"Eachtling" – Wahrer Mythos oder alles nur Show?

Ächtleng-Ernte im Lungau.
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SALZBURG. Im Lungau wird ihm sogar Jahr für Jahr ein eigenes Kulturfestival gewidmet. Die Rede ist vom „Eachtling“, wie man die Kartoffel aus dem südlichsten Salzburger Bezirk, dem Lungau, nennt. „Ein regionales Top-Produkt, das unseren hohen Qualitätsansprüchen gewachsen ist – und das direkt vor meiner Haustüre! Für mich kaum wegzudenken von der Speisekarte, nicht nur als Speisenbegleiter! Gerne übernimmt der Eachtling auch die Hauptrolle bei uns!“, schwört Drei-Hauben-Koch Josef Steffner, der das Mesnerhaus in Mauterndorf führt, auf die Qualität des „Lungauer Eachtling“.

Mehr als nur ein Marketing-Gag?

Doch was ist dran am Mythos „Eachtling“? Unterscheidet er sich wirklich von „normalen“ Kartoffeln anderer Anbaugebiete? Oder ist das alles nur ein einfallsreicher Marketing-Gag der Lungauerinnen und Lungauer?
„Es ist definitiv mehr als nur ein Marketing-Gag. Nicht umsonst wurde der Lungau 2005 als Genuss-Region mit dem Eachtling als Leitprodukt ausgezeichnet“, betont Josef Bogensperger. Er ist Landwirt in Mariapfarr-Althofen. „Mühlhauser“ heißt sein Hof. Zugleich ist er der Obmann des Lungauer Saatzucht- und Saatbauvereins. „Wie bei jedem Naturprodukt sind auch beim Eachtling die Geschmacks- und Kocheigenschaften nicht nur von der Sorte, sondern auch von der Witterung und dem Standort abhängig. Der Lungau als inneralpines Trockengebiet auf einer Höhe von über 1.000 Metern Seehöhe ist prädestiniert für den Eachtling-Anbau“, weiß Bogensperger und erklärt: „Der Eachtling ist eine Nutzpflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse. Die Knollenfrucht, die unter der Erde wächst, hält zwar viel Trockenheit aus, mag Staunässe im Boden allerdings überhaupt nicht. Im niederschlagsarmen Lungau mit rund 900 Millimetern Niederschlag pro Jahr fühlt sich der Eachtling wohl. Zum Vergleich: im Raum Salzburg-Stadt gibt es im Jahr 2.000 Millimeter Niederschlag“, führt Josef Bogensperger aus. Ein weiteres Plus, das der Lungau aufweisen kann, sind seine sandigen Böden, wo der Regen rasch versickert. Staunässe hat der Eachtling im Süden von Salzburg also kaum zu fürchten, gleichzeitig liefert ihm das Klima im Lungau aber so viel Niederschlag, dass künstliche Bewässerung nicht notwendig ist.

Schädlinge mögen den Lungau nicht

Auch die hohe Lage mit den damit verbundenen kühlen Temperaturen begünstigt den Anbau und Gedeih des Eachtling, denn der Krankheits- und Schädlingsdruck ist im südlichen Innergebirg weitaus geringer als in niedrigeren Lagen. „Es gibt im Lungau kaum eine Nacht, auch nicht im Sommer, die nicht unter 10 Grad Celsius abkühlt“, erläutert Josef Bogensperger und fährt fort: „Und gerade das verhindert den Befall des Eachtling-Krautes, des überirdischen, sichtbaren Teils der Pflanze, mit der Krautfäule. Dieser Pilz fühlt sich nämlich erst bei durchgehend über zehn Grad Celsius und viel Feuchtigkeit wohl.“
Auch den Kartoffelkäfer muss der „Lungauer Eachtling“ nicht fürchten. Dieser Schädling, der normalerweise nicht über 1.000 Meter Seehöhe über die Runden kommt, frisst das Kartoffel-Kraut. Ist dieses kahl gefressen, kann die Pflanze keine Photosynthese mehr betreiben. Stirbt das Kraut, dann gedeiht auch die Knolle nicht mehr. Im Lungau kennt man dieses Problem nicht; 14 der 15 Gemeinden befinden sich über 1.000 Meter Seehöhe.
Wenig Niederschlag und die hohe Lage sind also die Gründe, warum die Lungauer Bauern so gut wie keine chemische Bekämpfung der Krautfäule bzw. des Kartoffelkäfers vornehmen müssen, sondern großteils Bio-Eachtling anbauen können. „Wir düngen lediglich mit Stallmist und beugen der Krautfäule mit einem zulässigen Bio-Mittel – einem flüssigen Kupfermittel – vor. Die Hälfte unserer Bauern nimmt nicht einmal das“, freut sich Obmann Bogensperger.

