"Hier wohnen nicht nur G'stopfte"
Markus Figl, VP-Spitzenkandidat im Ersten, über seinen berühmten Großonkel und Konkurrentin Stenzel.
(tba). Sie sind der Großneffe von Leopold Figl. Wie lebt es sich mit so einem großen Namen?
"Auf der einen Seite bin ich in der Familie aufgewachsen, habe viel darüber mitbekommen wie es damals war und über die Lebensgeschichte von Leopold Figl. Er hat viel für das Land geleistet und von daher habe ich einen positiven Politikbegriff. Ich habe das Gefühl in der Politik kann man etwas machen; man kann etwas bewegen. Es ist eigentlich ein sehr sozialer Beruf und sehr unmittelbar, gerade in der Kommunalpolitik, wo man konkret etwas tun kann."
Und gibt es negative Seiten?
"Es gibt natürlich auch Leute die sagen, das ist eine sehr hohe Latte und man wird daran gemessen. Und ich glaube, das ist einfach unvergleichbar. Manche glauben einem das auch gar nicht. Ich hatte einmal einen Lehrer, der hatte einen falschen Sinowatz in der Fahrschule, deshalb hat er mir auch nicht geglaubt."
Sie haben Sebastian Kurz entdeckt?
"Sebastian Kurz wollte sich engagieren, und das hat zuerst nicht so gut funktioniert. Er hat mit einer anderen Bezirksruppe Kontakt aufgenommen, dort hat man ihm gesagt, du bist noch so jung, das hat ja noch Zeit - er soll sich in ein paar Jahren wieder melden. Das wollte er aber nicht, so ist er zu mir gekommen. Ich war damals Obmann der Jungen ÖVP in der Inneren Stadt, und er ist mir in dieser Funktion nachgefolgt. Das war der erste Schritt seiner politischen Karriere."
Jetzt soll man Sie bald als Bezirksvorsteher des 1. Bezirks kennen?
"Ja."
Sind Sie zuversichtlich?
"Ja. Das letzte Wort haben die Wähler, aber ich gehe davon aus, dass das funktionieren wird. Ich bin Optimist."
Ursula Stenzel hat 2005 von einer Inneren Stadt, die bewohnbar bleiben muss, gesprochen. Sie treten nun mit einer sehr ähnlichen Forderung an. Warum soll man denn Sie wählen und nicht Ursula Stenzel?
"Ich will Politik für die Zeit jetzt machen. Wir haben einen Trend, dass die Bewohnerzahlen im Ersten rückläufig sind. Wir hatten vor 50 Jahren noch doppelt so viele Bewohner, ich will eine Trendumkehr."
Was kritisieren Sie an der Arbeit der Bezirksvorsteherin?
"Ich möchte mich nicht mit der Vergangenheit beschäftigen sondern mich darauf konzentrieren, was ich in den nächsten Jahren machen will. Es ist ein internationaler Trend, dass die Stadtkerne aussterben. Der 1. Bezirk ist der Arbeitnehmerbezirk Nummer 1, mit rund 100.000 Arbeitnehmern, wir sind der Tourismusbezirk, wir sind der Regierungsbezirk, wir sind ein großer Bildungsbezirk, ein Bezirk wo Kunst und Kultur angeboten werden. Es konzentriert sich alles hier. Daher halte ich es für besonders wichtig, dass der Erste seine Seele behält. Wir wollen Zukunft gestalten, und das geht am besten mit den Bewohnerinnen und Bewohnern."
Was sind drei konkrete Maßnahmen, um Ihrem Ziel näher zu kommen?
"Erstens: Man muss die Menschen mitnehmen. Es gibt viele Wünsche, die möchte ich gerne alle aufnehmen. Das ist der Sinn der neuen Initiative "Bewohnte Innere Stadt. (Anm: www.bewohnte-innere-stadt.wien)
Zweitens: Die Menschen sollen sich im Bezirk bewegen können. Die Citybusse sollen länger fahren und auch Ziele in anderen Bezirken wie den Karmelitermarkt oder Wien Mitte ansteuern.
