MAN MUSS SICH ERST SELBST EIN BILD MACHEN, BEVOR MAN REDET

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Drei Dinge, die mich zum Besuch des Traiskirchner Lagers ermutigten.
Ich glaube nicht alles, was da so im ORF täglich über die gegenwärtigen Situation in Traiskirchen gesendet wird , mir tut auch unsere überforderte, offensichtlich nicht sehr krisenerfahrene Regierung jetzt schon so richtig leid und ich kann dumme und mehrheitlich primitive Kommentare auf facebook absolut nicht mehr ausstehen.

Aus diesem Grund bin ich heute als Privatperson mit meiner lieben guten Bekannten Dr. Monika Radax in zwei vollen Autos mit Lebensmitteln nach Traiskirchen gefahren.

Vollbepackt sind wir in Österreichs Flüchtlingsmetropole Nr. 1 eingetroffen und erst in der Nähe des Auffanglagers sahen wir am Zaun schon viele schräg einparkende Autos mit immer mehr werdenden privaten Hilfslieferungen und herum auch viele vermutliche Asylwerber bei den Fahrzeugen stehen.

Wir stellten uns am Ende der Autoschlange schräg hintereinander hin, stiegen aus und die Menschen, die uns sahen begrüßten uns sofort erwartungsvoll mit einem Lächeln und freundlichen Worten.

Bei deser Gelegenheit fiel mir eine Aussage einer lieben Freundin ein, die nach einer Syrienreise, als Syrien noch eine touristische, sehenswerte und lebenswerte Region war sagte:“Ich habe noch nirgendwo auf meinen zahlreichen Reisen eine so feinsinnige, nette, freundliche, zuvorkommende und fleißige Bevölkerung gesehen, wie es die Syrer sind!“

Und dann kam der Krieg mit seiner todbringenden Fratze.

Wir öffneten die Kofferräume und sofort bildete sich eine Menschentraube um beide Autos.

Die Verteilung selbst ging sehr ruhig, gesittet und zivilisiert von statten. Wir hatten uns von BILLA Nylonsäckchen besorgt und jeder nahm dankbar zwei oder drei Säckchen an und befüllte sie.

Es gibt im Lager Menschen mit weißen Ausweisen, die sind schon anerkannte Asylwerber, haben eine Aufenthaltserlaubnis bis zur Erledigung ihres Asylantrags und dürfen sich in Österreich frei bewegen. Besitzer von grünen Karten sind ebenfalls Asylwerber, dürfen aber den Bezirk nicht verlassen. Menschen mit roten Karten dürfen das Erstaufnahmezentrum nicht verlassen. Was mit jenen geschieht, die immer noch täglich kommen und nicht einmal registriert werden, am Straßenrand liegen und praktisch offiziell nicht vorhanden sind, daran wage ich gar nicht zu denken.

Ein „weißer Ausweisinhaber“ bat mich, ihm eine unserer Plastikkisten zu borgen, er wollte sie vollgefüllt zu den innerhalb des Aufnahmezentrums Verbleibenden ins Lager bringen. Ich gestattete es und grübelte, ob ich diese Kiste wohl jemals wiedersehen würde. Ich sah auch durch den Zaun, wie er drinnen die Sachen verteilte. Fünf Minuten später war er wieder da und strahlte mich mit einem „Thank you Sir“ und der leeren Kiste in der Hand an. Ich erwiderte: “You are really a gentleman!“, worauf er mich spontan umarmte und nochmals dreimal „Thank you for all“ sagte.

Es waren an die zwei Kubikmeter an Lebensmitteln, die wir verteilten und wir haben einiges gelernt, als wir uns fragten, warum die guten Mehlspeisen eines bekannten Meisterbäckers kaum genommen wurden.

