"Wir versichern unsere Autos besser als uns selbst"

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2013 war für die OÖ Versicherung trotz des Hochwassers ein gutes Jahr?
2013 war ein gutes Jahr, wir haben die fast 14 Millionen Hochwasserschäden gut verdaut – vor allem weil deutlich weniger Brände waren. Im Gegensatz zu 2012 war 2013 kein Feuerjahr. Und weil die Frequenzschäden gesunken sind. Milde Winter, schneearm, wenig Eis, keine Stürme, keinen großen Hagelschlag. Das größte Risiko für einen Kunden und damit auch für die Versicherung ist das Naturkatastrophenrisiko. Das hat die Brandrisiken abgelöst.

Sind die Hochwasserschäden bereits abgewickelt?
Es ist de facto alles abgewickelt. Das ist beim Hochwasser insofern einfach, als es dort meist Pauschalsummen sind. Wir haben das Grundthema, dass man nicht bis zur Höhe des Gebäudewertes sich versichern kann, sondern nur sehr beschränkte Deckungsbausteine privat versicherbar sind.

Vor diesem Hintergrund gab es ja die Diskussion um eine Ungleichbehandlung von deutschen und österreichischen Flutopfern.
Wir haben all unseren Versicherten angeboten, ihre Risikopakete bei Hochwasser zu verbessern, haben jeden Kunden persönlich angeschrieben und eingeladen, ob man nicht die Deckungsbausteine verbessert. Das Grundproblem der Hochwasserversicherung, übrigens auch bei Erdbeben, Lawinen und Vermurungen, ist, dass die Risikogemeinschaft zu klein ist. Es gibt wenig Interessenten für solche Versicherungen, weil nur jene die Versicherung nehmen, die glauben, dass sie sie brauchen. Aber die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass das Risiko nicht schläft. Selbst am Berg ist durch Starkregen Hochwasser möglich und auch Erdbeben sind dort und da in Österreich wieder ein Thema geworden. Deshalb sagt die österreichische Versicherungswirtschaft: Stellen wir das auf neue Beine.

Politik bei verpflichtender Naturkatastrophenversicherung gefordert

Das wäre die Naturkatastrophenversicherung.
Das wäre ein verpflichtender Deckungsbaustein für jeden für diese Katastrophen. Das würde den einzelnen wenig kosten, für einen Häuslbauer würde der Betrag unter 100 Euro liegen. Das würde die größeren Risiken abdecken und für die extremen Katastrophen müsste dann der Katastrophenfonds im Hintergrund nach wie vor bereitstehen. Wir Versicherer würden diese Risiken in einen Pool geben und daraus abdecken, damit wir eine breite Risikogemeinschaft haben.

Über die Naturkatastrophenversicherung wird ja schon lange gesprochen ...

Es ist eine rein politische Entscheidung, wir haben unsere Vorschläge der Politik vorgelegt, auch bei der Regierungsbildung. Letztlich entscheidet die Politik, weil einen Pflichtbaustein – angehängt an die Feuerversicherung – kann man nur gesetzlich regeln. Ansonsten bleibt es bei den beschränkten privatrechtlichen Deckungen. Ich bin in den nächsten Wochen im Landtag eingeladen, weil die Abgeordneten die Vor- und Nachteile einer solchen Naturkatastrophenversicherung diskutieren wollen. Es braucht ordentliche politische Entscheidungen. Nach Großereignissen wird das immer diskutiert, dann schlafen die Sachen ein. Es gibt zwei große Themen: Erstens Streuung des Risikos durch einen Pool. Zweitens die Prävention und Aufklärung über Risiken ist letztlich billiger als entschädigen. Wir treten deshalb sehr dafür ein, dass die Brandverhütungsstelle den zusätzlichen Auftrag zur Katastrophenprävention auch offiziell kriegt. Sie macht da schon sehr viel – aber es wäre sinnvoll, sie gesetzlich zu beauftragen, weil dort viel mehr volkswirtschaftlicher Schaden derzeit drin liegt, als bei Bränden. Also nicht nur Feuerbeschau, sondern bei Gebäuden auch darauf achten, wie gut man gegen Naturkatastrophen geschützt ist. Oft sind es einfache Dinge, kleine Maßnahmen. Wenn ich weiß, das beim Kellerschachtfenster immer das Wasser reinkommt, kann ich mir mit einer kleinen Ummauerung helfen und bin nächstes Mal sorgenfrei.