Tausendsassa unter den Lebensmitteln

Wissenschaftliche Forschungen belegen, dass die Kartoffel – im Speziellen der „Eachtling“ – ein Tausendsassa unter den Lebensmitteln ist. „Die Kartoffel – im Lungau Eachtling genannt – ist aus ernährungsmedizinischer Sicht eines der hochwertigsten Nahrungsmittel überhaupt“, weiß der Tamsweger Nährstoffmediziner Dietmar Rösler und konkretisiert: „Denn er enthält hohe Mengen der lebenswichtigen Elektrolyte Kalium und Magnesium. Diese sind unter anderem für ein intaktes Herzkreislaufsystem und die Herzleistung im Speziellen vonnöten. Interessanterweise ist bei der rohen Kartoffel das Verhältnis von Kalium zu Magnesium in etwa mit dem im Körper benötigten vergleichbar“, so Rösler weiter. „Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass eine Portion Kartoffelpüree – das sind etwa 200 Gramm – zirka die halbe Tagesration an Magnesium sowie mehr als die gesamte Tagesration an Kalium enthält. Außerdem ist der Eachtling ein basisches Nahrungsmittel
und hilft aus diesem Grund, ein Gleichgewicht in einer von Säurebildnern (Zucker, tierisches Eiweiß, Nikotin, Alkohol…) dominierten alltäglichen Diät herzustellen.“

Eachtling schneidet in Studie herausragend ab

„In einer kürzlich durchgeführten Studie des Institutes für Nährstofftherapie Lungau wurden die Nährstoffgehalte einer bekannten Bio-Kartoffelpüree-Marke mit jenen aus unverarbeiteten Lungauer Eachtling verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass Zweitere ein Fünf- bis Siebenfaches der Nährstoffdichte vorweisen konnten“, berichtet Dietmar Rösler.

Marke mit Alleinstellungscharakter seit 1969

Die Markenbezeichnung „Eachtling“ erhielt die Kartoffel aus dem Lungau übrigens im Jahre 1969. Diese Bezeichnung führte der ehemalige Leiter des Lagerhauses Tamsweg, Arnold Pichler aus Mariapfarr, ein, als der Raiffeisenverband damals begonnen hat, im großen Stil Kartoffeln zu verkaufen. „Seither wird die Kartoffel aus dem Lungau als ‚Eachtling‘ angeboten und von Kunden von überallher geschätzt“, erzählt Saatzucht- und Saatbauvereinsobmann Bogensperger. „Den Begriff gibt es im Lungau aber schon viel viel länger. Schon mein Großvater hat zur Kartoffel Eachtling gesagt – ‚Ächtleng‘ eigentlich, denn das ist die korrekte Aussprache im Lungauer Dialekt. Verfechter der Mundartszene verwenden auch heute noch diese Ausdrucks- sowie Schreibweise“, klärt Bogensperger auf.

Die Kartoffel-Hochburg Salzburgs

Der Lungau ist bis heute die Kartoffel-Hochburg des Bundeslandes Salzburg. Gut 2.000 von knapp 3.000 Tonnen Salzburger Kartoffeln sind Eachtling, das freut auch Andreas Kaiser, Geschäftsführer des Lungauer Saatzucht- und Saatbauvereins. „Wir decken rund 70 Prozent der gesamten Kartoffel- bzw. Eachtling-Ernte in Salzburg ab. Zwei Drittel der Speiseware werden über den Lebensmitteleinzelhandel bzw. die Salzburger Lagerhäuser vermarktet. Der Rest wird direkt bzw. ab Hof verkauft.“ Kaiser fährt fort: „Unsere verbreiteten Sorten im Lungau sind Ditta, Laura und Ostara. Vom Ertrag her gibt es zwar weitaus begünstigtere Lagen in Österreich, etwa das Marchfeld in Niederösterreich, wo 40 bis 60 Tonnen Ertrag pro Hektar zu erwarten sind. Wir im Lungau freuen uns bereits über einen Hektarertrag um die 25 Tonnen. Auch sind bei uns die Anbauzeiten kürzer. Im Lungau wird Ende April bzw. Anfang Mai gesät und im September bzw. Anfang Oktober geerntet. In anderen Anbaugebieten ist zwischen Ende März und Ende Juli Kartoffel-Anbau bzw. Erntezeit“, erklärt Kaiser. Er und sein Obmann sind sich einig: „Doch das und die schon zuvor angesprochenen Unterschiede sind es, die unsere Kartoffeln eben zu dem machen, was sie sind – Eachtling!“

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