Piazza von der traurigen Gestalt
Die Silberlinden auf der Piazza am Brunnenmarkt sterben einen langsamen Tod. Aber nichts geschieht.
Die „Piazza“ am Brunnenmarkt gilt als eines der Kernstücke der mit erheblichen öffentlichen Mitteln betriebenen „Aufwertung“ des Brunnenviertels in Neulerchenfeld – und als erfolgreiches: Auch gehobene Gastronomie hat sich hier angesiedelt, und die lokalen Grundstücks- und Zinshauspreise sind gestiegen, von den Wohnungsmieten ganz zu schweigen.
Mittlerweile leidet das Kernstück aber an einer Kernfäule.
Gemeint ist die "Begrünung" der gefeierten Piazza. Dazu wurden 1999/2000 insgesamt sechs Silberlinden gesetzt. Der Zustand von drei dieser Linden verschlechtert sich seit Jahren in erschreckendem Ausmaß – Ende August 2014 muss man schon von Baumleichen sprechen (siehe Bild).
Die Reaktion zuständiger Wiener Institutionen auf entsprechende Anfragen – MA 42 (Stadtgartenamt), MA 59 (Marktamt) und MA 48 (Abfall, Straßenreinigung) – lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Niemand ist verantwortlich. Ansonsten Achselzucken.
Laut MA 42 ist der schlechte Zustand der Linden auf Stress als Folge eines Extremstandorts zurückzuführen, was sich durch „gärtnerische Maßnahmen“ nur bedingt verbessern lasse. Worin der Stress besteht, wird nicht verraten.
Wassermangel ist die gängigste Hypothese. Aber was ist mit der nächtlichen Salzstreuung im Winter? (Die übrigens mit einer Geräuschentwicklung einhergeht, mit der selbst 20 vollbesetzte Schanigärten nicht einmal ansatzweise konkurrieren könnten.) Das Marktamt fühlt sich als falsche Adresse und leitet an die MA 48 weiter. Welche auf die Feuchtsalztechnologie verweist und abschließend feststellt: „Eine negative Auswirkung des Winterdienstes auf die Bäume ist daher nicht gegeben. (…) Mit freundlichen Grüßen …"
Bleibt noch das Salzamt. Das gibt es aber seit 1824 nicht mehr.
Irgendwann wird das Stadtgartenamt wohl einschreiten müssen, weil die Baumleichen eine Gefahr für Passantinnen und Passanten darstellen. Bis dahin dürfen wir uns an dem traurigen Anblick wohl erfreuen. Werden dann neue Bäumchen gepflanzt, obwohl es sich um einen „Extremstandort“ handelt? Wahrscheinlich. Denn dieser Umstand hat die MA 42 ja auch nicht vom Pflanzen der Silberlinden abgehalten. Dann wird uns die Gemeinde Wien wieder „vitale Jungbäume“ schenken – mit unserem Geld.
Solche wie die jungen Linden um die Ecke in der Brunnengasse, die einen fast ebenso traurigen Eindruck hinterlassen wie die an der Piazza (siehe Bild). Aber so ist das eben an einem „Extremstandort“. Pech gehabt.
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