„Wir wachsen stärker“
Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav (VP) im Sommergespräch. ihre Strategien gegen Pleiten und Flut.
Niederösterreich ist von drei Großpleiten betroffen. Bei Alpine und Dayli zittern Tausende um ihre Jobs. Nun sind auch die Waldviertler „Käsemacher“ insolvent. Was kann man da als Wirtschaftslandesrätin tun?
Es zittern nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch Zulieferbetriebe. Alleine bei der Alpine sind 300 Klein- und Mittelbetriebe betroffen. Bei den Käsemachern trifft es auch viele. Hier hängen tausende Arbeitsplätze dran. Wir betreuen diese KMUs und geben Bankgarantien für Überbrückungskredite bis 250.000 Euro ab.
Die Käsemacher-Pleite in Waidhofen trifft das strukturschwache Waldviertel hart. Gibt es schon einen Rettungsplan?
Sobald der Insolvenzverwalter bestellt ist, werden wir Kontakt aufnehmen. Ich bin zuversichtlich, dass das Unternehmen stark weitergeführt werden kann. Käsemacher hat großartige Produkte, zahlreiche Patente und guten Absatz. Es gibt bereits Interessenten für eine Weiterführung. Ich sehe diese Insolvenz losgelöst von der derzeitigen Wirtschaftslage, die Probleme scheinen hausgemacht.
Wie viele Zulieferer unterstützen Sie derzeit?
Von den 300 Alpine-Zulieferern haben sich bereits 25 mit uns getroffen. In sieben Fällen ist es schon konkret. Diese Landeshaftungen haben auch schon in der Krise 2008 vielen Firmen geholfen, darum haben wir den Konjunkturknick auch vergleichsweise gut überstanden.
Der Wirtschaftsmotor ist noch nicht voll auf Touren, gibt es neue Prognosen?
Die neuesten IHS-Zahlen sagen für 2014 ein Wachstum von zwei Prozent voraus. Damit liegen wir abermals besser als der Österreich-Schnitt mit 1,8 Prozent. Auch bei den Betriebsansiedelungen schaut es gut aus. Seit Jahresbeginn schaffen 47 neue Firmen neue Jobs in Niederösterreich.
Sie sind auch für Tourismus zuständig. Wie hart hat das Hochwasser die Branche getroffen?
Sehr hart. Die Destination Donau ist das Herz im Niederösterreich-Tourismus. Und die Flut hat dieses Herz genau im Hauptmonat Juni getroffen. Das wird auch Aus- wirkungen auf die Jahresbilanz haben. Insgesamt rechnen wir mit drei Prozent weniger Nächtigungen als im Vorjahr. Das sind 45.000 Übernachtungen, die den Betrieben fehlen.
Gibt es auch hier Unterstützung für die Betriebe?
Vor allem die Deutschen haben die Katastrophenbilder vor Augen, denken, hier ist alles verwüstet. Wir kommunizieren nun verstärkt, dass man gar nichts mehr sieht von der Flut. Großveranstaltungen wie Garanca in Göttweig, die Starnacht, sind hier unbezahlbar.
Deutschland ist nicht nur touristisch Zielland, sondern auch wirtschaftlich. Wie entwickeln sich die Bemühungen, Niederösterreichs Unternehmen neue Märkte zu erschließen?
Niederösterreichs Unternehmen exportieren Güter im Wert von 18,6 Milliarden Euro im Jahr. Inzwischen sind 6.300 Unternehmen im Ausland tätig. Es gibt eine Faustregel: Eine Milliarde Export sichert 8.000 Jobs.
Was sind die Zielmärkte?
Unsere NÖ-Wirtschaftsagentur Ecoplus betreibt Büros in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und jetzt auch in Moskau. Jährlich wenden sich 250 Firmen an diese Büros, um rechtliche Infos, Kontakte oder Marktanalysen zu bekommen. Der Hauptfokus ist auf Osteuropa gerichtet. Dort sind wir höchst erfolgreich, das zeigen Beispiele. Das Weingut Ewald Gruber hat mit unserer Hilfe einen Großvertriebspartner in Tschechien gefunden. APV liefert nach unserer Vermittlung Landmaschinen nach Russland. Biofruchtsäfte Schäfer aus Tattendorf hat eine Vertriebskette in Polen überzeugt und die BIOGEST liefert drei Biogasanlagen nach Rumänien. Aber auch die Türkei ist im Fokus. Wir screenen ständig neue Märkte und schauen, welcher Markt passt zu unseren Betrieben.
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