Drittens: Der Stephansplatz muss dringend saniert werden. Dafür bräuchten wir die entsprechenden Mittel. Und am Schwedenplatz wünschen wir uns ein Gesamtkonzept von der Urania bis zum Ring."
Sollen neue Leute zuziehen oder sollen die Leute, die hier leben, sich schneller vermehren?
"Diejenigen, die hier leben, sollen sich wohlfühlen. Und der 1. Bezirk soll so offen sein, dass auch andere Menschen gerne hier wohnen möchten."
Richten Sie sich da an besser gestellte Familien?
"Die Mietpreise sind innerhalb des Gürtels gar nicht so unterschiedlich. Aber der Erste hat eben genau dieses Image. Ich glaube nicht, dass das den Tatsachen entspricht, denn es leben hier nicht nur die sogenannten G'stopften, sondern es sind auch ganz normale Menschen. Ich lebe selber in einem sehr durchmischten Haus, da gibt's zum Beispiel auch eine Studenten-WG."
Nächtlicher Lärm ist immer wieder ein Thema - soll der Rest von Wien lieber woanders fortgehen?
"Ich sage immer, die Dosis macht das Gift. Ich glaube die Innere Stadt ist ein guter Gastgeber. 100.000 Menschen kommen jeden Tag zu uns. Wir wollen aber, dass das Gastrecht auch von denen die herkommen geachtet wird."
Ursula Stenzel ist mit forschen Forderungen wie Verbot von Alkohol und Musikanten in der Öffentlichkeit aufgefallen - Sie bisher nicht.
"Mir geht's nicht darum, dass ich alles verbieten will. Die Dosis macht das Gift und das muss man sich jeweils genau anschauen."
Es gab ja auch schon verkehrspolitische Vorschläge zur Eindämmung des nächtlichen Lärms - Begenungszone, Nachtfahrverbot, Taxiverbot...
"Man muss da für jedes Grätzel und jeden Bereich eine maßgeschneiderte Lösung finden. Man kann nicht alles über einen Leisten schlagen. Wir haben aber auch Problemlokale, die den Menschen das Leben wirklich schwer machen. Es gibt ein Anrecht der Bewohner auf ihre Nachtruhe."
Wie erreicht man das?
"Da muss man sich genau anschauen, was man mit Genehmigungen machen kann. Da bin ich dafür, streng vorzugehen. Es ist die Aufgabe des Bezirksvorstehers, Ombudsmann und Anwalt der Interessen der Bewohner zu sein. Es gibt einige wenige Gastronomen, die stark in den rechtlichen Graubereich hineingehen und immer wieder probieren, was geht. Dem muss man schon einen Riegel vorschieben."
Die Neos oder Ursula Stenzel - wer wird denn im Bezirk besser abschneiden?
"Das kann ich wirklich nicht sagen."
Sie können gar nicht sagen, von wem die größere Gefahr ausgeht?
"Ich fürchte mich vor nichts. Es ist ein ganz normaler demokratischer Wettbewerb. Ich werde nicht irgendwo hinschielen, was andere Parteien tun."
Welche Stadt ist ein Vorbild für die Innenstadt? Wo fühlen Sie sich besonders wohl?
"Mir fällt keine Stadt ein, die sich wirklich mit Wien vergleichen lässt. London mag ich von der Atmosphäre her sehr, aber wo ist da das Zentrum? Ich könnte es nicht sagen. Wien hat, im Unterschied zu London, ein eindeutiges Zentrum."
Können Sie sich eine Zusammenlegung der Bezirke innerhalb des Gürtels vorstellen?
"Nein. Ich kenne auch keine konkreten Pläne. Es gibt ja auch die Diskussion, ob man nicht die großen Bezirke teilt, um kleinere Einheiten zu haben."
Eine letzte, sommerliche Frage: Was ist denn das beste Eis in der Innenstadt?
"Mein Stammeiscafé ist am Hohen Markt."
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