Ein relativ gut deutsch sprechender Mann sagte zu mir: „wissen Sie, diese Gebäcke, die mit Hefe und Milch gebacken sind, vertragen unsere Menschen nicht, weil sie daran einfach nicht gewöhnt sind! Viele haben sie gegessen und darauf Durchfall bekommen. Bei uns kennt man nur das Fladenbrot aus Mehl und Wasser“

Auch das bei uns gängige normale Graubrot bereitet vielen von ihnen nach seiner Aussage Beschwerden, da in ihren Ländern eben nur dieses Fladenbrot gegessen wird. Interessant, aber sehr einfach war die Erklärung, warum die Afghanen und Syrer, mit denen wir es an diesem Tag zu tun hatten, auch die vielen bunten, knackigen Paprikas nicht nahmen.

In Afghanistan und Syrien wird dieses Gemüse nicht angebaut, wurde uns erklärt und deswegen kennen es die Menschen nicht. Bei uns würde man sagen: „Wos da Bauer net kennt´, frisst er net!“ Das zum Thema „undankbar“.

Das soll zur Minderung jenes Unmuts beitragen, denn viele Österreicher ärgern sich, wenn sie die gut gemeint verteilten Lebensmittel dann nicht genügend gewürdigt wissen, oder gar im Abfallkorb wieder finden. So wird es auch bei manchen anderen Lebensmitteln der Fall sein.

Wir kamen mit vielen Menschen ins Gespräch, eben hauptsächlich mit Syrern und Afghanen. Sie erzählten Geschichten, die nicht geeignet sind, hier wieder gegeben zu werden. Für uns aber sind diese Erzählungen eine Verpflichtung, diesen Menschen weiter zu helfen, ungeachtet vieler sicher berechtigter Bedenken in der Bevölkerung.

Freilich könnten auch subversive Elemente eingeschleust werden und vermutlich sind auch schon welche mitgekommen, aber die wären auch so gekommen. Der überwiegende Teil sind wirklich Menschen, die vor Krieg und Tod geflüchtet sind, soweit wir das erfahren haben.

Auffällig war meiner Begleiterin, dass wesentlich weniger Zelte im Inneren des Lagers zu sehen waren und, wie sie sagte, auch wesentlich weniger Kinder, als in der Vorwoche. Die Verteilung auf andere Bezirke und Bundesländer dürfte doch nun einigermaßen angelaufen sein.

Es war auch nicht mehr dieser arge Schmutz zu bemerken, wie am Anfang, im Gegenteil.

Eine fast skurille, aber wirksame Aktion war an diesem Tag das Beseitigen allen Mistes rund um den Lagerbereich durch eine junge, afghanische, gut deutsch sprechende und in Traiskirchen ansässige Theatergruppe, die unter der „Regie“ ihrer Leiterin, der bekannten Schauspielerin Hilde Dalik, mit professionellen Werkzeugen und Hygienehandschuhen (vermutlich wegen der Hundstrümmerl) dem Schmutz erfolgreich zu Leibe rückten.

Alles war nachher blitzsauber. Jeder tut etwas, hilft und das ist das eigentlich Schöne in dieser traurigen Angelegenheit.

Was Hilde Dalik fast im Verborgenen leistet, ist äußerst bemerkenswert. Sie setzt sich schon lange für junge Flüchtlinge ein, holt sie aus den Lagern und macht professionelle Musicals mit ihnen. Weiters scheut sie sich auch nicht, fehlende Anwaltskosten aus privater Tasche zu bezahlen um bei der positiven Erledigung von Asylanträgen zu helfen! Chapeau!

Wenn nun die Solidarität zu diesen Menschen die – zugegebenermaßen berechtigten - Zweifel verscheucht und sich bei uns auch in der Form manifestiert, dass in unserem Bezirk Hilfe- und Obdachsuchende willkommen geheißen werden, dann müssen – und das ist ganz klar auszusprechen – von den Heimat-Vertriebenen die Regeln eines gedeihlichen Miteinanders eingehalten werden und wenn diese Menschen darüber umsichtig vom Bürgermeister in Kenntnis gesetzt werden, dass es eben bei uns eine „Hausordnung“ einzuhalten gibt, werden sie das auch mit Sicherheit verstehen.

Davon bin ich nach diesem Besuch in Traiskirchen voll überzeugt.

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