Ur europäisch: “Migration braucht ein Re-brand!”
Hätten Sie gewusst, dass die erste elektrische Straßenbeleuchtung Europas 1889 in Rumänien erstrahlte? Oder dass es in Rumänien das größte Goldvorkommen Europas gibt? Und 80% der Bevölkerung Hausbesitzer sind?
Andere Länder sind immer wieder für Überraschungen gut. Und wenn man sich mit ihnen und seinen Menschen auseinandersetzt, merkt man rasch, dass sie soviel reicher sind, als die Bilder, die wir uns durch Medien oder Klischeevorstellungen oft von ihnen zeichnen.
Viele bunte Farben anstelle von Schwarz-Weiß-Denken will auch Andra Slaats in ein Thema bringen, das aktueller nicht sein könnte: Migration. Die gebürtige Rumänin ist selbst vor zehn Jahren nach Österreich gekommen. Der Grund, wie so oft, die Liebe. Mit Anfang 20 hatte sie ihre Landesgrenzen noch nie verlassen. Als sie ihr Freund dann nach Wien holte, tat der studierten Dolmetscherin für englisch und französisch erst einmal zwei Wochen der Kopf weh - da sie kein Wort der Sprache verstand. Inzwischen ist ihr deutsch fließend.
Geschichten auf Tüchern
Nach sechs Jahren Sales für eine Kosmetikfirma, die Luxushotels wie das Burj al Arab in Dubai beliefert, gründete die zarte Frau mit der starken Ausstrahlung 2014 mit Co-Founderin Iulia Mugescu ihr eigenes Unternehmen. Das Ziel von “Younited Cultures”: Eleganz und Schönheit in das Thema Migration bringen - und es damit von einer Seite zeigen, die sonst nicht wahrgenommen wird. Ihr Medium: Schals.
Auf diesen Fashion Accessoires erzählen MigrantInnen mit Hilfe von DesignerInnen ihre Erfolgsgeschichten in Farben und Mustern. Bestseller ist das “Celebrate Migration”-Tuch. Seine bunten Quadrate symbolisieren vielfältige Kulturen und stehen für das Statement: kultureller Vielfalt gehört gefeiert! Neben Schals gibt es auch Schmuck und demnächst Socken mit dieser Message. Mit den Einnahmen unterstützt Younited Cultures benachteiligte MigrantInnen und hilft ihnen am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Die Tücher und ihre Geschichten sollen nicht Mitleid erregen, sondern Stolz vermitteln. Denn die Begegnung auf Augenhöhe sei ein wesentlicher Faktor für Integration, auch in der aktuellen Flüchtlingsdebatte. “Egal, ob Rumäne oder Syrer, wenn wir uns jetzt nicht um Integration bemühen und diese Menschen mit Respekt behandeln, werden wir uns in zehn Jahren im Kreis drehen.”, meint Andra. Was fehle, sei “gute PR”, um allein den Begriff “Migrant” als einen positiven Einfluß für unsere Gesellschaft zu “re-branden”.
Ein Ort, an dem dieser Re-Brand bereits statt gefunden hat, ist der Impact Hub Vienna im 7. Bezirk. Der Co-Working-Space, von dem aus Andra arbeitet wird ca. zur Hälfte von internationalen Menschen genutzt, die sich vorrangig für soziale Anliegen einsetzen. “Hier fühle ich mich als Mensch, nicht als Migrant.”, lächelt sie und hängt eine Liebeserklärung an den ganzen Bezirk dran: “Ich sehe die Zukunft wie den 7. Bezirk: Innovativ, dynamisch und voller Energie.” Wenn man Andra zuhört, möchte man daran glauben, dass sie recht behält. Ihr Tuch ist auf jeden Fall ein Farbtupfen mehr in einem Bild über Migranten, das ruhig ein bisschen bunter werden darf.
Nachgefragt
Einzigartiges Wien:
Wenn ich in die U-Bahn steige, fühle ich mich zuhause. Ich denke mir dann immer, dass man wirklich sieht, wie die Steuern der Bürger in etwas umgesetzt werden, das Qualtität hat. In Rumänien konnte ich diese direkte Umsetzung nie sehen.
Mein Vokabelheft:
Eines meiner liebsten deutschen Worte ist “kuscheln”. Als Rumänin zeige ich gerne Emotionen und “kuscheln” ist nicht nur eine emotionale Sache, sondern auch das Wort klingt so schön und weich.
Heimweh:
Ich vermisse das Meer. Das ist neben meinen Eltern der größte Grund heimzufahren.
Crashcurs Rumänisch:
Ein lustiger rumänischer Kosename für den Partner, ist “pui” und heißt “Hühnchen”.
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