Im Verkehrsbereich haben die vielen Verbesserungen dazu geführt, dass die Zahl der Schadensfälle gesunken ist.
Durch verbesserte Technologie, den Airbag, aber auch Investitionen in die Straßen wie Kreisverkehre sinken Zahl und Schwere der Unfälle. Deshalb ist es deutlich günstiger, heute ein Auto zu versichern, als noch vor 15 Jahren. Auch weil die Leute vernünftiger fahren.

Große Lücke bei der Versicherung von persönlichen Risiken wie frühzeitiges Ableben oder Arbeitsunfähigkeit

Den sinkenden Schadensfällen in diesem Bereich stehen steigende Zahlen bei den Freizeitunfällen gegenüber.
Wir versichern im Regelfall unsere Autos besser als uns selbst. Deshalb wollen wir dieses Thema Personenversicherung, persönliches Risiko forcieren, weil es meist unterbelichtet ist. Das beginnt beim Risiko gegen frühzeitiges Ableben, wenn ich Verantwortung für Familie und Kinder habe. Der reine Ablebensrisikoschutz ist sehr sehr billig. Das Risiko des Verunfallens und der Erwerbsunfähigkeit – ich verdiene nichts mehr, bin ein Pflegefall, sterbe zu früh für die Versorgung meiner Familie. Da gibt es eine große Lücke und Nachholbedarf. Das gilt auch für Freizeitunfälle, weil die nicht durch die AUVA abgedeckt sind. Wir haben in Österreich ein gutes Sozialsystem, aber es gibt Lücken im Risikoschutz – die größten sind vorzeitiges Ableben, Invalidität, Arbeitsunfähigkeit, wodurch die Lebensverdienstkurve zusammenbricht. Gegen diese Schicksalsschläge kann ich mich privatrechtlich versichern und das ist nicht mal so teuer. Ein Ablebensschutz für einen 30- bis 40-Jährigen im Sinne der Familie kostet nicht mal 100 Euro im Jahr, wenn er Nichtraucher ist. Obwohl die Versicherung 100.000 Euro bezahlt, wenn er vorzeitig verstirbt. So hinterlasse ich keine Sorgen.

Speziell Frauen droht große Pensionslücke - Veröffentlichung der Pensionkonten bringt Ernüchterung

Viele 30-, 40-Jährige haben noch mehr Angst, dass sie zu wenig Pension bekommen, gleichzeitig hat aber die private Pensionsvorsorge die Erwartungen bei weitem nicht erfüllt.
Es wird in einigen Monaten die Stunde der Wahrheit im Pensionssystem kommen und eine gewisse Ernüchterung in weiten Kreisen, wenn das Pensionskonto veröffentlicht wird. Vor allem bei Frauen. Und viele werden sehen, dass eine enorme Lücke hin zum Lebensabend entstehen wird zwischen dem was man heute zur Verfügung hat und zwischen dem, was einen als Altersleistung erwartet. Deshalb ist private Vorsorge auch in dieser Hinsicht notwendig – die Frage ist: Was ist die beste Lösung? Sicher ein Mix aus Ansparen und dem was wir in besonderer Weise empfehlen: Eine lebenslange private Rente. Das ist ein typisches Versicherungsprodukt, da übernimmt der Versicherer das Risiko der Langlebigkeit. Ich bekomme meine Rente bis zum Ableben, selbst wenn ich 105 werde. Bei einem ersparten Betrag muss ich damit rechnen, dass er sich aufbraucht.
Das ist ein Produkt, das dem Wesen eines Versicherers entspricht. Die Versicherer haben in der Vergangenheit den Fehler gemacht, zu stark auf die Sparvarianten zu setzen und die Wertentwicklung in den Vordergrund zu stellen. Unser Geschäft ist, vor den Risiken zu schützen und das wieder in den Vordergrund zu stellen und nicht die Vermögensveranlagung. Dass wer sicher und seriös anlegt, nicht spekulative Renditen herausholen kann, ist die andere Seite der Medaille. Und es hat leider über Strukturvertriebe schwarze Schafe gegeben, die mit spekulativen Anlageversprechen da viel an Vertrauen ruiniert haben.

