Eine Kirche für die Jugend in Urfahr

Foto: Hager
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(Kirchen-)Raum geben – leistungsfreien Raum, wo sie einfach einmal sein dürfen und wo auch Fragen nach Sinn und Spiritualität Platz haben: Das ist die Idee hinter dem Projekt JugendKirche, das nach einer Pilotphase nun in der Stadtpfarrkirche Urfahr umgesetzt wird. Neben einer bereits etablierten JugendKirche in Wien ist das Projekt in Österreich einzigartig. Das Angebot richtet sich an 14- bis 24-jährige Jugendliche und junge Erwachsene aus unterschiedlichen Milieus. Hauptzielgruppe sind Jugendliche mit wenigen Berührungspunkten zur Kirche. Die Angebote sind offen für alle, es braucht keine Vertrautheit mit rituellen Abläufen oder Gebeten. „Da tut sich ein großes Lernfeld auf – die Kirche kann auch viel von den Jugendlichen lernen, nicht nur umgekehrt“, sagt Projektleiter Klemens Hager. Kontakte mit Jugendlichen ergeben sich über die Firmvorbereitung und über Schulen, wenn etwa Schulklassen für eine Stunde oder länger in die Kirche kommen. „Diese Begegnungen sind eine große Chance, auch für das Miteinander der Religionen, das in Schulklassen gegeben ist“, so Hager.

Junge Angebote

Die Angebote der JugendKirche reichen von Konzerten und JamSessions über Buchpräsentationen, Lesungen und Ausstellungen bis hin zu modernen Gottesdienstformen („Xspirience“ jeden letzten Sonntag im Monat) und gemeinsamen Reisen. Die Jugendlichen sollen dabei so intensiv wie möglich eingebunden werden und mitgestalten können. „Jugendliche können etwa Ausstellungen selbst mitentwickeln oder durch die Ausstellung führen. Bei Konzerten werden sie in die Ton- und Lichttechnik eingebunden. So können sie sich je nach ihren Begabungen einbringen“, erklärt Hager.

Bei allen Angeboten wird darauf geachtet, dass sie in der Sprache der Jugendlichen, in deren Rhythmus und Lifestyle umgesetzt werden. Die Themen müssen einen Bezug zur Lebenswelt der Jugendlichen haben. „Deshalb ist es wichtig, nicht immer nur Sender, sondern auch Empfänger zu sein – hinzuhören, was die Themen der Jugendlichen sind, und diese dann aufzugreifen“, so Hager. Selbstverständlich wird darauf geachtet, dass die Veranstaltungen in den Kontext des Kirchenraums passen.

Raum für Kultur und Sinn

Den Kirchenraum der Stadtpfarrkirche Urfahr sieht Hager als Jugendkulturraum und als Sinn-Raum. „Der mystische Kirchenraum wirkt für sich selbst – er kann Fragen auslösen wie: Gibt es Gott? Woher komme ich, wohin gehe ich? Was ist der Sinn meines Lebens?“, vertraut Hager auf die Wirkung des Kirchenraums. Das Team der JugendKirche stehe dann zur Verfügung, um über diese Fragen zu reden.
Hager ist wichtig, dass die Jugendlichen das Angebot punktuell nutzen dürfen, ohne gleich wieder etwas „leisten“ oder verbindlich mitmachen zu müssen. „Wir machen ein Beziehungsangebot und stellen Raum zur Verfügung – was daraus wird, soll offen bleiben“, so Hager.

