präventionsvorträge vor Schülern.
Zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon zehn Monate bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren, wurde der 20-Jährige im Vorjahr verurteilt. Zulasten gelegt wurde ihm das Verbrechen der terroristischen Vereinigung, denn er wollte für den Islamischen Staat (IS) nach Syrien reisen. Schon zum Zeitpunkt der Verhandlung hatte sich der Jugendliche allerdings glaubwürdig vom IS distanziert. Daher wurde ihm zur Verbüßung der Freiheitsstrafe Strafaufschub gewährt.
Präventions-Workshops statt Haft
Während des Strafaufschubs muss der 20-Jährige Präventionseinsätze vor Jugendlichen absolvieren. „Durch das ,Sich-mit-dem-Delikt-auseinandersetzen-müssen’ im Rahmen der Vorbereitung der Einsätze reflektiert der 20-Jährige seine eigene Einstellung. Andererseits wird bei den Präventionseinsätzen vor Lehrlingen durch die authentischen Schilderungen eines Gleichaltrigen in hohem Maß Bewusstseinsbildung bei den Lehrlingen betrieben“, erklärte der Verhandlungsrichter Walter Eichinger damals. Bei der Vorbereitung der Einsätze wird der Jugendliche von seinem Bewährungshelfer und dem Pädagogen Moussa Al-Hassan Diaw von der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz und dem Verein DERAD begleitet.
Auf gutem Weg
„Bei der Gruppe der ‚Dschihadisten‘ ist es wichtig, zu differenzieren. Herr A. hat sich von der perfiden Propaganda des sogenannten Islamischen Staates verführen lassen, war ein klassischer Mitläufer. Er hat aus eigenen Stücken den Rückweg angetreten, ohne sich an Kampfhandlungen beteiligt zu haben. Sozialkonstruktive, integrative Maßnahmen wirken bei Herrn A., Haft wäre kontraproduktiv. Die authentischen Schilderungen zeigen dem jungen Publikum auf, dass die Versprechen des IS und die Wirklichkeit weit auseinandergehen. Dass Herr A. sich öffentlich über seine Abkehr von den radikalen Ideen des IS deklariert, zeigt, dass er nicht scheinangepasst ist, sondern diesen Weg tatsächlich verlassen hat. Seit April absolviert er eine Lehre als Koch, er ist auf einem guten Weg“, so Lukas Schmid, Leiter von Neustart OÖ in Linz.
Bewegende Schilderungen
Der erste Einsatz vor einer Gruppe von Lehrlingen in Wien ist erfolgreich verlaufen, noch im August folgen weitere Einsätze. Eingebettet in einen Präventions-Workshop des Extremismus-Experten Moussa Al-Hassan Diaw berichtete Herr A. von seiner Geschichte und von seiner Reise nach Istanbul. Er schildert seine Erlebnisse in der Wohngemeinschaft des IS in Istanbul und von den Propagandavideos des IS. Die darin dargestellte blinde Gewalt gegen Zivilisten hatte ihn schließlich zur Rückkehr bewogen. Die Lehrlinge waren sichtlich bewegt von den Schilderungen und stellten angeregt Fragen zur Geschichte des 20-Jährigen und seiner jetzigen Lebenssituation.
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