Aber auch die Politik hat bei der privaten Pensionsvorsorge mehr versprochen ...

Den Nachsatz, dass das nur unter den gegebenen Verhältnissen und abhängig von der Entwicklung eines Fonds ist, den will dann niemand mehr hören. Die Grundidee war richtig, aber das etwa mit einer Belebung der Wiener Börse zu verbinden, war eine gutgemeinte aber inhaltlich falsche Verknüpfung.

Sie haben gesagt, die Oberösterreichische Versicherung wolle als regional tätiges Unternehmen auch die Kundenprämien verstärkt lokal investieren – wo passiert das?
Wir bauen derzeit Wohnungen, werden im kommenden Jahr 55 Wohnungen in Linz fertig stellen – das sind zehn Prozent des öffentlichen Wohnbauvolumens der Stadt Linz. Es sind Mietwohnungen, leistbare Startwohnungen für jüngere Menschen. Da haben wir eine marktbelebende Rolle. Bei Aktien halten wir uns sehr zurück, aber wenn wir in Aktien investieren, dann in heimische Unternehmen, in Wirtschaftspartner vor Ort und in Arbeitsplätze, die wiederum unseren Kunden zur Verfügung stehen. Versicherungen sind Kapitalsammelstellen, sind volkswirtschaftliche Möglichmacher, Investoren – aber durch die neuen Vorschriften und die Überregulierung wird dem Markt und Wirtschaftskreislauf viel Kapital entzogen.

Im Geschäft konzentriert sich die Oberösterreichische Versicherung seit Jahren auf Oberösterreich, Salzburg und die Steiermark – bietet dieser Raum noch genug Wachstumsmöglichkeiten?

Wir sind im letzten Jahr im Schaden-/Unfallbereich um 3,1 Prozent gewachsen, deutlich über der Branche. Das zeigt, dass unser Konzept als Regionaler, vor Ort angreifbar zu sein, ein gutes Geschäftsmodell ist. Vor allem im Vergleich zu anderen, die nach Bosnien oder in die Ukraine gegangen sind, um dort ein Geschäft neu aufzubauen. Wir haben uns immer zum regionalen Modell bekannt. Schuster bleib bei Deinem Leisten. Ohne schadenfroh zu sein: Es gibt uns manche Entwicklung recht. Wir wollen ein Regionalversicherer sein, der vor Ort beim Kunden beste Leistung bringt, das Service optimiert. Da konzentrieren wir uns lieber auf ein gewisses Gebiet, als dass wir wegen ein paar „Go international“-Schlagzeilen nachher vor Ort nicht mehr die Kraft haben und international als der siebte Zwerg von links mitrudern und Geschäfte dort machen, wo wir die Kunden nicht kennen. Das ist ja oft das Problem, wenn man hört, was jetzt für Brocken zu lösen sind. Wir decken ja auch was die Mitarbeiter betrifft vor Ort in Oberösterreich die volle Breite des Spektrums ab, während andere zunehmend nur mehr Vertriebseinheiten in den Ländern haben, die Schadensabwicklung in Wien oder irgendwo zentralisiert wird, in Callcentern in der Slowakei etwa. Wir wollen wachsen, aber die Anzahl der Mitarbeiter nicht groß ausbauen – was wir aber immer suchen, sind gute Vertriebler.

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Foto: Cityfoto
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