Brückenschlag zwischen Kirche und Jugend

Helmut Kolnberger, Pfarrassistent der Stadtpfarre Urfahr, betonte seine Freude über die einstimmige Entscheidung im Pfarrgemeinderat zugunsten eines Miteinanders zwischen Pfarrgemeinde und JugendKirche. „Nach unserem Leitbild sind wir Kirche am Fluss und Kirche in Fluss. Wir wollen immer mit den Menschen unterwegs bleiben – das bedeutet Offenheit auch gegenüber den Jugendlichen mit ihrer Erlebnis- und Feierkultur“, so Kolnberger. Am Anfang sei das Gefühl entstanden, das eigene Wohnzimmer den Jugendlichen zur Party zu überlassen, räumte der Pfarrassistent ein. Diese Unsicherheit sei durch Informationsveranstaltungen beseitigt worden, das Vertrauen zum Team der JugendKirche sei gewachsen. „Es wurde für uns deutlich: Die wissen, was sie tun“, so Kolnberger. Er freue sich über diesen Brückenschlag zwischen Kirche und Jugend. „Ich wünsche mir, dass durch die JugendKirche erfahrbar wird, dass der christliche Glaube trägt und Sinn gibt.“ Die JugendKirche ersetze nicht die pfarrliche Jugendseelsorge, sondern sei eine wertvolle Ergänzung mit einem anderen Konzept.

Zusammenwachsen in gegenseitigem Respekt

Als im Pfarrgemeinderat Ende 2012 die JugendKirche erstmals Thema war, lautete die einhellige Meinung: Für die Jugend muss etwas getan werden. „Als dann die Gespräche konkreter wurden, ist Unsicherheit aufgekommen. Uns als Pfarrgemeinde wurde bewusst: Wir müssen auch etwas Vertrautes hergeben, Raum zur Verfügung stellen“, schildert Johann E. Marckhgott, Mitglied des Pfarrgemeinderats der Stadtpfarre Urfahr. Der 74-Jährige besuchte dann eine Veranstaltung der JugendKirche. „Die Form war neu, aber inhaltlich war es ganz in meinem Sinne“, so Marckhgott. Der Pfarrgemeinderat hatte ein Jahr Zeit zu überlegen. In diesem Jahr gab es zahlreiche Gespräche, eine Fahrt zur JugendKirche nach Wien wurde organisiert, das Konzept wurde immer klarer. „Wichtig wird sein, dass wir die Schnittstellen zwischen Pfarrgemeinde und JugendKirche wahrnehmen – in gegenseitigem Respekt, auch von uns Älteren den Jungen gegenüber“, wünscht sich der Pfarrgemeinderat.

„Keine Distanz zwischen Kirche und Jugendlichen“

Hanna Howorka ist durch die Firmvorbereitung zur JugendKirche gekommen. „Bei meiner ersten Xspirience war ich total positiv überrascht, dass das ganz anders ist als sonst in einer Messe – da war keine Distanz zwischen der Kirche und den Jugendlichen.“ Das habe ihr gefallen und sie sei öfter gekommen. Bei einem Musik-Projekt in der Linzer Fußgängerzone im Rahmen von ,72 Stunden ohne Kompromiss' habe sie Spaß gehabt und coole Leute kennengelernt, so Howorka. Ihr gefällt das Gemeinschaftsgefühl – und auch die Themen, die angesprochen werden. „Das sind Themen, über die ich auch daheim noch nachdenke, das finde ich gut.“

Räumliche Umgestaltung geplant

Die Pfarrgemeinde feiert im Kirchenraum weiterhin Gottesdienst. Um den Bedürfnissen der Jugendlichen noch besser gerecht zu werden, soll der Kirchenraum etwas adaptiert werden. Geplant sind unter anderem eine noch flexiblere Bestuhlung und eine technische Adaptierung, damit lichttechnisch neue Raumsituationen dargestellt werden können. In der Kirche und vor der Kirche soll ein sichtbares Zeichen darauf aufmerksam machen, dass dieser Kirchenraum von der JugendKirche genutzt wird. Diese Adaptierungen sollen in einem Prozess und in Absprache mit dem Kunstreferat umgesetzt werden.

Im alten Klostertrakt direkt hinter der Kirche sollen ein Büro und ein Gruppenraum entstehen, der etwa im Winter oder für ganztägige Veranstaltungen genutzt werden kann. Wichtig ist dem Team, dass die Räumlichkeiten nah bei der Kirche liegen und so ein „erweiterter Kirchenraum“ entsteht. Bei der Gestaltung von Büro und Gruppenraum wird es eine Kooperation mit der HTL I in Linz geben. Die Planungsphase wird im Herbst stattfinden, die Umsetzung soll im Frühjahr 2016 erfolgen.

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